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Die Kathedrale von Málaga

Nachdem wir bereits an Weihnachten einmal kurz in der Kathedrale waren, wollen wir sie heute noch einmal genauer unter die Lupe nehmen. Heute müssen wir auch Eintritt bezahlen. Allerdings kostet die Unterhaltung von so einem Gemäuer auch eine Menge Geld.
Blick unter die Decke der Kathedrale
Blick unter die Decke der Kathedrale

Schon der erste Eindruck war erdrückend gewesen. Was in dieser Kathedrale an Altären und Kunstschätzen steht, reicht für mindestens 4-6 Kirchen, um sie ordentlich auszustatten. In jeder Nische findet sich eine neue Zusammenstellung, die manch eine kleine Kirche vor Neid erblassen lassen würde. In dieser Menge wirkt der Überfluss bereits erschlagend.

Detail aus einem der vielen Altäre (Pedro de Mena, 17.Jh)
Detail aus einem der vielen Altäre (Pedro de Mena, 17.Jh)

Beim Betrachten fällt auf, wie stark die katholische Kirche die Opfer-Rolle und das Martyrium verehrt. Ein unwissender Betrachter muss eigentlich einen sehr merkwürdigen Eindruck von der westlichen Kultur bekommen.

Interessanter Sarkophag
Interessanter Sarkophag

In der Kathedrale gibt es auch etliche Besucher aus China. Es reizt mich, diese anzusprechen und nach deren Eindruck zu befragen. Ich lasse es aber dann doch sein.  Nach etwa 1,5 Stunden signalisiert mein Gehirn ‚Kirchen-Kultur-Overflow TüT-TüT-TüT‘. Es wird Zeit, dass wir aus der Kirche kommen.

In der Kathedrale
In der Kathedrale

Zur Ablenkung gehen wir in ein Café in einer Seitenstraße, in dem ein wunderbarer Spruch auf italienisch an der Wand hängt. Frei übersetzt:

‚Man muss kräftig träumen, um sich vom Leben nicht unterkriegen zu lassen‘.
Im Aula del Mar
Im Aula del Mar

Das ist jetzt genau der richtige Spruch. Als Ausgleich zur Kathedrale wollen wir nun eine Meereskundliche Ausstellung besuchen, die es hier in Málaga geben soll, nur das Finden ist nicht so einfach. Reiseführer und Internet sind sich über den Ort nicht ganz einig. Am Ende hilft nur die Nachfrage in der Touristen-Info. Sie befindet sich am neuen Kreuzfahrer-Terminal. Keine Angst, hat nichts mit den Kreuzrittern, sondern nur mit einer neuen Mode von schwimmenden Bettenburgen zu tun, die immer häufiger Hafenstädte heimsuchen.

Meeresschildkröte im Aula del Mar
Meeresschildkröte im Aula del Mar

Am Eingang stehen wir zusammen mit einer begeistert lärmenden Kinderschar, die sich nicht nur auf eine Ausstellung sondern auch auf Kuchen freuen. Es sieht nach einem Kindergeburtstag aus. Die Ausstellung ist zwar klein, aber so gut gemacht, dass alle auf ihre Kosten kommen, inclusive zweier Meeresschildkröten, die man 2013 als frisch geschlüpfte Jungtiere in der Bucht von Almeria gefunden hat und die demnächst ausgewildert werden sollen. Hoffentlich werden sie Menschen gegenüber noch etwas scheuer, denn jetzt schwimmen sie sofort auf die lärmenden Kinder zu. Dies kann für sie in freier Wildbahn gefährlich werden.

Schöner Blick vom Meeresmuseum auf die Müelle 1
Schöner Blick vom Meeresmuseum auf die Müelle 1

Da die Essengewohnheiten in Spanien einen Lokalbesuch vor 20:30 Uhr wenig erfolgversprechend aussehen lassen, begeben wir uns noch einmal in ein Einkaufszentrum jenseits der Innenstadt. Vielleicht finden wir ja doch noch einige Musik-CDs. Das Zentrum erweist sich aber genauso langweilig, wie Einkaufszentren in Deutschland und CDs gibt es dort auch nicht. Auf dem Weg zurück in die Stadt stolpern wir dann doch noch über einen FNAC. Wer bereits in Frankreich war, weiß, was das ist. Nun gibt es doch noch einige Scheiben lokaler Musik für uns als Andenken.

Santiago de Compostela

Um kurz vor halb zwölf hebt der Flieger mit uns in Hannover ab. Es ist kalt, nach einem Regenschauer scheint zwar die Sonne, aber von oben sind auf der Wolkenschicht viele Türmchen zu erkennen. Etwas über zwei Stunden später landen wir in Palma de Mallorca. Von oben sieht das Land bis auf ein paar schroffe Hügel dicht besiedelt aus, dazwischen Felder, Weinberge und historische Windmühlen. Es ist warm, wir ziehen die Pullover hier wieder aus. Nach kurzem Aufenthalt geht es weiter nach Santiago de Compostela. Unterwegs vertiefen wir noch ein wenig unsere dürftigen Spanischkenntnisse.

Von oben sieht Galicien aus, wie deutsche Mittelgebirgslandschaft, nur die Wege über die Berge sehen anders aus. Hier ist es angenehm temperiert und es riecht nach frischer Seeluft. Die Möwen schreien, das Wasser kann nicht weit sein. Mit dem Mietwagen machen wir uns auf den Weg, unser Hotel in der Innenstadt zu finden, was gar nicht so einfach ist, aber irgendwann stehen wir plötzlich davor. Jetzt bleibt nur noch die Frage, wo wir unser Auto lassen? Man macht uns wenig Hoffnung, es in direkter Nachbarschaft des Hotels parken zu können. Wir suchen nicht lange und fahren es in ein Parkhaus. Von dort gehen wir weiter, die Stadt erkunden. Schnell geraten wir auf den Pilgerweg und lassen uns mit Richtung Kathedrale treiben. Wir haben Lust auf ein Eis, aber die Preise verschlagen uns den Appetit und sie nehmen noch zu, je näher wir der Kathedrale kommen.

Eine Polizistin ordnet den Strom der Pilger
Eine Polizistin ordnet den Strom der Pilger

An der Kathedrale schauen wir uns das Treiben an. Eine Gruppe behinderter Pilger trifft ein und ist so glücklich über das Erreichte, dass sie uns mit ihren Erfolgsmeldungen bedenken. Wir freuen uns mit ihnen. Vor dem Eingang stehen die Pilger in langen Schlangen und die Polizei sorgt für Ordnung. Die Kathedrale selbst ist anders als alles, was wir bisher gesehen haben. Die Steine sind bewachsen mit Flechten und sind dadurch teilweise gelblich, es wachsen auch viele Pflanzen in der Fassade. Man merkt, dass die Luft hier feucht ist. Es erinnert uns ein wenig an Irland. Der Baustil ist jedoch ein ganz anderer. Es ist zwar grauer Granit, aber mit vielen Verzierungen.

Anschließend erkunden wir die Stadt, stärken uns bei einer Tasse Schokolade, die ihrem Namen alle Ehre macht (löffeln geht besser als trinken) und etwas Kuchen. Uns faszinieren die Haushaltsgeschäfte und die Schuhgeschäfte in der Stadt. Glücklicherweise ist morgen Sonntag und die Läden haben zu.

Zwei Hunde vor einer Bar
Zwei Hunde vor einer Bar

Wir bekommen Hunger, aber Essen gibt es in den Restaurants erst spät Abends und zur Feier des Tages wollen wir richtig Essen gehen. Wir müssen also durchhalten. Im Hotel ziehen wir uns erst einmal wärmer an, mit der untergehenden Sonne wird es kühler. Wir landen schließlich in einem Meeresfrüchterestaurant mit großen Aquarien im Eingang. Die Kochfischplatte, die wir bestellen wirft uns jedoch nicht um. Gestärkt erkunden wir noch die Stadt bei Nacht. Es ist viel los, die Stimmung ist fröhlich. An der Kathedrale spielt eine Musikgruppe, viele Leute tanzen zur Musik. Insgesamt bereuen wir nicht, hierher gekommen zu sein, aber morgen soll es weiter gehen. Wir wollen nach Süden fahren und etwas von der Landschaft sehen.

Wer vor uns schon in Galicien war

Die letzten Wochen habe ich neben dem Reiseführer auch den Bücherschrank und Wikipedia nach der Geschichte Galiciens befragt. Festzustellen ist, dass wir nicht die ersten Besucher sein werden. Bereits um 25000 v. Chr. gab es die ersten Bewohner und seitdem waren schon da:

Die Kelten

Sie kamen zwischen 1000 und 700 v. Chr. in mehreren Gruppen,  blieben, vermischten sich mit der einheimischen Bevölkerung und brachten auch gleich den Namen mit. Während sich um den Süden Spaniens Hannibal mit den Römern stritt, blieben die Kelten unter sich.

Die Römer

135 v. Chr. kamen jedoch die Römer auch nach Galicien und fanden es so gut, dass sie 60 v. Chr. dort die römische Provinz Gallaecia gründeten. Zuvor müssen sie jedoch noch Streit mit den Kelten gehabt haben, denn es heißt, dass diese kriegstüchtige Gegner waren.

Die Römer ließen der Region wohl im Anschluss viel Eigenständigkeit, brachten jedoch im Laufe der Zeit das Christentum nach Galicien.

Die Sueben

Ende 406 n. Chr. überquerten die Sueben zusammen mit einigen anderen Volksstämmen den Rhein bei Mainz, marschierten zügig nach Südwesten und waren keine drei Jahre später auf der iberischen Halbinsel angekommen. Anscheinend gefiel es auch ihnen ganz gut und sie verlosten zusammen mit den anderen Stämmen die Halbinsel unter sich. Die Sueben zogen das Los für Galicien. Ob sie sich gefreut haben, wissen wir nicht. Die einheimische Bevölkerung muss wohl nicht immer einverstanden gewesen sein, denn es gab auch Gruppen, die nicht von den Sueben beherrscht wurden.

Die Westgoten

Nicht nur die Sueben hatten Spanien als Reiseziel entdeckt, auch die Westgoten zog es dorthin. Sie waren bereits seit 200 Jahren über Griechenland und Italien um das halbe Mittelmeer gelaufen und hatten sich nicht überall beliebt gemacht. Auch untereinander waren sie sich nicht immer grün. Die Sueben dachten: „Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte“ und versuchten einzugreifen. Dies ging jedoch gründlich schief, denn 585 n. Chr. unterwarfen die Westgoten die Sueben und übernahmen Galicien.

Die Mauren

711 fingen die Mauren an, die iberische Halbinsel zu erobern, aber nach Galicien kamen in den folgenden Jahrzehnten nur einzelne mehr oder weniger friedliche Reisende.

Die Pilger

Nachdem man glaubte, in Santiago de Compostela die Gebeine des Apostel Jakobus gefunden zu haben, machten sich in den folgenden Jahrhunderten viele Pilger aus ganz Europa auf den Weg nach Galicien.

Sir Francis Drake & Co.

Ende des 16. Jahrhunderts lagen Spanien und England im Clinch miteinander. Jedes Land versuchte sich wirtschaftlich in der Welt einen möglichst großen Teil zu sichern. Gleichzeitig war Spanien streng katholisch und England hatte sich von der katholischen Kirche losgesagt. Man ging nicht zimperlich miteinander um und versenkte mit Vorliebe die gegnerischen Schiffe.

Sir Francis Drake war Seemann und schon früh in die Konflikte um die Vorherrschaft im Sklavenhandel geraten. Dabei entwickelte er einen persönlichen Hass auf den spanischen König. Er fuhr sowohl auf selbst organisierten Kaperfahrten als auch im Auftrag des englischen Königshauses.

1589 schlug Drake der englischen Königin einen Plan vor, um die spanische Vorherrschaft zu brechen. Er bekam den Auftrag und segelte mit 150 Schiffen samt 18000 Soldaten nach Spanien und Portugal. Das Ganze war anscheinend größenwahnsinnig und ging komplett schief. Trotzdem hinterließen auch Drake und seine Mannen einen bleibenden Eindruck, denn sie fügten der Stadt A Coruña schwere Schäden zu und zerstörten die Stadt Vigo.

In der Folgezeit kamen noch die britischen Truppen im Rahmen der Napoleonischen Kriege in A Coruña vorbei. Sonst kam außer den Pilgern niemand mehr und Galicien geriet in Vergessenheit. Den Einwohnern hat das nicht gefallen. Da nun keiner mehr zu ihnen kam, haben sie sich selbst auf Reisen begeben. Ca. 2,5 Millionen von ihnen sind im 19. und 20. Jahrhundert hauptsächlich nach Lateinamerika ausgewandert. Dies entspricht in etwa der heutigen Einwohnerzahl von Galicien.

Kleiner Ausflug nach Galicien

Galicien – schreibt man das nun mit „c“ oder mit „z“? Ich bin verunsichert. Erst ein Besuch bei Wikipedia schafft Klarheit: Beides ist richtig, aber das Galizien mit „z“ liegt in Osteuropa und das Galicien, was ich meine, schreibt sich mit „c“ und liegt in Spanien.

Dort werden wir im Juni im Anschluss an eine Dienstreise sein. Heute haben wir die Flüge gebucht. Ich werde nach Santiago de Compostela fliegen. Zurück geht es von Oviedo in Asturien.

Santiago de Compostela war nicht gerade die Stadt, die ich bislang auf meiner Wunschliste hatte. Der Name klingt nach Pilger, Jakobsweg und Reliquien in alten muffigen Kirchen.  Galicien hingegen klingt nach Kelten, Meer, Wind und dramatischer Küste. Es erinnert mich an Segelberichte und die dort erwähnte Costa da Morte, sowie an Kap Finisterre. Das klingt schon aufregender.

Wir werden sehen, welcher dieser Vorstellungen die Realität dann näher kommen wird. Aber vielleicht ist auch alles ganz anders….

Es wird Zeit für die Lektüre!

Vor Beginn der Reise hatte ich versprochen, über unsere Sinai-Lektüre zu berichten. Diese ist auch schon seit langer Zeit gelesen.Flugzeuglektüre

Pflichtlektüre sind natürlich die Bücher Mose. Ich habe mir das 2. Buch Mose ausgedruckt und mich an drei Abenden unterwegs durch Exodus 1-24 gequält. Das hätte für mich gern etwas spannender geschrieben werden können. Goethe muss es wohl so ähnlich gegangen sein, denn er bezeichnet die Bücher Mose in seinen Noten und Abhandlungen zum West-Östlichen Divan als „sonderbar, unglücklich redigierte Bücher“, die „durch eine höchst traurige, unbegreifliche Redaktion ganz ungenießbar [werden]“.

Mit großem Interesse habe ich seine Überlegungen verfolgt, in denen er aus seiner Sicht als Schriftsteller versucht, aus der Geschichte etwas zu machen. Er versetzt sich nach und nach in die einzelnen Charaktere und versucht zu ergründen, was ihre Motive und Interessen sind. Dabei stößt er auf allerlei Widersprüchliches und liefert schließlich seine Version der Geschichte. Fazit: absolut lesenswert!

Goethe lag mit seinen Zweifeln schon damals nicht ganz falsch, auch die heutigen Forscher sind vom Wahrheitsgehalt der Geschichte nicht überzeugt, wie sich in den Artikeln aus GEO und SPIEGEL im Abschnitt „Sinai, Moses und die Folgen“ nachlesen lässt.Sonnenuntergang

Ganz anders geht Thomas Hobbes die Geschichte an. Am Wahrheitsgehalt zweifelt er nicht. Ihn interessiert eher der Nutzen dieser Geschichte, die vom Sieg des Monotheismus über den Polytheismus handelt. Denn Gott und das Volk Israel schließen hier einen Vertrag. Er geht in seiner Betrachtung der Frage nach, ob dieser Vertrag notwendig war, um eine Herrschaft Gottes zu begründen und was der Vertrag genau regelt. Schließlich verfolgt er auch historisch, wie es nach Mose mit dem Stellvertreter Gottes auf Erden weitergeht.

Für mich war dies eine sehr unkonventionelle und höchst spannende Sichtweise, die in sich sehr logisch ist und so manchen historischen und aktuellen Konflikt zwischen weltlicher und kirchlicher Macht für mich neu beleuchtet hat. Natürlich wirft dies auch viele neue Fragen auf, so scheint mir die eigentliche Motivation der Geschichte von Mose eher die Rechtfertigung von Macht und die Stärkung des Selbstbewusstseins eines Volkes zu sein, als der Glaube.

War ich über Thomas Hobbes schon erstaunt, der im 17. Jahrhundert solche immer noch modern erscheinenden Ansichten veröffentlicht, so wuchs mein Staunen bei Spinoza um so mehr. Er nimmt in seinem Werk zu gleicher Zeit die Bibel radikal auseinander, zieht als Philosoph die wesentlichen Grundaussagen heraus und erklärt den Rest zu einem historischen Dokument von Menschenhand geschaffen. Auf dieser Basis erklärt er die Grundlagen des wahren Glaubens neu. Dies hat dann eher mit Ethik als mit christlichem oder jüdischem Glauben zu tun. Dass man ihn damals aus der jüdischen Gemeinde ausgeschlossen hat, verwundert dann nicht mehr. Seine Schlussfolgerungen sind sicherlich auch heute noch für viele eher unverdaulich. Fazit: genauso spannend und lesenswert wie Thomas Hobbes!

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass mir die Kür hier weitaus mehr Spaß gemacht hat als die Pflichtlektüre 🙂