Außensichten – der Strand ist abgeschlossen

Heute sind die Ausstellungen im Arsenale dran. Immerhin fahren die Vaporetti wieder. Also stürzen wir uns in das Abenteuer, eine Gruppe Kunstinteressierter auf den überfüllten Vaporetti zum Arsenal zu bringen ohne jemanden zu verlieren. Wir selbst haben den Vorteil, dass wir Venedig und die Ausstellungsorte bereits kennen.

J.D. 'Okhai Ojeikere hat in Nigeria jahrzehntelang die Haartrachten dokumentiert. So wie die Bilder hängen, fragt sich, wer hier wen betrachtet?
J.D. ‚Okhai Ojeikere hat in Nigeria jahrzehntelang die Haartrachten dokumentiert. So wie die Bilder hängen, fragt sich, wer hier wen betrachtet?

Im Gegensatz zu dem Hauptpavillon in den Giardini wendet sich die Ausstellung im Arsenal den Außenwelten zu, dass heißt unserer Sicht auf die Welt. Entsprechend finden sich neben Fotografie, Malerei und Skulpturen auch viele Videoinstallationen und digitale Bearbeitungen. Im letzten Teil der Ausstellung geht es dann um den Blick auf den Menschen. Besonders eindrucksvoll ist eine große Gruppe grauer Skulpturen mit Abdrücken der Gesichter etlicher Venezianer. Die Körper bestehen aus Stahlstangen umwickelt mit Bändern die aussehen, als wären sie in flüssiges graues Plastik getaucht worden. Alle Skulpturen haben die Augen geschlossen. Wir fühlen uns, als würden wir durch eine Gruppe Geister wandeln.

Ein Modell der Bienale geht Baden und wir schauen zu
Ein Modell der Bienale geht Baden und wir schauen zu

Neben der zentralen Ausstellung befinden sich noch etliche Länderpavillons in den Arsenale. In einem ist das Ausstellungsgelände als Modell zu sehen, das in regelmäßigen Abständen im Wasser versinkt. Ein Schelm der Böses dabei denkt…

Leider haben wir nicht bemerkt, dass die Bahamas, unser nächstes Reiseziel hier auch ihren Pavillon haben. Er liegt so versteckt, dass wir ihn übersehen.

Pawel Althamer: "Venetianer"
Pawel Althamer: „Venetianer“

Nach den Arsenale geht es zur letzten Kirche unserer Venedig-Reise. Mit dem Vaporetto fahren wir zur Insel San Giorgio und besuchen dort die gleichnamige Kirche. Dort hängen einige berühmte Tintorettos. Leider sind sie furchtbar dunkel. Auch wenn wir ständig 50 Cent-Stücke in einen Automaten werfen, um die Beleuchtung einzuschalten, verbessert das die Sache auch nicht so sehr.  Auf den anschließend geplanen Aufstieg zum Kirchturm inklusive Rundblick über die Stadt verzichten wir angesichts der langen Warteschlange. Statt dessen versorgen wir uns in mehreren kleinen Läden auf der Giudecca mit Schinken, Käse, Wurst, Brot und frischen Weintrauben für ein abendliches Picknick. Entsetzt starren wir auf ein gewaltiges Kreuzfahrtschiff, dass gerade aus dem Hafen geschleppt wird und hier vollkommen überdimensioniert wird. Von Geld lassen sich anscheinend die meisten Stadträte dieser Welt korrumpieren…

Ich weiche vom Weg ab und entdecke in einem Länderpavillon diesen interessanten Reiter
Ich weiche vom Weg ab und entdecke in einem Länderpavillon diesen interessanten Reiter

Mit dem Vaporetto fahren wir anschließend raus zum Lido in der Hoffnung, dort am Strand ein Plätzchen für ein Picknick zu finden. Das Vorhaben scheitert jedoch am Zaun vor dem Strand und so kehren wir unverrichteter Dinge mit knurrenden Mägen wieder um. Zur Beruhigung gibt es ein paar Grissinis auf die Faust und noch ein paar zusätzliche Oliven von einem appetitlichen Laden auf dem Lido. Unser Picknick verlegen wir in den lauschigen Innenhof unseres Hotels und genießen dort den schönen Abend beim Plätschern des Brunnens.

Der Kreuzfahrer ist viel zu groß für diese Stadt
Der Kreuzfahrer ist viel zu groß für diese Stadt

Innensichten

Heute geht es an die Arbeit. Nach dem Frühstück, das entsprechende der nationalen Sitte eher schmal ausfällt, müssen wir erst einmal mit einer anderen nationalen Sitte klarkommen.

– Die Vaporettos streiken –

Wassertaxi statt Vaporetto
Wassertaxi statt Vaporetto

Die Vaporettos sind der öffentliche Nahverkehr in Venedig. Warum gestreikt wird, erschließt sich uns nicht, ist aber auch egal, da die Wassertaxis nicht streiken. Also geht es mit rascher Fahrt zu den Giardini, wo ein Teil der Bienale stattfindet. Die Giardini sind, wie der Name schon sagt, ein parkähnlich angelegtes Ausstellungsgelände. Neben dem Hauptpavillon gibt es dort auch die nationalen Pavillons. Das Ganze ist wie eine Weltkunstausstellung organisiert. Dieses Jahr hat der Kurator  das Motto „Il Palazzo Enciclopedico“ also „Der enzyklopädische Palast“ gewählt. Eigentlich ein ziemlich vermessener Ansatz. Entsprechend schwer tun sich einige Künstler mit dem Thema.

Gemalte See
Gemalte See

Der Hauptpavillon beschäftigt sich mit den inneren Welten. Begeistern tat uns ein Raum mit ungebrannten Tonarbeiten. Fischli und Weiss haben hier kleine Szenen mit sehr viel Humor zusammen getragen. Interessant  war auch das „Red Book“ von C.G. Jung, das hier in Auszügen ausgestellt war. Tief berührt hat uns eine Reihe von gemalten Bildern von rauher See in der Nordsee. Mit diesen Bildern ist es dem Künstler gelungen, die Stimmung eindrucksvoll einzufangen.

Die Länder Pavillone werden von den jeweiligen Ländern kuratiert.

Die schweizer Schlange
Die schweizer Schlange
Schweizer Mitte
Schweizer Mitte
Das schweizer Ende
Das schweizer Ende

Die Schweizer haben in ihrem Pavillon eine sehr schlichte Form gewählt, die die Architektur zum Tragen bringen soll. Durch das Gebäude zieht sich eine Schlange, die allerdings nicht ganz risikolos ist, da sie im Eingangsbereich für Leute mit 1,65m auf Augenhöhe steht und leicht umgelaufen werden kann.

Street Art
Street Art

Venezuela ging es darum, Street-Art zu dokumentieren. Aus dem Pavillon dringen laute lateinamerikanische Rhythmen und drinne läuft eine Video-Installation, die Sprayer bei der „Arbeit“ zeigt.

 

 

 

 

 

 

 

das "Kestner" Foto
das „Kestner“ Foto

Selbstverständlich statten wir auch dem deutschen Pavillon, der mit dem Französischen getauscht hatte, einen Besuch ab und machen das obligatorische „Kestner“-Foto.

Der Pavillon beherbergt eine Installation von Ai Weiwei, die eine gewisse Leichtigkeit besitzt, der Rest ist allerdings sehr getragen.

Ai Weiwei
Ai Weiwei

 

 

 

 

 

Der russische Pavillon setzt sich passend mit der Anbetung des Mammon auseinander.

Anbetung des Mammon
Anbetung des Mammon

 

 

 

 

 

Sehr ironisch setzt sich der englische Pavillon mit der Gegenwart auseinander. Trotzdem raucht einem am Ende der Kopf, dafür gibt es stilgerecht einen kostenfreien 5 o’clock Tea zum Ausspannen.

rauchende Köpfe
rauchende Köpfe

 

 

 

 

Den Kunsttag beenden wir mit dem Besuch der Kirche San Zaccharia in der wir einige Gemälde des Hochrenaissance Malers Tizian unter der fachkundigen Erklärung unseres Kestner-Reiseführers bewundern.

Venedig: Sonne, Wasser, Eiscreme und Kunst

Wir haben es nach 4 Jahren erneut getan: Wir sind mit der kestnergesellschaft zusammen nach Venedig zur Biennale geflogen.

Wassertaxi vom Flughafen
Wassertaxi vom Flughafen

Als ich nach dem Flughafen  wieder das Wasser und die Vaporettos sah, bekam ich das Grinsen gar nicht mehr aus dem Gesicht. Das Warten im Flughafen hatte ich innerlich mit Vorstellungen vom ersten Eis in der Sonne überbrückt. Als wir dann nach rasanter Fahrt am Zaterre   ausstiegen und im Hotel eincheckten, war anschließend der erste Gang zur Eisdiele an der Ecke. Dann hatten wir eine Sunde Zeit bis zum Treffen in der Gruppe. Die nutzen wir, um erst einmal Sonnenbrillen zu kaufen – kann man ja auch bei dem Wetter zu Hause nicht drauf kommen, dass man die hier brauchen könnte…

Eis in Venedig
Eis in Venedig

Um halb vier geht’s dann auf zum ersten Pavillion von Angola. Der Pavillon oder zumindest die Fotoausstellung hat den Goldenen Löwen gewonnen, In einem  Palazzo mit Stofftapete und traditionellen  Gemäden liegen auf dem Fußboden Holzpaletten mit Stapeln gedruckter Fotos im A2 Format. Sie zeigen Gegenstände auf den Straßen von Louanda, Der Kontrast ist hart und die Zeit alles aufzunehmen, viel zu kurz. In einem weiteren Stockwerk hängen dann Kunstwerke verschiedener angolanischer Künstler, aber hier sollen wir schon gar nicht mehr gucken – schade!

Canale Grande
Canale Grande

Die nächste Station ist die Frari-Kirche – eine Scheune zum Beten ist das nicht wirklich. Die Kunstwerke beeindrucken uns zutiefst. Unser Antreiber wird nun langsam ruhiger und lässt uns Zeit zum Schauen.  Den Abend beschließen wir gemeinsam in einem Restaurant in der Nähe unseres Hotels.

Englisch in Paris – ein Nachtrag

Soeben habe ich von Mark Twain die Glosse „Eine Beobachtung in Paris“ gelesen. Er schreibt dort:

„Der Pariser reist nur wenig, er versteht keine Sprache als die seinige, liest nur einheimische Bücher und ist infolgedessen recht beschränkt und selbstzufrieden. Doch seien wir gerecht; es gibt Franzosen, die auch fremde Sprachen verstehen: die Kellner. Unter anderem verstehen sie auch Englisch; allerdings auf ihre Art – sie können es sprechen, aber nicht verstehen. Sie machen sich leicht verständlich, aber es ist fast unmöglich, einen englischen Satz so auszudrücken, dass sie fähig wären, ihn zu verstehen.“

Das erinnert mich an unseren Paris-Aufenthalt. Wir waren es in der Vergangenheit gewohnt, dass wir mit Französisch am Besten voran kam. Wann immer ich Französisch sprach, wurden wir freundlich behandelt. Versuchte es Klaus auf Englisch, wurden wir ignoriert oder die Antworten waren sehr kurz angebunden. Dieses Mal war alles anders, wann immer ich Französisch sprach, versuchte man mir auf Englisch zu antworten. Entweder ist mein Französisch so schlecht geworden, dass man Mitleid mit mir hatte und mir weitere Quälerei ersparen wollte oder aber die Pariser wurden einer Hirnwäsche unterzogen…

Institut du Monde Arabe

Für unseren letzten Tag in Paris haben wir uns das Institut du Monde Arabe vorgenommen. Uns lockt die interessante Fassade, der Ausblick vom Restaurant auf dem Dach und natürlich auch die Ausstellungen. Wir beginnen unseren Besuch mit einer Tasse Kaffee auf dem Dach. Von dort bewundern wir den Blick über die Stadt. Währenddessen beginnt der Regen zu tröpfeln. Von oben arbeiten wir uns nun nach unten durch und starten mit der ständigen Ausstellung. Diese reicht von Mesopotamien und dem Gilgamesch-Epos über den Handel mit dem römischen Reich, der Entwicklung der Städte, der Entstehung der drei Hauptreligionen bis hin zu den Wissenschaften. Erschöpft geben wir nach etwas über der Hälfte auf und stärken uns erst einmal mit einem sehr leckeren Mittagessen im hauseigenen Restaurant. Besonders beeindrucken uns aber die gleichwertige und vergleichende Darstellung der drei Religionen und die alten Werke über Mathematik und Astronomie.

Eingangsschild und Fassade des Instituts

Anschließend stürzen wir uns auf die aktuelle Kunstausstellung. Diese widmet sich der Frage, wie Künstler aus dem Nahen Osten den menschlichen Körper darstellen. Im 19. Jahrhundert kamen die ersten Studenten von dort nach Europa, um Kunst zu studieren. Zu ihrer Ausbildung gehörte zwingend auch die Darstellung von Akten. Wie gingen sie damit um, entwickelten sie später eine eigene Art und Weise, den menschlichen Körper darzustellen? Die Ausstellung ist sehr vielfältig und bietet so einige Überraschungen, die wir hier nicht verraten.

Fassadenelemente von innen

Währenddessen gehen draußen mehrere Gewittergüsse nieder. Wir sind froh, drinnen zu sein. Damit endet unser Besuch in Paris und wir holen anschließend unser Gepäck aus dem Hotel und machen uns auf den Weg zum Gare de l’Est und unserem Nachtzug nach Hannover.

Pavillon vor dem Institut entworfen von Zaha Hadid