Archiv der Kategorie: Großbritannien

Twinning Besuch in Bristol, 3.Tag

Auf der Fahrt zum M-Shed Museum staut sich der Verkehr unter der Clifton Suspension Bridge. Drei Yachten verlassen bei Hochwasser den Hafen. Für sie musste die Drehbrücke öffnen.
Auf der Fahrt zum M-Shed Museum staut sich der Verkehr unter der Clifton Suspension Bridge. Drei Yachten verlassen bei Hochwasser den Hafen. Für sie musste die Drehbrücke öffnen.

Nach dem reichlichen Essen vom Vorabend sind wir eigentlich noch nicht wieder hungrig, aber für den heutigen Tag ist ein gemeinsames Frühstück im Hotel an der Clifton Suspension Bridge vorgesehen. Unsere Bristolians konnten keine Reservierung vornehmen, da der Frühstücksraum eigentlich für die Gäste des Hotels vorgesehen ist.

Vor dem M Shed Museum fährt eine Dampflok auf der Kaimauer auf und ab und unter den Hafenkränen hindurch.
Vor dem M Shed Museum fährt eine Dampflok auf der Kaimauer auf und ab und unter den Hafenkränen hindurch.

Als wir dort um 8:30 Uhr auftauchen,  müssen wir leider feststellen, dass es für unsere Gruppe keinen Platz gibt. Kurzerhand wird umdisponiert und ein Café, die „Boston Tea Party“, in der Uni-Gegend angesteuert. Dort finden wir genug Platz, so dass auch einige Mitglieder der Junior Chamber Bristol zu der Gruppe hinzustoßen können.

Neubauten am Hafen von Bristol
Neubauten am Hafen von Bristol

Das Programm geht mit einem Besuch im Museum M-Shed und einem von Bob kommentierten Rundgang an Bristols Floating Harbour weiter. Klar waren die meisten von uns schon einmal da, aber seit dem letzten Mal hat sich vieles weiterentwickelt. Also ist es wieder einmal sehr interessant. Die Hafengegend ist ein beliebtes Wohnviertel geworden und der eher etwas weitläufige Anblick, den wir in Erinnerung hatten, ist verschwunden.

Ein Nachbau des Schiffes Matthew mit dem John Cabot (Giovanni Caboto) im 15. Jahrhundert von Bristol nach Neufundland gesegelt ist
Ein Nachbau des Schiffes Matthew mit dem John Cabot (Giovanni Caboto) im 15. Jahrhundert von Bristol nach Neufundland gesegelt ist

Den Abschluss des offiziellen Programmes bildet ein gemeinsames Lunch im Garten des Pubs „The Old Farmhouse“ in Nailsea. Natürlich haben wir eine Gegeneinladung für 2025 in Hannover ausgesprochen und es gibt bereits Ideen für das Programm.

Blick auf die Seebrücke von Clevedon
Blick auf die Seebrücke von Clevedon

Wir besuchen mit unseren Gastgebern noch Clevedon mit seiner wunderbaren Uferpromenade, dem großen Meerwasserschwimmbecken und der typisch englischen Pier, an der bei Hochwasser auch Ausflugsdampfer festmachen können. Wir sind aber ziemlich genau bei Niedrigwasser dort und können ein weiteres Mal den riesigen Tidenhub bestaunen.

In Bristol zurück schauen wir noch bei einem Graffiti von Banksy vorbei, der aus Bristol stammt. Wie bei Street Art üblich, haben sich natürlich noch andere dort verewigt.

Twinning Besuch in Bristol, 2.Tag

In Bristol stehen derzeit ungefähr ungefähr hundert bunte Einhörner als Teil einer Spendenkampagne. Dieses hier steht vor einem Kunstmuseum.
In Bristol stehen derzeit ungefähr ungefähr hundert bunte Einhörner als Teil einer Spendenkampagne. Dieses hier steht vor einem Kunstmuseum.
Die Bristol Riots von 1831 ist eines der dargestellten Ereignisse auf der Bristol Tapestry im Bristol Museum
Die Bristol Riots von 1831 sind eines der dargestellten Ereignisse auf der 1976 fertiggestellten Bristol Tapestry im Bristol Museum

Der zweite Tag unseres offiziellen Besuches beginnt im Bristol Museum mit einem Vortrag über die „Bristol Tapestry“. Diese Stickerei, die zunächst als eine Art Bürgerinitiative zur Darstellung der Stadtgeschichte startete und danach immer größere, sogar internationale, Anerkennung erlang. Dargestellt sind Szenen aus den über 1000 Jahren Bristols Stadtgeschichte.

Darstellung des karibischen Einflusses im Georgian House Museum, dem ehemaligen Wohnhaus von John Pinney, der sein Geld mit Zuckerplantagen auf den West Indies erlangt hatte.
Darstellung des karibischen Einflusses im Georgian House Museum, dem ehemaligen Wohnhaus von John Pinney, der sein Geld mit Zuckerplantagen auf den West Indies erlangt hatte.

Die erste Ausstellung der Stickereien auf schwerem irischen Leinenstoff führte zu einem großen Desaster, da über Nacht ein Sturm aufkam und die nur durch ein Zelt geschützten Leinenbanner im Matsch landeten, bevor Queen Elisabeth diese in Augenschein nehmen konnte.

Die Konzerthalle St. George’s Brandon Hill mit angebautem Café
Die Konzerthalle St. George’s Brandon Hill mit angebautem Café

Klar, Bristolians wären nicht sie selbst, wenn sie nicht in einem heroischen gemeinsamen Einsatz über Nacht diese wieder in einen vorzeigbaren Zustand gebracht hätten. Danach wollte sogar ein Amerikaner, klar mit viel Geld, diese kaufen, aber ein Bristolian würde sie NIE verkaufen. Stattdessen gingen die Banner auf Tournee durch verschiedene Städte weltweit mit dem Namen Bristol und sind nun an dem ihnen zustehenden Ort im Bristol Museum gelandet, wo sie entsprechend verehrt werden.Aus unserer Sicht zu recht, denn die Stickereien und Applikationenn sind wirklich sehr kunstvoll und gelungen.

Die Konzerthalle St. George’s Brandon Hill lässt noch gut die ehemalige Kirche erkennen
Die Konzerthalle St. George’s Brandon Hill lässt noch gut die ehemalige Kirche erkennen

Nächste Station ist „The Georgian House“, das früher einmal einem Plantagen Besitzer aus den britischen Karibik Kolonien gehörte, der nach Bristol zurück gekehrt war, um in England Lobbyismus für die Plantagenbesitzer und Sklavenhalter zu betreiben. Er selbst hatte bei seiner Rückkehr auch einige Sklaven im „Handgepäck“. Erstaunlicherweise erlangten sie auch in England keine Freiheit, sonder lebten weiter als Sklavenbedienstete in diesem Haus. Das Haus bietet einen guten Blick in die Lebensbedingungen der reichen Oberschicht der georgianischen Zeit. Zeitgleich findet eine Ausstellung statt, in der es um die Darstellung dunkelhäutiger Menschen in der europäischen Kunst geht.

An der Decke der Konzerthalle St. Georges Brandon Hill markiert ein Stern, wo der Splitter einer deutschen Bombe im zweiten Weltkrieg eingedrungen war.
An der Decke der Konzerthalle St. Georges Brandon Hill markiert ein Stern, wo der Splitter einer deutschen Bombe im zweiten Weltkrieg eingedrungen war.

Für das Lunch haben unsere bristolischen Freunde einige Tische im St. George’s Brandon Hill Café reserviert. Nach alter britischer Tradition werden eine Suppe und Sandwiches serviert  beides sehr schmackhaft. Danach bekommen wir eine Tour durch die St. George Concert Hall. Diese war ursprünglich eine Kirche, aber die Zahl der Mitglieder ist deutlich zurückgegangen, so dass die Kirche nicht mehr benötigt wurde. Ein nobler Spender hat dann dafür gesorgt, dass aus der Kirche eine Konzerthalle wurde. Sie wurde so umgebaut, dass ihre typische Kirchenakustik erhalten blieb. Das Café, das bei Veranstaltungen auch als Foyer fungiert, wurde an die Kirche angebaut, um den Hauptbaukörper möglichst unverändert zu lassen.

Wills Tower an der Universität Bristol
Wills Tower an der Universität Bristol

Als nächstes geht es auf den Turm des „Wills Memorial Building“, einem Gebäude der Universität von Bristol. Die Universität wurde 1876 zunächst als Universal College gegründet. Dort nahm es bereits Frauen als Studenten auf, was in damaliger Zeit sehr ungewöhnlich war. In der Zeit bis 1900 wuchs das College stetig vor allem durch Zuwendungen der Familien Frey und Wills.

Decke der Eingangshalle des Wills Memorial Building der Universität Bristol
Decke der Eingangshalle des Wills Memorial Building der Universität Bristol

In 1909 nahm dann H.O. Wills die für damalige Zeit riesige Summe von 100.000 Pfund in die Hand und sorgte dafür, dass das College den Status einer Universität erhielt. Dafür wurde er dann zum Universitätskanzler gemacht. Böse Zungen könnten auch behaupten, er hat sich die Uni gekauft. Auf jeden Fall haben seine Nachkommen dann dafür gesorgt, dass er auch ein Memorial erhält. Dieses wurde 1925 im gotischen Stil erbaut und beherbergt heute den großen Glockenturm, die Bibliothek und vor allem die juristische Fakultät.

Die Halle des Wills Memorial Building der Universität Bristol. Das Dach wurde im zweiten Weltkrieg zerstört kurz bevor Winston Churchill als Kanzler der Universität die Absolventen des Jahrgangs in der Halle ehren sollte.
Die Halle des Wills Memorial Building der Universität Bristol. Das Dach wurde im zweiten Weltkrieg zerstört kurz bevor Winston Churchill als Kanzler der Universität die Absolventen des Jahrgangs in der Halle ehren sollte.

Vom Dach des Turmes hat man einen wunderbaren Blick über die Stadt und wenn zur vollen Stunde die sehr große Glocke namens Great George läutet, kann man diese  vor allem spüren.

Die Bibliothek im Wills Memorial Building der Universität Bristol
Die Bibliothek im Wills Memorial Building der Universität Bristol

Am Abend findet wie immer die traditionelle Party mit den typisch britisch humoristischen Einlagen, guter Stimmung und guten Gesprächen statt.

Fazit unserer Englandreise

Unsere Rückkehr aus England ist nun fast einen Monat her. Viel hat sich dort seitdem verändert: Vier Tage nach unserer Rückkehr hatte Großbritannien eine neue Premierministerin, weitere zwei Tage später einen neuen König. Auch wenn wir nicht mehr ganz taufrisch sind, aber unser gesamtes Leben war Elizabeth II die Queen. So fühlt sich dieser Wechsel auch für uns seltsam an und wir hatten viel Mitgefühl mit unseren britischen Freunden.

Was wohl aus der Pappqueen geworden ist, die wir in London scherzhaft begrüßt hatten?
Was wohl aus der Pappqueen geworden ist, die wir in London scherzhaft begrüßt hatten?

Unterwegs ist uns immer wieder aufgefallen, wie wichtig sie insbesondere bei den ehrenamtlichen Organisationen war. Wo immer sie zu Besuch gewesen war, wie z.B. bei den Seenotrettern in Tynemouth oder beim Vindolanda Trust, hingen entsprechende Bilder an der Wand und wurden ganz offensichtlich in Ehren gehalten. Auch bei uns ist natürlich der Besuch des Bundespräsidenten ein Ereignis, aber entweder kommen die Bundespräsidenten nicht so weit rum oder es gerät schnell wieder in Vergessenheit. Jedenfalls ist uns solch eine Verbundenheit in Deutschland noch nirgendwo aufgefallen.

Die Tour

Unser Hotel in Tynemouth im Nebel
Unser Hotel in Tynemouth im Nebel

Angekommen sind wir in Tynemouth, das uns gleich so gut gefiel, dass wir zwei Tage länger geblieben sind.

Das Hauptziel der Reise war der Hadrians Wall, der sich länger als gedacht erwies, da die eigentliche Mauer noch durch Forts an beiden Enden entlang der Küste verlängert wird. So gibt es bereits südlich von Tynemouth in South Shields ein römisches Fort. Das haben wir erst später erfahren und auch das Museum of the Great North in Newcastle haben wir schlicht übersehen. Es gibt also gute Gründe wiederzukommen.

Der Blick aus dem temporär errichteten Tor zeigt, wie sich der Hadrianswall scheinbar schwerelos die Hügel entlang schwingt
Der Blick aus dem temporär errichteten Tor zeigt, wie sich der Hadrianswall scheinbar schwerelos die Hügel entlang schwingt

Wir hätten auch nicht gedacht, dass wir so viel Zeit am Hadrians Wall verbringen würden und dass es so viel zu sehen geben würde. Alle weiteren Ziele haben wir demzufolge entweder ausgelassen oder im Schnelldurchgang erledigt.

Auf dem Weg von Carlisle Richtung Süden haben wir einen Bogen um die großen Städte gemacht, da dies unseren Zeitrahmen gesprengt hätte. Für Städte wie Liverpool, Manchester oder Birmingham sollte man sich etwas Zeit nehmen. Das gleiche gilt für eine Tour durch Schottland, das wir ganz einfach rechts liegen gelassen haben.

Verkehrsmittel

Entspanntes Leben an Deck
Entspanntes Leben an Deck

Die Idee, mit der Bahn nach Amsterdam und von dort mit der Fähre nach Newcastel zu fahren, war klasse. Der Service an Bord der DFDS-Fähre nach Newcastel und der Shuttlebus waren super. Das werden wir das nächste Mal z.B. bei einer Schottland Runde wieder so machen, nur nicht wieder mit dem Auto über London zurück. Autofahren in London ist schwierig und wegen der Maut teuer. Besser wäre es, mit der Fähre auch wieder zurück zu fahren. Am Hadrians Wall gibt es eine eigene Buslinie, wer also sich nur dort aufhalten möchte, kann dies völlig ohne Auto machen.

Wenn wir uns den Ort so anschauen, können wir uns gut vorstellen, wo die fehlenden Teile der Mauer geblieben sind. Die kleine Knutschkugel in der Mitte ist übrigens unserer Mietwagen.
Wenn wir uns den Ort so anschauen, können wir uns gut vorstellen, wo die fehlenden Teile der Mauer geblieben sind. Die kleine Knutschkugel in der Mitte ist übrigens unserer Mietwagen.

Das Auto, ein Fiat 500, war völlig ausreichend und auf den engen Nebenstraßen gut. Das nächste Mal würden wir aber einen Wagen mit Automatik buchen, da die Kombination aus Linksverkehr und links Schalten vor allem in den vielen Kreiseln eine Herausforderung war. Als Deutscher muss man sich zudem daran gewöhnen, das Maut und Parkgebühren über Kennzeichenerfassung mit Kamera abgerechnet werden. Der Bezahlvorgang ist über Internet meist etwas gewöhnungsbedürftig.

Von der Firma Europcar können wir nach mehreren negativen Erfahrungen nur abraten. Die Mietstationen sind nicht besetzt, das Fahrzeug hat Mängel und obwohl es an der Abgabestation liegt, dass das Fahrzeug erst einen Tag später zurück gebucht wird, bucht Europcar noch einen extra Tag von der Kreditkarte, obwohl vorher telefonisch bestätigt wurde, dass alles OK sei.

Die Fahrt mit dem Eurostar funktioniert und ist unspektakulär. Wenn es sich anbietet, kann man es als Alternative zum Flugzeug nutzen, aber es ist kein Highlight. Die Fahrt mit der Fähre war schöner.

Unterbringung

Unsere Unterkunft in Humshaugh
Unsere Unterkunft in Humshaugh

Wir haben in Hotels, Pubs mit Gästezimmern und „Bed and Breakfast“ übernachtet. Die Qualität war sehr unterschiedlich. Im Großen und Ganzen sind wir bis auf Blackpool wegen des Bankholiday überall gut untergekommen, obwohl wir nicht viel vorgeplant und gebucht hatten.

Herausragend waren ganz klar das Grand Hotel in Tynemouth, das B&B in Haltwistle, das Kings Arms Hotel in Lytham und das Harlingford Hotel in London.

Wirtschaft

Wir wurden in England damit empfangen, dass die alten Pfund Noten nicht mehr galten und die Engländer scherzten selbst darüber, dass man nur noch mit Plastik bezahlen würde. Dies um so mehr als Bargeld völlig aus der Mode gekommen ist. Selbst ein Bier im Pub an der Theke wird mit Karte durch Auflegen auf das Kartenlesegerät bezahlt.

Jeder Tag braucht ein Schaf
Jeder Tag braucht ein Schaf

In der Landschaft fiel uns auf, dass es wenig Wald, wenig Ackerwirtschaft und viel Weidewirtschaft gibt. Wir haben dann einmal in Statistiken nachgeschaut. In Deutschland kommen 2 Schafe auf 100 Einwohner, aber in Großbritannien 48 Schafe auf 100 Einwohner – bitte nicht missverstehen!

Die Auswirkungen des Brexit haben wir natürlich an der Grenze erfahren. Was das für die Briten und die Wirtschaft bedeutet, wollen wir hier nicht erörtern. Wir sind allerdings der Meinung, dass Großbritannien zu Europa und in die EU gehört.

Heimfahrt

Heute geht es wieder Richtung  „Continent“. Es ist schon merkwürdig, aber so reden die Briten nach wie vor, wenn es über den englischen Kanal geht und gerade nach dem Brexit bekommt dies eine ganz eigene Bedeutung.

Eurostar Zug im Bahnhof St. Pancras
Eurostar Zug im Bahnhof St. Pancras

Wir packen nach dem Frühstück erst einmal unsere Sachen und gehen zu Fuß zum Bahnhof St. Pancras. Wir wissen ja bereits, wo wir hin müssen und dass das Prozedere eher dem Einchecken wie auf dem Flughafen ähnelt als dem Besteigen eines Zuges am Bahnhof.

Wir sind viel zu früh da und durch die Sicherheitskontrolle. Deshalb verbringen wir einige Zeit im total überfüllten Wartebereich. Etwa 15 Minuten vor Abfahrt dürfen wir in den Eurostar nach Amsterdam einsteigen.

Wir verlassen den Bahnhof St. Pancras. Viele sind bereits in ihre Lektüre vertieft.
Wir verlassen den Bahnhof St. Pancras. Viele sind bereits in ihre Lektüre vertieft.

Der Eurostar verlässt London größtenteils  im Tunnel oder in Canyon Trassen. Man bekommt nur ganz wenig von London und der Landschaft Richtung Kanal mit. Den Übergang in den Kanaltunnel bekommen wir gar nicht mit, da wir uns mittlerweile schon in andere Beschäftigungen vertieft hatten.

Einer der selten Blicke auf London aus dem Eurostar
Einer der selten Blicke auf London aus dem Eurostar

Plötzlich weiter Blick mit einem Stacheldrahtzaun zu beiden Seiten der Bahnstrecke und die Autos bzw. LKW fahren auf der rechten Fahrbahnseite. Wir sind bei Calais aus dem Tunnel heraus. Die Überquerung des Kanals in einem Tunnel hatten wir uns etwas dramatischer vorgestellt, aber vielleicht ist es für manchen Passagier besser, wenn die Vorstellung, dass über den Köpfen fast hundert Meter Wasser und Gestein sind, nicht in die Köpfe kommt.

Übrigens gab es die ersten Gedanken zu einem Kanaltunnel schon 1751: Der französische Physiker, Geologe und Geograf Nicolas Desmarest schlug in seiner Dissertation vor, eine Tunnelverbindung zwischen Dover und Calais einzurichten. Die Strecke sollte etwas weiter westlich verlaufen als der heutige Tunnel. Die Sandbank in der Mitte sollte aufgeschüttet werden, damit die Pferde, die die Kutschen ziehen, dort grasen könnten.  Er erhielt dafür 1753 den Preis der Wissenschaftsakademie von Amiens, aber leider wurde der Vorschlag keine Realität, aber es gab auch im folgenden Jahrhundert mehrere Entwürfe für einen Tunnel. Erst 1993 fuhr dann der erste Testzug durch den heutigen Tunnel – 242 Jahre (8 Ingenieur-Generationen) nach der ersten Idee!

In Brüssel haben wir einen ungeplant längeren Aufenthalt, da man im Zug Taschendiebe ertappt hat und diese an die Brüsseler Polizei übergeben werden. Nach einiger Zeit geht es weiter und der Zug erreicht trotzdem pünktlich Amsterdam.

Wir gönnen uns im Bahnhof bei einem mexikanischen Imbiss ein Mittagessen. Auch hier kann man nicht mit Bargeld bezahlen, aber das kennen wir bereits aus England. Der Zug nach Hannover ist dann unspektakulär und fast pünktlich. Surreal ist nur ein Vorgang an der deutschen Grenze. Ganz früher musste man hier Papiere vorzeigen oder Untersuchungen wegen Drogen über sich ergehen lassen. Heute kommt eine Durchsage, dass man nun die Grenze überfahre und nach deutschem Gesetz dazu verpflichtet sei, in der Bahn eine Maske zu tragen. Also müssen wir alle plötzlich wieder eine Maske aufsetzen. Die Passagiere des Zuges nehmen es mit Gelassenheit und Humor.

Jenseits des River Thames

Florence Nightingale "the lady with the lamp", hier dargestellt mit einer Öllampe, wie sie nächtliche Rundgänge im Krankenhaus/Lazaret macht. Die Lampe war aber laut Museum eher von einer anderen Bauart.
Florence Nightingale „the lady with the lamp“, hier dargestellt mit einer Öllampe, wie sie nächtliche Rundgänge im Krankenhaus/Lazaret macht. Die Lampe war aber laut Museum eher von einer anderen Bauart.

Als an Statistik Interessierte besuchen wir heute das Florence Nightingale Museum, das sich im St. Thomas Krankenhaus befindet. Florence Nightingale war eine Frau aus der gehobenen englischen Mittelschicht der victorianischen Zeit, die entgegen allen Gepflogenheiten ihr Leben der  Krankenpflege verschrieben hat. Dabei hat sie die Krankenpflege auf neue systematische Beine gestellt und zur Untermauerung ihrer Erkenntnisse aus der praktischen Arbeit statistische Daten in geeigneter graphischer Form dargestellt.

Florence Nightingales Medzinkasten, den sie vorsichtshalber aus England mit auf die Krim genommen hatte
Florence Nightingales Medzinkasten, den sie vorsichtshalber aus England mit auf die Krim genommen hatte

Dies war in damaliger Zeit neu und hat ihr geholfen, Zusammenhänge zu erklären und Maßnahmen durchzusetzen. Ihren großen Einsatz hatte sie im Krieg auf der Krim 1853 – 1856, wo sie mit einer Gruppe von Krankenschwestern erst einmal die Hospitäler umorganisierte und Hygiene einführte und damit drastisch die Sterblichkeit der verwundeten Soldaten reduzierte.

Neugieriges Eichhörnchen im Park des Erzbischofs von Canterbury
Neugieriges Eichhörnchen im Park des Erzbischofs von Canterbury

Die Erkenntnisse wurden später auch in zivilen Krankenhäusern in Großbritannien genutzt. Unterstützt wurde sie dabei von Politikern, mit denen sie gut vernetzt war und durch die Öffentlichkeit, organisiert von der Zeitung The Times. In der Zeit wurden viele Gelder für die Verbesserung der Krankenpflege gesammelt. Auf jeden Fall war sie mehr als nur eine einfache Krankenpflegerin, als die sie gerne dargestellt wird.

Im Café des Gartenmuseums
Im Café des Gartenmuseums

Durch den Park des Erzbischofs von Canterbury gehen wir zum Garten-Museum, wo wir uns einen Tee und einen riesigen Ingwer-Keks genehmigen. Den Besuch des Museums schenken wir uns, da 14 Pfund pro Person für dieses kleine Museum dann doch etwas reichlich sind.

Stattdessen bummeln wir wieder am Ufer der Thames entlang in Richtung Waterloo Station. Dabei kommen wir an der COVID-19 Memorial Wand gegenüber von Westminster und den touristischen Attraktionen wie Dungeons, Sea Life und dem großen Riesenrad London Eye vorbei, das uns aber nicht zur Mitfahrt reizt. Statt dessen gehen wir durch einen Tunnel unter den Gleisen voll mit Graffitis (The Leake Street Arches). Überwältigende Street Art.

Auf unserem Weg zum Florence Nightingale Museum hatten wir in der Lower Marsh Street einen Fresh Food Market gesehen. Leider werden die Stände bereits wieder abgebaut, aber in einem angrenzenden Restaurant bekommen wir ein jeweils gutes Stück Fisch und einen frischen Salat.

Schattenspiele in der Hayward Gallery
Schattenspiele in der Hayward Gallery

Nach diesem tollen Essen gehen wir zur Hayward Gallery in eine Ausstellung von Künstlern mit afrikanischen Wurzeln, die sich in ihren Arbeiten mit afrikanischen Mythen und ihren Wurzeln beschäftigt haben. Eine interessante Ausstellung!

Abends im Bus auf dem Heimweg
Abends im Bus auf dem Heimweg

Danach haben wir uns beide ein Cider am Ufer der Thames verdient und können Leute und die Skateboarder beobachten. Innerlich nehmen wir nun Abschied von London und genießen den Abend. Zurück zu unserem Hotel geht es dann wieder mit der Linie 68 durch den abendlichen immer noch dichten Verkehr.