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Erst an die See und dann in die Berge

Touristen scheint es in Silloth keine zu geben. An der Straße ist ein kleiner Flohmarkt aufgebaut, aber es scheint nur für die Einheimischen zu sein und vielleicht ein paar Angehörige der Airforce
Touristen scheint es in Silloth keine zu geben. An der Straße ist ein kleiner Flohmarkt aufgebaut, aber es scheint nur für die Einheimischen zu sein und vielleicht ein paar Angehörige der Airforce

Vom Bush Inn bei Kirkbride geht es erst einmal an die Küste bei Silloth. In der Nähe befindet sich ein Flughafen der RAF (Royal Airforce) und man sieht an vielen Stellen die Verbindung zur Airforce. Es ist zwar alles sehr gepflegt, aber trotzdem herrscht in diesem Ort eine eigentümliche Stimmung. Petra fällt dazu spontan das Wort „desperate“ ein. Der Park am Solway Firth mit seinen Vergnügungseinrichtungen und auch der aufgebaute Jahrmarkt wirkt „old fashioned“.

Es ist Sommer, es ist Ferienzeit, es ist niemand hier. Wann sonst sollte denn jemand kommen?
Es ist Sommer, es ist Ferienzeit, es ist niemand hier. Wann sonst sollte denn jemand kommen?

Auch einen Strand gibt es hier nicht. Es ist eher eine Betontreppe ins Wasser und der Strom zieht direkt am Ufer entlang. Freiwillig würden wir hier keinen längeren Urlaub machen. Der Hafen ist nicht zugänglich. Er ist durch einen Zaun vor Besuchern geschützt. Warum das so ist, erschließt sich uns nicht. Historisch gab es hier schon  früher Getreidespeicher und auch heute ist das noch so.

Wir fahren lieber weiter die Küste entlang und halten bei Allanby hinter den Dünen. Dort gibt es einen sehr ursprünglichen Strand mit vielen Steinen, der vor allem bei den Hunden äußerst beliebt ist. Auf dem ausgiebigen Standspaziergang finden wir viele interessante Steine, Seeglas, Austernschalen und Rocheneier.

Das Ergebnis unseres Strandspaziergangs
Das Ergebnis unseres Strandspaziergangs

Unser Endpunkt  an der Küste ist Maryport. Hier gab es noch eins von mehreren römischen Forts als Teil des Küstenschutzes in Verlängerung des Hadrians Walls. Wir verzichten auf einen Besuch.

Auf der Kaimauer in Maryport
Auf der Kaimauer in Maryport

Nach wie vor gibt es hier eine aktive Fischereiflotte und einen sehr geschützten Yachthafen, der aber nur 2-3 Stunden vor und nach Hochwasser angelaufen werden kann. Danach fällt die Zufahrt, Vorhafen und Fischereihafen trocken. Vor dem Yachthafen gibt es eine Barriere, damit er nicht trockenfällt.

Eine Segelyacht läuft in der Hafeneinfahrt von Maryport auf Grund und dreht ab
Eine Segelyacht läuft in der Hafeneinfahrt von Maryport auf Grund und dreht ab

Die Einfahrt zeigt bereits zwei rote Lichter, als von draußen noch eine größere Yacht mit hoher Geschwindigkeit auf den Hafen zufährt. Die Seekarte von Navionics zeigt, dass der Vorhafen in etwa 1 Stunde anfängt trocken zu fallen. Im Vorhafen scheint die Yacht Grundberührung mit dem Sand zu haben und dreht so schnell es geht mit dem Bugstrahlruder, um den Hafen wieder zu verlassen. Sie schafft es wieder hinaus, wenn nicht, hätte sie auf der Bank im Vorhafen flachgelegen.

Segelunterricht im Yachthafen von Maryport
Segelunterricht im Yachthafen von Maryport

Im Yachthafen übt derweil eine Gruppe Jugendlicher von den Sea Cadets mit Ein- und Zweipersonen-booten der Marke RS das Segeln. Die Barriere an der Einfahrt zum Yachthafen verhindert, dass das Wasser abläuft, aber der Vorhafen fällt trocken.

Fischerboote im Hafen von Maryport
Fischerboote im Hafen von Maryport

Von Maryport geht es auf direktem Weg über Cockermouth in die Berge des Lake Districts. Das sind ehemalige Vulkane, die in der letzten Einszeit von Gletschern bedeckt waren. Davon sind zahlreiche Seen übrig geblieben und mit über 900m die höchsten Berge Großbritanniens.

Derwent Water
Derwent Water

Der Reiseführer hatte uns bereits gewarnt, dass weite Teile des Lake Districts während der Sommerzeit touristisch sehr überlaufen sind. Der Bereich des Derwent Waters soll angeblich noch gehen.

Mary Mount Hotel am Südende des Derwent Water
Mary Mount Hotel am Südende des Derwent Water

In Keswick am Nordende des Derwent Water kommt uns der Gedanke, wenn es hier schon so voll ist, wie soll es dann erst in Windermere sein? Hier bleiben wir definitiv nicht und fahren durch Keswick hindurch und finden tatsächlich einen etwas ruhigeren Ort am See im Mary Mount Hotel. Auch die Übernachtungspreise sind überraschenderweise moderat und sie haben sogar noch ein Zimmer für uns frei.

Unsere Knutschkugel bleibt beim Hotel und wir noch machen eine kleine Rundwanderung zum nahe gelegenen Wasserfall, dem Lodore Falls, bevor wir den Rest des Abends auf der Hotelterrasse genießen.

Erkundungstour durch Dublin

Nach ordentlichem Ausschlafen und einem Frühstück, dass uns gewährt wird, obwohl wir deutlich zu spät im Frühstücksraum erscheinen (wir mögen doch morgen bitte bis 9:30 beim Frühstück sein), machen wir uns auf den Weg in die Innenstadt. Wir haben eigentlich kein konkretes Programm, sondern wollen uns ein wenig treiben lassen. Den Tag ausklingen lassen, wollen wir bei einen Fish-Dinner in Howth, einem Fischerei- und Segelhafen.

The Spire von Nahem betrachtet
The Spire von Nahem betrachtet

So bummeln wir wieder die O’Connell Street entlang und bewundern die Spire und die Hauptpost, die im Rahmen der Unabhängigkeit Irlands einen große Rolle gespielt hat. Hier wurde von den Rebellen die Unabhängigkeitserklärung verlesen. Dies führte aber auch dazu, dass sich die Rebellen erst einmal für mehrere Tage in dem Gebäude verschanzen mussten und erst als ihre Kameraden ihnen zu Hilfe kamen konnten sie sich befreien und die Unabhängigkeit umsetzen.

Skulptur von Arnaldo Pomodoro genannt ‘Sphere with Sphere’ vor der Berkley Library
Skulptur von Arnaldo Pomodoro genannt ‘Sphere with Sphere’ vor der Berkley Library

Unser Ziel ist das Trinity College und dort eigentlich die alte Bibliothek. OK, in das College kommen wir herein, aber vor der Bibliothek hat sich bereits eine lange Schlange gebildet. Wir haben keine Lust auf die Schlange und schlendern weiter über das Gelände zur Science Galery. Hier finden wir eine kleine aber gute mit viel Humor gemachte Ausstellung zur Klimaforschung und, nicht zu unterschätzen, einen Kaffee.

Wettersprüche im Science Center
Wettersprüche im Science Center

Danach machen wir uns auf den Weg in Richtung ‚Dublin Castle‘. Dabei gehen wir auch einen Schlenker durch die Grafton Street. Puh, dies ist eindeutig eine Touristenfalle. Alle 30 bis 40 m finden sich irgendwelche Kleinkünstler, die um die Aufmerksamkeit der Passanten buhlen und natürlich jede Menge Geschäfte, die mit allen Mitteln Käufer anziehen wollen. Na ja, muss man auch einmal gesehen haben.

Blumenhändlerin auf der Grafton Street
Blumenhändlerin auf der Grafton Street

Jetzt steht uns der Sinn nach einem kleinen Snack. Petra kann sich daran erinnern, dass es im Gewölbe der ‚Christ Church Cathedral‘ ein Café gibt, in dem man auch Kuchen bekommt. Vielleicht eine gute Kombination. Wir finden auch das Café im Gewölbe aber es hat, auch wenn alles auf ist und die Küche beleuchtet ist, geschlossen.

– Schade eigentlich –

Die Katze und die Ratte im Gewölbe der Christ Church
Die Katze und die Ratte im Gewölbe der Christ Church

Das Kurioseste, dass in den Gewölben ausgestellt ist, sind die Skelette von einer Ratte und einer Katze, die sich bei einer Verfolgungsjagd in einer Orgelpfeife gefangen und dort dann gemeinsam Ihre Leben beendet haben. Das ist Schicksal.

Christ Church
Christ Church

Mittlerweile knurren unsere Mägen so deutlich, dass wir keine Ruhe mehr finden, uns die Ausstellung genauer anzusehen. So machen wir uns auf nach Temple Bar, wo es jede Menge Pubs und Restaurants geben soll. Zu Hause in Deutschland habe ich immer gedacht, dass es sich bei Temple Bar um ein einziges Pub handelt, um das man am besten einen großen Bogen macht, dass es eh von Touristen überlaufen ist. Dies kann man so nicht stehen lassen.

  • Erstens ist es ein ganzes Viertel,
  • zweitens gibt es dort eine ganze Menge Pubs, verschiedene Restaurants und Geschäfte
  • drittens ein sehr gemischtes Publikum.
Kunst in der Kapelle
Kunst in der Kapelle

Wir finden am Ende auch eine Art Sandwich/Salat Cafeteria. Mit der Frage: ‚Do you know how it works? Antwort: No!‘ beginnen wir unter Hilfe des Personals, uns einen Salat und ein Sandwich zusammen zu stellen. Alles hat eine hervorragende Qualität. Also nichts mit Touristenfalle, dass hier auch viele Touristen sind, finde ich OK und es ist so schön, die Leute auf der Straße zu beobachten.

Die Vögel in der Kapelle
Die Vögel in der Kapelle

Gut gestärkt gehen wir noch in den vorderen Teil des ‚Dublin Castle‘ und entdecken durch Zufall eine wunderbare Installation einer Künstlerin (Katrine Koester Holst), die in der Abbey des Castle’s Porzellan Vögel drapiert und diese mit Fäden zur Kanzel verbunden hat. Dadurch entsteht im Raum ein ganz toller Eindruck. Im Hof entdecken wir dann noch Teile an den Wänden, die wie aufgeweichte Pappe wirken, die jemand daran geworfen hat. Auch diese sind von ihr.

Werbung für ein Fischlokal auf einem LKW in Howth
Werbung für ein Fischlokal auf einem LKW in Howth

Leider schließt das Dublin Castle um 16:45, so dass wir die herausragende Library, in der über Jahrhunderte alte Schriften im historischen Zusammenhang ausgestellt werden, nicht mehr besichtigen können. Schade, aber wir sind bestimmt nicht das letzte Mal in Dublin.

Seehund im Hafen von Howth
Seehund im Hafen von Howth

Also nun an die Küste. Dafür haben wir uns Howth ausgesucht. Dieser Ort wird beschrieben als Fischerort mit einem Segelhafen, in dem man auch gut Fisch essen kann. Das hört sich gut an. Wir wandern also zur nächsten Bahnstation und fahren dort hin. Irgendwie erinnert mich die Fahrt an die S-Bahn von Hamburg-Hbf nach Wedel. Howth liegt übrigens auf einer Halbinsel nördlich von Dublin. Ich hatte bereits einmal gehört, dass bei Dublin eine Segel-Hochburg sein soll.

Here we are!

Kräftiger Fischkutter mit Howth im Hintergrund
Kräftiger Fischkutter mit Howth im Hintergrund

Die ‚kleinen‘ Fischerboote des Reiseführers entpuppen sich als stabile  seegängige moderne Fischkutter und der Segelhafen als Yacht Club mit einer aktiven Regatta Scene. An diesem Wochenende findet hier die Autumn League, vergleichbar zur deutschen Segelbundesliga, statt.  Wir finden hier auch Hinweise auf die älteste Einheitsklasse Europas, die 17-Footer ein gaffelgetakeltes Kielboot, das immer noch aktiv gesegelt wird.

Segelboote in Howth
Segelboote in Howth

Den Abend in Howth beschließen wir in einem Pub östlich des Hafens mit einem guten Fisch-Dinner. Als es dunkel ist, schlendern wir durch die Straßen zurück zum Bahnhof und fahren nach Dublin. Howth zählt definitiv zu den Häfen, die ich gerne von See aus einmal anlaufen würde.

Rolling Home to Nassau

Segeln kann auch Sport sein...
Segeln kann auch Sport sein…

Logbuch:

Vorhersage E-SE 15-20kn vereinzelt Schauer

8:00 Wind E3

8:15 Wir gehen Anker auf vor Highborn Cay und setzen Groß und Genua

11:24 Position 24°49,1’N 077°05,8’W

13:36 Position 24°59,5’N 077°11,8’W auf Grund scheint ein größeres Wrack zu Liegen. Es ist nicht in der Karte verzeichnet.

15:30 Fest an der Tankstation Harbor Marina. Die Station hat geschlossen

16:00 Fest an der Tankstation Paradise Island. Die hat offen!

16:00 Endgültig fest an der Pier von Navtours

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Heute morgen klingelt der Wecker um 6 Uhr, um sicherzugehen, dass wir nicht verschlafen. Frühstücken tun wir bei Sonnenaufgang und um 8:15 Uhr rasselt die Ankerkette lauthals zurück in den Ankerkasten. Wir setzen erst Kurs auf die Yellow Bank, wo wir wie auf der Hintour um die Korallenriffe herum fahren müssen. Allerdings machen wir uns Gedanken, ob wir bei den herrschenden 4 Windstärken und der dazugehörigen Welle, in der Lage sein werden, die Korallen so rechtzeitig zu sehen, dass wir bei den den 6 – 7 Knoten, die wir laufen rechtzeitig ausweichen können. Andererseits sind wir schnell genug, um auch einen Umweg zu machen und die Yellow Bank auf der Südseite zu umfahren. Wir ändern den Kurs und haben die nächsten 3 – 4 Stunden den Wind genau von hinten. Das ist bei der Welle Schwerstarbeit. Die Lady rollt in der See und das Dinghi schlingert hinterher.

Der Blick von unserem Liegeplatz in Nassau auf die Brücken hinüber nach Paradise Island
Der Blick von unserem Liegeplatz in Nassau auf die Brücken hinüber nach Paradise Island

Leider ist auch dieser Weg nicht frei von Korallenriffen und wir müssen im Slalom um die Dinger herumfahren. Nach der Anstrengung haben wir uns den Nudelsalat zur Stärkung redlich verdient. Um halb drei sehen wir Nassau schon deutlich vor uns. Kurz bevor das Fahrwasser zu eng wird, bergen wir die Segel und fahren das letzte Stück unter Maschine. Wir versuchen uns via Funk in der Charterbasis anzumelden, aber anscheinend hört uns niemand. Erst in Sichtweite des Hafens, werden wir gehört. Es liegen wahrscheinlich an den Docks zu viele Schiffe dazwischen. Wir sollen erst noch tanken fahren, also weiter zur Tankstelle. Leider hilft uns niemand beim Festmachen. Die Anleger sind hier alle für viel größere Schiffe gemacht, so dass das Anlegen mit so einem „kleinen“ Schiff eine echte Tortur ist. Unser Anleger klappt bei Wind gegen Strom erst im dritten Anlauf und trotzdem verhakt sich wieder das Fenderbrett an den Dalben und wir müssen lange ziehen und zerren bis die Lady passend liegt. Nur taucht noch immer niemand auf. Dann stellt sich heraus, dass die Tankstelle bereits geschlossen hat. Grumpf: wie wäre es mit einem großen Schild mit den Öffnungszeiten darauf?

Ich frage per Funk in der Charterbasis, was wir tun sollen. Zurück auf die andere Seite zu Paradise Island, da sei noch eine Tankstelle. Ich frage, ob sie sich sicher sind, dass die auch offen hat. Ja, eigentlich schon, aber ich soll zur Sicherheit mal per Funk nachfragen. Das tue ich auch und bekomme das ok. Also zurück und die andere Tankstelle suchen. Es dauert ein bisschen, aber dann haben wir sie endlich gefunden und bekommen das Gewünschte.

Blick von unserer Marina über den Hafen von Nassau
Blick von unserer Marina über den Hafen von Nassau

In der Charterbasis springen dann gleich 3 Leute hinzu und helfen beim Festmachen. Außer Leine anreichen und ein bisschen abhalten, brauchen wir nichts mehr tun. Als erstes entsorgen wir nun unseren Müll der letzten 10 Tage, dann kochen wir den obligatorischen Tee und machen uns daran Neujahrswünsche zu beantworten. Nun wird es Zeit, die versäumte Feier nachzuholen. Wir freuen uns nun beide auf ein ordentliches Stück Fisch nach 10 Tagen ohne Fisch und Fleisch.

Flaute auf der Rücktour

Logbuch:

9:15 Auslaufen Warderick Wells Cay. Wir setzen Groß und Genua

12:03 Position 24°23,9’N 076°46,6’W

13:55 Fest an einer Mooring Boie vor Hawksbill Cay

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Gestern hatten wir überlegt, auf welcher Route wir unsere Rückreise nach Nassau antreten. Angesagt war, dass gegen Ende unserer Zeit der Wind auf Nord drehen würde. Von den Exumas rüber nach Nassau ist die Richtung Nordwest, also nicht gerade optimale Bedingungen für Lady Marceline. Eine Alternative wäre, Richtung Nordost nach Eleuthera zu laufen . Die Insel würde uns guten Schutz vor Nordwinden bieten und wir könnten dann auf der Südseite der Insel Richtung Nassau laufen. Dazu bräuchten wir aber genügend Wind, denn die Strecken sind lang. Der Vorteil wäre, dass wir außer den Exumas auch noch eine andere Ecke kennenlernen könnten. Als ich dann jedoch, dank Internetverbindung, eine aktuelle Vorhersage hole, lautet die Prognose: schwacher Wind erst aus Südos, dann über Ost auf Nordost drehend. Das reicht nicht für eine Tour nach Eleuthera. Also segeln wir einfach die gleiche Strecke zurück und versuchen mal die Plätze zum Übernachten anzusteuern, die wir auf der Hintour ausgelassen haben.

Mangroven auf Hawksbill Cay
Mangroven auf Hawksbill Cay

Mit den Wettervorhersagen ist das hier so eine Sache. Auch wenn unsere erste Amtshandlung beim Aufstehen ist, das Ankerlicht auszuschalten und das Funkgerät an. Über Funk haben wir bislang nur ein einziges Mal einen Wetterbericht empfangen. Mobilfunk ist hier im Nationalpark nicht verfügbar, also haben wir auch keine Internetverbindung mit dem ipad. Ausgeholfen haben wir uns deshalb mit dem Mittelwellensender „National Radio of The Bahamas“. Glücklicherweise haben wir unseren kleinen Weltempfänger mitgenommen, denn mit dem eingebauten Radio hier bekommen wir nur UKW. Dafür können wir auch den MP3-Player dranhängen und damit auch das Cockpit beschallen. Der Mittelwellensender hält uns über alles Wesentlich hier auf dem Laufenden: Von der Sonntagspredigt über verlesene Todesanzeigen, die Gewinner der Junkanoo-Parade vom 1. Weihnachtsfeiertag, die Opfer eines Bandenkrieges in Nassau (jetzt haben wir auch begriffen, warum wir dort nachts nicht herumlaufen sollten) bis hin zum neuesten Flüchtlingsdrama mit einer vollkommen überladenen Nussschale aus Haiti wissen wir nun was die Bahamas bewegt.

Gras auf Expansionskurs
Gras auf Expansionskurs

Das mit den Flüchtlingsbooten aus Haiti ist nichts Neues. Ich lese gerade den Bericht einer Frau, die Anfang der 90er Jahre zusammen mit ihrem Mann Highborne Cay gemanagt hat (die Insel ist in Privatbesitz und hat einen kleinen Hafen, eine Laden und ein paar Ferienhäuser. Sie berichtet von einem kaum 10 Meter langen Boot, dass eines Tages mit 100 Flüchtlingen an Bord auf der Insel gestrandet ist. Die Inselbesatzung hat die Flüchtlinge mit dem Lebensnotwendigen versorgt und die Marine der Bahamas hat denen geholfen ihr Boot wieder flott zu bekommen, um weiter Richtung Florida zu schippern. In Warderick Well Cay hängt ein Zeitungsartikel vom Anfang des Monats, wonach dort vor der Insel ein ähnliches Boot in Seenot geraten ist. Etwa 30 Haitianer sind dabei ums Leben gekommen. Im Artikel wurden die Mitarbeiter des Nationalparks gelobt, denen es gelungen ist, die Mehrzahl der Leute zu retten. Es erinnert uns alles sehr an die Flüchtlingsdramen vor Lampedusa im Mittelmeer, nur dass hier der Umgang mit den Flüchtlingen humaner zu sein scheint.

Fundsache in den Magroven: wir adoptieren den Frosch - Müll darf man mitnehmen
Fundsache in den Magroven: wir adoptieren den Frosch – Müll darf man mitnehmen

Heute morgen ist unser erster Wassertank alle. 160 Liter haben 6 Tage gehalten, also haben wir pro Person etwa 13 Liter am Tag verbraucht. Das ist nach unseren Massstäben schon recht verschwenderisch. Nun sollten wir noch etwa 200 Liter für die restlichen 3 Tage haben.

Zur üblichen Zeit machen wir die Leine von der Mooring los und machen uns auf den Rückweg. Zu Beginn weht noch etwas Wind ziemlich genau von hinten. Das ist ein blöder Kurs, da das Vorsegel immer einfällt. Aus unserem Peekhaken und etwas Tauwerk bauen wir uns einen Ausbaumer. Ich hoffe nur, dass das Ding nicht abbricht, wie sollen wir sonst die Mooringleinen aus dem Wasser angeln? Glücklicherweise hält die Konstruktion.

Krebs beim Ausnehmen einer Muschel und ...
Krebs beim Ausnehmen einer Muschel und …

Wolken sind heute keine da, die Sonne brennt unerbittlich. Mit ein paar Wäscheklammern und einem meiner Seidentücher bauen wir einen Sonnenschutz, um am Steuerrad keinen Hitzschlag zu bekommen, ansonsten trinken wir Unmengen an Wasser. Vor Hawksbill Cay ist der Wind fast ganz weg. Wir machen den Motor an und motoren zum Mooringfeld. Zwei Yachten verlassen es gerade. Weiter draußen ankern zwei riesige Motoryachten. Es ist flach hier und wir müssen uns vorsichtig um einige Korallenriffe herum hinein tasten. Dabei verscheuchen wir einen großen Rochen. Aber warum wir hier alleine sind, ist uns trotzdem nicht klar. Zur Abkühlung schwimmen wir erst einmal ein paar Runden um das Schiff. Den Nachmittag versuchen wir uns mit Hilfe eines Bettlakens etwas Schatten zu verschaffen. Das ist ein mühseliges Unterfangen, denn das Schiff dreht hin und her.

Erst kurz vor Sonnenuntergang werden wir unternehmungslustiger und wagen noch einen Ausflug mit dem Schlauchboot. Auch hier ist wieder eine Verbindung zu den Mangroven im Inneren der Insel nur dass diese Verbindung zu flach ist. Wir kommen nur ein kleines Stück hinein und ziehen dort das Schlauchboot auf den Strand. Ein Krebs ist gerade dabei, eine Muschel auszunehmen. Als ich ihm mit der Kamera zu nahe komme, vergräbt er sich blitzartig im Sand.

... wer findet jetzt den Krebs?
… wer findet jetzt den Krebs?
Lady Marceline vor Anker
Lady Marceline vor Anker

Wir machen einen kleinen Spaziergang. Auch hier ist es vollkommen still. Von der Ostseite der Insel ist die Brandung zu hören, gelegentlich hören wir eine Fliege. Es wird so schnell dunkel, dass wir bald wieder umdrehen. Zurück im Boot ist die Sonne bereits untergegangen. Zwei weitere Motorboote sind noch in der Bucht vor Anker gegangen. Die Riesenboote weiter draußen sind verschwunden. Zum Abend kommt etwas Wind auf und es ist sehr schaukelig hier am Liegeplatz. Auch wenn wir das Dinghi schon seit ein paar Tagen nachts längsseit holen, damit es nicht so viel Krach macht, so schlagen die Wellen hier trotzdem lautstark unter das Heck. Zum Abendessen gibt es als neueste Kreation ein sehr leckeres Flaschenkürbiscurry mit Blaubeeren und hartgekochten Eiern.

Krebse beim Bergsteigen ertappt

Logbuch:

9:00 Verlassen die Mooring vor Shroud Cay und setzen Groß und Genua. Wind ESE  4 Bft

9:20 Passieren Spitze Elbow Cay

9:50 Wind hat aufgefrischt und wir stecken Reff I ins Groß

11:00 Position 24°23,5’N 076°45,3’W der Wind hat noch weiter aufgefrischt und wir bergen das Groß

11:30 Position 24°21,6’N 076°44,1’W wir müssen nun fast gegen den Wind und starten die Maschine

12:17 Position 24°22,1’N 076°40,9’W per Funk wird uns von Exuma Nationalpark Warderick Wells Cay die Mooring Boie 21 zugewiesen

13:15  Fest an der Mooring Boie in Warderick Wells Cay

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Heute wollen wir zu unserem südlichsten Ziel aufbrechen. Der übliche Ablauf hat sich mitlerweile eingespielt, aber diesmal wache ich schon eine Stunde früher auf. Irgendetwas ist anders und das steckt tief drin, solange sich vor Anker die Geräusche nicht verändern ist alles gut. Wenn es plötzlich ruhig wird, ist das ein Alarmzeichen. Aber wahrscheinlich lag es nur daran, dass der Mond aufgegangen ist und es plötzlich hell ist. Der Wind hat etwas abgenommen, dadurch ist es ruhiger und die Geräusche, die sich in der Koje anhörten, wie Kinderstimmen, entpuppen sich draußen im Cockpit als ein leise quietschender Lümmelbeschlag (die Verbindung zwischen Baum und Mast). Hinter uns ist in der Nacht noch eine weitere große Motoryacht vor Anker gegangen. Beruhigt gehe ich wieder schlafen.

Schnecke
Schnecke

Die Tour ist diesmal nicht so angenehm. Wir müssen sehr hoch ran, das gefällt der Lady nicht und Seegang mag sie auch nicht. Wir reffen erst das Groß und nehmen es schließlich ganz weg. Dabei träumen wir von unserer Lorrikeet, die sich jetzt auf die Seite legen und mühelos durch die Wellen gleiten würde. Die Lady legt sich zwar auch auf die Seite, aber da sie keine tiefe Bilge hat, taucht das Wasser aus der Bilge an den unmöglichsten Stellen wieder auf. Ich fange an mir Sorgen um die Elektrik zu machen. Das Wasser müssen wir unbedingt abpumpen! Im Bad riecht es nach Benzin. Wahrscheinlich leckt der Reservekanister vom Dinghi bei der Schräglage etwas. Wir kontrollieren ihn, können aber nichts feststellen, also lüften wir kräftig. Als Klaus sich an der Steuersäule abstützt schaltet sich plötzlich der Kartenplotter aus. Glücklicherweise erholt er sich wieder, als er die Steuersäule loslässt. Im Seegang löst sich auch das Gestänge vom Bimini, aber wir bekommen es schnell wieder fixiert. Das Schiff ist zwar sehr komfortabel, aber für härteres Wetter nicht wirklich gemacht. Kein Wunder, dass wir diese Boote auf der Ostsee so oft motoren sehen.

Tote Mangrove
Tote Mangrove

Das letzte Stück nach Warderick Wells Cay müssen auch wir die Segel bergen und motoren. Es geht genau gegenan und kreuzen macht mit der Lady keinen Spaß. Über Funk melde ich uns beim Nationalpark an und bekomme die Boje mit der Nummer 21 zugeteilt. Die Mooring liegt in einem engen Seitenarm eines Cuts. Der Seitenarm hat die Form eines Angelhakens. Am Eingang liegen ein paar Korallenriffe, weiter drin wird er von Sandbänken begrenzt. Gleichzeitig geht noch ein starker Strom. Diese Einfahrt ist wirklich ein Nervenkitzel. Die vorletzte Boje ist dann glücklicherweise endlich unsere.

Kultstätte für Seeleute auf Booboo Hill
Kultstätte für Seeleute auf Booboo Hill

Während das Teewasser vor sich hin köchelt, hole ich etwa 50 Liter Wasser aus der Bilge. Nach dem Tee und ein paar Keksen machen wir uns auf den Weg, die Insel zu erkunden. Wir ziehen Badesachen und Schnorchelshirts an, da die Tour mit dem Dinghi meist ein feuchtes Vergnügen ist. In einer Plastiktüte nehmen wir eine Boxershort und ein Strandkleid mit. So sind wir an Land dann einigermaßen akzeptabel bekleidet. Klaus zieht seine Wandersandalen an und ich meine Neoprenschuhe.

Im Nationalparkzentrum zahlen wir unseren Obolus, erhalten ein paar Informationen und machen uns anschließend auf den Weg ins Inselinnere. Der Weg führt über zerklüfteten Sandstein mit scharfen Spitzen und tiefen Löchern, aber auch durch Mangroven und ein Stückchen durch‘s Wasser. Auf dem Booboo Hügel ist ein großer Haufen an Brettern, die von verschiedensten Booten stammen. Der Legende nach ist hier in der Nähe ein Schiff untergegangen, niemand wurde gefunden, der ein christliches Begräbnis bekommen konnte und die Geräusche auf dem Booboo Hügel bei Vollmond seien die Geister der verstorbenen Seeleute. Wenn man nun eine Gabe auf den Hügel legen würde, dann soll das eine glückliche Reise verschaffen. Wir haben leider nichts dabei.

Schöner Blick über die Nordspitze von Warderick Wells Cay
Schöner Blick über die Nordspitze von Warderick Wells Cay

Wir schauen uns als nächstes die Blow Holes an. Löcher im Fels, aus denen bei mehr Seegang wahrscheinlich Wasser hoch schießt. Das legen jedenfalls die verstreuten Muscheln nahe. Heute ist der Seegang nicht stark genug, aber die Luft, die aus den Löchern schießt und die Geräusche die das verursacht, sind auch schon sehr eindrucksvoll.

Kleiner Einsiedlerkrebs beim Bergsteigen
Kleiner Einsiedlerkrebs beim Bergsteigen

Von hier aus führt der Pfad ein Stückchen nach Süden über die Steilklippen und dann hinunter zum Strand. Uns fallen hier immer wieder Schneckenhäuser auf, die sich eher ruckartig bewegen, bei näherem Hinsehen, entdecken wir unterschiedlich große Einsiedlerkrebse, die den Berg hoch klettern. So etwas kurioses haben wir noch nie gesehen! Als wir den Strand verlassen und wieder den Hügel hinauf klettern, entdecke ich plötzlich einen sehr großen Krebs direkt auf unserem Pfad. Er ist etwa 30 cm breit und hat sehr eindrucksvolle Zangen. Was nun? Das Unterholz ist zu dicht für einen Umweg. Vorsichtig werfe ich ein kleines Stückchen Holz in seine Richtung. Er geht in Angriffsstellung. Als müssen wir ihn tatsächlich verscheuchen. So trauen wir uns mit unseren nackten Beinen nicht vorbei. Klaus bewaffnet sich mit einem Stock und kann ihn damit zur Flucht bewegen. Genervt verkriecht sich der Krebs unter einer Palme und wir können vorbei.

Angriffslustiger Landkrebs
Angriffslustiger Landkrebs

Auf dem Rückweg treffen wir noch einen Bahama Yellowthroat (Bahama Goldkehlchen?), einen Hutia und jede Menge Eidechsen. Der Fels ist hier durchlöchert und das Laufen mit den Neoprenschuhen nicht so angenehm. Vor uns steht mit einem Mal eine Leiter. Sie führt mehrere Meter tief in eine Höhle hinab. „Murphy‘s Hideaway“ steht auf einem Schild. Wir sparen uns das und laufen weiter. Diesmal geht es über eine kleine Brücke über das Wasser. Wir treffen zwei Männer, die uns erzählen, sie hätten in dem flachen Wasser eben einen kleinen Hai gesehen, aber nun sei er weg. Wir sehen ihn nicht.

Murphy's Hideaway
Murphy’s Hideaway

Mit dem Dinghi fahren wir anschließend zur Yacht „Aragon“, die wir beim Einlaufen entdeckt hatten. Mit ihr ist das französich-kanadische Pärchen unterwegs, die uns in Nassau so nett geholfen hatten. „Willommen im Paradies“ ruftz uns Claire freudestrahlend zu. Leider haben sie heute abend keine Zeit mehr für einen Besuch bei uns an Bord. Sie haben schon alles verstaut und bereiten sich auf eine frühe Abreise morgen früh vor.