Archiv der Kategorie: Bristol 2011

Fahrt mit dem Wirtschaftskreis Hannover nach Bristol im August 2011

Weston Super Mare Grand Pier

Heute morgen steht der vorletzte Programmpunkt an: Nach Weston Super Mare zum Grand Pier. In Weston Super Mare war ich schon einmal 1982 als Schülerin. An ein Pier, geschweige denn einen Strand, kann ich mich nicht erinnern.  Was ist an einer Seebrücke nun so besonderes? Bei uns in Deutschland halten dort tagsüber die Ausflugsdampfer und nachts sitzen dort die Angler. Ansonsten kann man das Meer anschauen ohne gleich Sand in den Schuhen zu haben. Jugendliche springen bei entsprechendem Wetter gern von dort ins Wasser und man kann von oben die Quallen besser sehen. Und sonst? Ach ja, in Grömitz gibt es eine Tauchgondel und Heiligenhafen baut gerade eine neue Seebrücke. Die in Niendorf ist im letzten Winter davon geschwommen und da sie wohl keiner braucht, ist sie nur noch halb so lang wie vorher. Also, was soll an einer Seebrücke schon besonderes sein?

Im Eingang zur Grand Pier

Aus den USA kennen wir auch Seebrücken mit Fischrestaurants, Fischgeschäften und Serviceeinrichtungen für Angler.

Hier in Weston Super Mare beginnt die Überraschung schon am Eingang. Die Seebrücke öffnet erst um 10 Uhr. Wir sind früher da, denn wir bekommen eine Führung. Immerhin ist der Eintritt frei, aber auf den ersten Metern ist das Meer und der Strand nicht zu sehen: rechts und links Imbissbuden und Andenkenläden. Darüber wehen bunte Wimpel. Über die lange Brücke geht es zu einem großen Gebäude am Ende der Brücke. In der Mitte ist ein geschützter Gang, so dass sich hier niemand Wind und Wetter aussetzen muss.

Japanischer Servicetechniker bei der Arbeit

Im Gebäude dann die nächste Überraschung: Wir stehen in einem Vergnügungspark. Wozu man den auf eine Seebrücke baut, hat sich mir nicht erschlossen, an Land wäre das sicher billiger, aber vielleicht ist bei uns das Wetter einfach besser, zumindest an der Ostsee. An der Nordsee fallen mir keine Seebrücken ein.

Rings um uns herum stehen Automaten, in die man Geld wirft, in der Hoffnung durch viel Geschicklichkeit eine billige Plüschfigur oder ähnliches Made in China zu erhaschen. Besucher sind noch keine unterwegs, aber japanische Servicetechniker warten eine neue Maschine und britische Servicetechniker schleppen Münzen in großen Eimern davon.

Münzen in Eimern

Aber das ist längst nicht alles: Wir werden von einer jungen Frau begrüßt, die uns das komplette Gebäude zeigt. Sie ist hier die Chefin. Zusammen mit ihrem Bruder hat sie dies alles aufgebaut. Als sie die Pier vor ein paar Jahren kauften, stand auf ihr ein denkmalgeschütztes Gebäude, das bereits einen Vergnügungspark beinhaltete.  2008 brannte das Gebäude nieder und so konnten sie unbeschwert von Denkmalschutzauflagen ein Gebäude bauen, das all ihre Wünsche erfüllte. Auch für die Besucher bleiben nicht nur Daddelautomaten, sondern Bars, Cafés, verschiedene Veranstaltungsräume, ein 4D-Kino, Auto-Scooter, und und und.  Wer will, kann auch den großen Saal mieten.  Dann werden alle Automaten mal eben rausgeschoben. Sie erzählt ganz locker von den Millionen, die hier investiert wurden und wie sie ihre Vorstellungen gegenüber Architekten und Baufirmen durchgesetzt haben.

Ein Industrieroboter im Vergnügungspark

Wir sehen einen Film in 4D (Wasserspritzer, Rütteln, Nebel und Seifenblasen inklusive), besuchen die Überwachungszentrale, das Münzlager, die großen Säle, probieren das Café  und zwei von uns haben das zweifelhafte Vergnügen, sich von einem Industrieroboter durch die Luft katapultieren zu lassen. Wir sind schwer beeindruckt, insbesondere von dem Mut, solche Summen zu investieren und so sicher zu sein, dass das Spiel aufgeht, dass die Leute ohne Eintritt in ausreichender Zahl auf die Pier strömen, um dann ihr Kleingeld bei all den Vergnügungen zu lassen. Als wir die Pier verlassen, ist 10 Uhr längst vorbei und dass die Besucher nun in Strömen auf die Pier drängen, ist nicht zu übersehen.

Der Eingang zur Grand Pier nach 10 Uhr

Anschließend endet dieser kurzweilige Besuch in Bristol für uns mit einem gemeinsamen Mittagessen in einem Restaurant auf dem Weg zum Flughafen.

Die Toga Party

Klaus mit Papagei bei der Anprobe

Heute abend ist nun der große Moment gekommen. Die letzten Tage haben wir schon ausgetauscht, was die einzelnen so planen für die Toga-Party. Wir haben beispielsweise gelernt, dass zu einer echt britischen Toga-Party die Herren mit Socken in den Sandalen kommen! Für unser Outfit ist heute nachmittag noch ein Detail hinzugekommen: In Burnham-on-Sea haben wir einen Plüschpapagei gekauft, der wird nun mit Sicherheitsnadeln auf Klaus‘ Schulter befestigt und ich leihe ihm meine Stimme, wenn ich nicht gerade über den Anblick grinsen muss. Etwas schwierig ist es, ihn so zu positionieren, dass er in einer realistisch wirkenden Position auf der Schulter sitzt. Aber das bekommen wir schließlich auch noch hin.

Vor dem Spiegel im Flur ist großer Andrang bis wir nun alle mit unserem Outfit zufrieden sind, dauert es ein wenig. Unsere Gastgeber haben ganz klassischen Bettlaken verwendet, aber beschlossen in hellblau zu gehen, statt in weiß.

Auf dem Weg zur Party

Der schwierigste Moment ist das Haus zu verlassen.  Sieht uns hier jemand auf dem Weg zum Auto? Unterwegs fallen wir niemandem auf, trotz Papagei.

Die Bettlakenfraktion von hinten

Die Party findet im Privathaus eines unserer Gastgeber statt. Schon auf der Straße treffen wir die ersten „Römer“. Empfangen werden wir mit großem Hallo und nun können wir auch endlich das Outfit der anderen bewundern. Es ist interessant, wie viele Lösungen es gibt. Drei weitere Gäste haben sich meinem Ansatz angeschlossen und Reisemitbringsel angezogen. Das reicht von Marokko über Ägypten bis zu meinem indischen Sari. Etliche haben im Internet entsprechende Faschingskostüme geordert. Das Ergebnis sind jedoch keine gewickelten Togas, sondern eher schief geschnittene halb durchsichtige Kleidchen. Ein Paar hat sich gerade neue Gardinen zugelegt und lässt nun noch einmal die alten Gardinen als Togas zu Ehren kommen. Der Gastgeber hat den britischen Ansatz gewählt und sich in seien Landesfarben gehüllt und trägt dazu natürlich Socken in den Sandalen. Da fällt mir ein, dass ich auch noch eine hannöversche Flagge besitze…

Alte Gardinen und Reiseandenken einer Nilkreuzfahrt als Togas

Bettlaken gibt es auch mehrere, aber auch meterlange dünne Futterstoffe und natürlich viele Lorbeerkränze. Einmal abgesehen von den Kostümen vergeht der Abend mit einem Buffet, lustigen Reden gegenseitiges Beschenken und einladen, sowie natürlich vielen Gesprächen.

Die SS Great Britain

Der heutige Nachmittag steht zur freien Verfügung. Wir haben die Auswahl, uns der Besichtigung eines alten Gutshauses anzuschließen oder etwas eigenes zu tun. Wir beschließen, dass wir die SS Great Britain noch einmal besuchen wollen, die wir vor ein paar Jahren schon einmal besichtigt hatten. Sie wurde vom legendären Brunel gebaut, der auch die Hängebrücke über die Avon Schlucht gebaut hat.

Das nachgebaute Ruder und der nachgebaute Propeller der SS Great Britain

Das Besondere an dem Schiff ist, dass es zum einen das erste Stahlschiff war, welches für Atlantiküberquerungen gebaut wurde. Zum anderen hatte es als erstes derartiges Schiff eine Propellerschraube als Antrieb statt des bis dahin üblichen Schaufelrads und es hatte ein balanciertes Ruder. Mit einer Länge von 98 Metern war es zudem im Jahr der Fertigstellung 1845 das größte existierende Schiff. Für die Atlantiküberquerung erreichte es damals eine neue Rekordzeit.

Das wunderschön erneuerte Heck

Bei der Taufe ging so einiges schief und das schien sich im Laufe der Zeit fortzusetzen. Es wurde mehrfach repariert und überarbeitet, bevor es 1886 außer Dienst gestellt wurde und anschließend 50 Jahre lang auf den Falkland-Inseln als schwimmendes Lagerhaus diente. 1937 endete auch diese Phase und man versuchte das Schiff in einer Bucht zu versenken und es dort verrotten zu lassen.

Unter Deck

30 Jahre später war davon jedoch noch genügend über, um einige Leute auf die Idee kommen zu lassen, dieses historische Schiff nach Bristol an seinen Bauort zurückzuholen. Dies passierte dann tatsächlich in einer sehr spektakulären deutsch-englischen Gemeinschaftsaktion zusammen mit der Firma Harms Bergung.  Die BBC hat darüber einen sehr sehenswerten Film gedreht. Die SS Great Britain liegt nun in ihrem ehemaligen Dock auf dem Trockenen.

Eine Nachbildung der Kombüse

Dort ist ein Museum entstanden. Das Schiff selbst wurde in einen Zustand versetzt, der einerseits am Unterwasserschiff den Verfallszustand zeigt, andererseits das Deck und das Innere im Zustand nach dem Bau zeigt, als es für Atlantiküberquerungen genutzt wurde. In vielen liebevollen Details ist das Leben an Bord eines solchen Schiffes vor 150 Jahren nachempfunden, so dass es wie eine Zeitreise für die Besucher ist. Wir verbringen viel Zeit damit, alles anzuschauen und uns vorzustellen, wie es wohl an Bord gewesen sein mag. Um das Schiff herum wurde eine Glasdecke auf Höhe des Wasserspiegels eingezogen, so dass es so aussehen soll, wie die Wasseroberfläche. Darunter kämpfen Belüftungs- und Entwässerungsanlagen darum, dass Unterwasserschiff trocken zu halten.

Cider Verkostung

Cider wird aus verschiedenen Fässern im Glas nach Wunsch für uns gemischt

Für den heutigen Vormittag steht der Besuch einer Cider Farm auf dem Programm. Einige kommen gleich zünftig in Wanderschuhen oder Gummistiefeln. Wir haben so etwas nicht dabei, brauchen es aber auch nicht, denn statt einer Besichtigung, ist es eher eine Cider Verkostung. Wir nippen vorsichtig an unseren Gläsern. So früh am Tag schon Alkohol ist nicht so ganz unser Ding, wir haben schließlich noch einiges vor. Glücklicherweise erweist sich der Cider als frei von Nebenwirkungen und wir essen kräftig Cracker mit Cheddar und Stilton, um ihn zu verdünnen.

 

Der Somerset Wobble im Selbstversuch

Das nächste Event heisst Somerset Wobble und führt uns auf einen Parkplatz, auf dem gerade ein Flohmarkt statfindet. Darum geht’s aber gar nicht. Wir befinden uns hier auf einem sehr torfigen Untergrund, was sich auch durchaus spüren laesst. Zur Demonstration werden wir in zwei Gruppen eingeteilt und dürfen auf Kommando gemeinsam in die Luft springen. Die andere Gruppe darf den Effekt spüren. Für einen außen stehenden Betrachter sieht es aus wie ein sehr merkwürdiges Ritual…

Burnham-on-Sea

Anschließend dürfen wir uns in einem Pub von den Anstrengungen des Vormittags erholen. Leider sticht mich dort eine Wespe in die Fingerspitze, was sehr schmerzhaft ist.  Auf der Suche nach einer geöffneten Apotheke gelangen wir nach Burnham-on-Sea und werfen noch einen kurzen Blick auf das abwesende Meer, bevor es wieder zurück nach Bristol in die Zivilisation geht.