Ziel ist heute die Ausgrabungsstätte in Vindolanda. Leider spielt das Wetter nicht so mit, wie wir es uns wünschen. Es nieselt einmal wieder und so fahren wir mit unserer Knutschkugel dorthin, anstatt mit dem Bus dorthin zu fahren und anschließend eine Wanderung zurück zu machen.
Ein leichter Sommerschuh aus der letzten Kollektion – nein, ein vor ungefähr 1800 Jahren weggeworfener Schuh im Fort Vindolanda. Das war alles Handarbeit!
Solch ein Schuh könnte auch heute noch bei uns getragen werden
Schuhe, die draußen getragen wurden, waren mit Nägeln beschlagen, damit die Sohle länger hält.
Vindolanda ist ein römisches Fort, das bereits vor dem Mauerbau bestand. Da es zunächst von der Armee aus Holz gebaut wurde und nicht besonders langlebig war,wurde es von den Römern selbst immer wieder platt gemacht und neu aufgebaut. Dazu wurden die Holzpfähle entweder abgesägt oder abgebrannt und das ganze dann mit einer neuen Lehmschicht überzogen Diese Lehmschicht wirkt für organische Substanzen konservierend, wodurch die unteren Strukturen erhalten blieben und heute genau datiert und rekonstruiert werden können. Zusätzlich haben sich unter dem Lehm auch andere organische Substanzen wie z.B. Leder von Schuhen – mittlerweile wurden Hunderte gefunden – Riemen, Stoffe und andere Holzgegenstände erhalten.
Auch ein schön dekorierter Kamm aus Buchsbaumholz hat sich erhalten
Zu Zeiten von Hadrian hat man das Fort dann in Stein errichtet. Später wurde es massiv in ein Kavalerie-Fort umgebaut und dann deutlich verkleinert. Nachdem die Römer ihre Herrschaft in England beendeten, wurde das Fort weiter von Zivilisten bewohnt. Es gibt auch Hinweise auf eine Christianisierung.
Auch viele Tierskelette haben sich erhalten, darunter sehr viele unterschiedliche Hunderassen
Das Besondere an diesen Ausgrabungen ist die Erweiterung des Verständnisses für das tägliche Leben der Soldaten und Zivilisten. Geholfen hat dabei der Fund von Schreibtafeln, die durch den Lehm bestens konserviert wurden. Da gab es zum einen buchhalterische Aufstellungen über den Zustand der Soldaten und die Anforderungslisten für die Versorgung, aber auch private und geschäftliche Briefe bzw. Nachrichten, eine offizielle Einladung zu einer Geburtsfeier, versehen mit einer ganz persönlichen Widmung der Einladenden, der Hilferuf endlich Bier zu senden, da man nichts ordentliches mehr zum Trinken hat und den schlichten Vorwurf endlich einmal auf die gesendeten Briefe zu antworten oder das erwartete Geld zu schicken.
Der älteste erhaltene Toilettensitz, etwas geschrumpft durch die Konservierung
Durch den Lehm wurden auch hölzerne Wasserrohre und die einzige hölzerne Toilettenabdeckung im römischen Reich erhalten, deren Konservierung der heutige britische Hersteller von hölzernen Toilettensitzen übernommen hat. Das ist britischer Humor, wie man ihn liebt. Die Ausstellung in Vindolanda ist auf jeden Fall ein Highlight und gehört zu den „Must See“ im Zusammenhang mit dem Hadrians Wall.
Graben heißt, auf den Knien im Matsch zu sitzen oder auch unter vorhandene Strukturen zu kriechen
Der ausgegrabene Matsch wird dann in der Schubkarre vorsortiert. Hier wurde gerade ein weiterer Schuh gefunden
Über diesen Fund freute sich die freiwillige Helferin am meisten. Es ist ein Stück eines Keramikgefäßes aus Frankreich, welches damals in großen Mengen importiert wurde. Von der Abbildung her, so eine Art französisches Kamasutra.
Auf dem Gelände befindet sich ein modernes Gebäude für die archäologische Arbeiten, in dem Grabungsfunde gereinigt und dokumentiert werden
Auf dem Ausgrabungsgelände haben wir noch die Gelegenheit, mit freiwilligen Ausgrabungshelfern und einer Archäologin zu sprechen. Die Freiwilligen können sich Anfang November für das kommende Jahr für jeweils zwei Wochen bewerben. Die Nachfrage ist so groß, dass nach wenigen Minuten alle Slots vergeben sind. Der Traum dieser Leute ist natürlich einmal ein wichtiges Stück zu finden und in Händen zu halten.
Die Römer haben keine Mühe geschäut und die Mauer direkt am Steilhang gebaut
Der meistfotografierte Baum am Hadrians Wall im Sycamore Gap
Die Drohne bereit zum Abflug
Von Vindolanda aus fahren wir zur Mauer zurück, die an dieser Stelle oben an einem Steilhang entlang führt. Der Wind ist mittlerweile abgeflaut und es hat aufgehört, zu regnen. Wir trauen uns, oben am Steilhang die Drohne zu starten. Aus der Drohnen Sicht ergibt sich nochmals ein viel atemberaubenderes Bild auf dieses Bauwerk und die umgebende Landschaft.
Blick vom Sycamore Gap nach Norden, in das Land vor dem sich die Römer schützen wollten
Abends schauen wir uns die Aufnahmen mit Rachel und Felix, unseren Gastgebern, zusammen an. Auch sie sind davon begeistert und für ihre nächsten Erkundungen der Umgebung von Haltwhistle inspiriert.
Ein Milecastle aus der Drohnenperspektive. Die Dinger heißen so, weil sie im Abstand von einer römischen Meile an der Mauer standen und jeweils ca. 10-30 Soldaten Unterkunft geboten haben, während sich der Rest der Truppe im Fort amüsiert hat.
Das Frühstück genießen wir mit einem wundervollen Blick über den gepflegten Garten und das Tal der North-Tyne. Dabei kommen wir auch mit unserer Gastgeberin ins Gespräch. Das Haus in dem wir heute Nacht geschlafen haben, ist aus dem 18. Jahrhundert und wurde von der Frau eines Vikars erbaut. Sie hat es dabei aber nicht bewenden lassen, sondern gleich mehrere Häuser gebaut. Diese gehören heute allesamt einer Stiftung und stehen unter Denkmalschutz. Sie und ihr Mann haben das Haus gemietet. Durch den Denkmalschutz ist es schwierig, die Wärmedämmung zu verbessern. Sie dürfen noch nicht einmal, die einfach verglasten Fenster durch doppelte Verglasung ersetzen. Im Winter kann es hier schon sehr kalt werden, aber selbst jetzt im August waren wir dankbar, dass sie für uns gestern Abend die Heizung angemacht hatte.
Die Sammlung von John Clayton wirkt recht altmodisch
Anschließend besuchen wir die Ausstellung im Chester Fort, bei der wir gestern zu spät waren. Hier ist JohnClayton verewigt, der einen Teil seines Vermögens in den Kauf von Ländereien investiert hat, auf denen der Hadrians Wall steht. Dort hat er dann Ausgrabungen durchführen lassen. Leider war die Dokumentation der Ergebnisse im 18. Jahrhundert nicht so systematisch und Stücke, die man für nicht so wichtig hielt, hat man in den Fluss geschüttet oder irgendwo wieder vergraben. Auf jeden Fall war die Oberschicht in der viktorianischen Zeit von der Römerzeit sehr angetan. Sie erhofften sich vom Studium dieser Zeit Erkenntnisse für die eigene Führung des immer größer gewordenen britischen Kononialreiches. Die Ausstellung im Museum ist dann auch eher ein Sammelsurium an Grabungsfunden.
Kostümierte Darsteller demonstrieren die Fähigkeiten römischer Soldaten. Wir warten die ganze Zeit auf Asterix und Obelix…
An diesem Wochenende findet auf dem Gelände die Show „The Clash of the Romans“ des English Heritage statt. Legionäre in Kostümen zeigen, wie es wohl zu Hadrians Zeiten ausgesehen hat und welche Fähigkeiten die römische Armee hatte. Dies ist natürlich ein großes Ereignis für die kleinen und großen Kinder, die hier in den Ferien angereist sind. Höchstwahrscheinlich waren wegen der Darsteller und Besucher alle Hotels in der Umgebung ausgebucht. Wir schauen uns einen Teil der Show an und wenden uns dann aber lieber den Ruinen des Forts und des Badehauses direkt am North-Tyne zu.
Jeder Tag braucht ein Schaf
Mithras Tempel bei Brocolitia
Auch heute noch scheint der Mithras-Kult seine Anhänger*innen zu haben
Nächste Station ist das Fort Brocolitia, von dem man nur den Grenzwall erkennen kann. Sonst ist hier nichts ausgegraben. Auf ihm weiden in aller Ruhe einige Schafe. Etwas weiter außerhalb des Walles liegt ein Mithraeum. Hier gab es offensichtlich den Mithras-Kult, der im 2. und 3. Jahrhundert bei den römischen Soldaten sehr beliebt war. Über den konkreten Inhalt ist sehr wenig überliefert.
Im Museum von Housestead sind die örtlichen Fundstücke ausgestellt. Beeindruckend sind hier die drei Gestalten in Kapuzenmänteln. Es handelt sich um die genii cucullati – keltische Schutzgeister, die in ganz Nordeuropa vereehrt wurden und von den römischen Soldaten am Hadrianswall auch angebetet wurden
Weiter geht es nach Housesteads Roman Fort. Hier haben die Römer den Hadrians Wall über eine Hügelkette gebaut und eben dort ein uneinnehmbares Fort oben auf eine Anhöhe gebaut. Zugänglich ist diesesFort auch heute nur über einen steilen Weg.
Zur Feier von 1900 Jahren Hadrianswall hat eine Künstlerin eines der Tore von Housestead Fort als Kunstwerk wieder aufgebaut. So ergibt sich die Möglichkeit, hinaufzusteigen und die gleiche Perpektive zu genießen, wie einst die römischen Soldaten
In der Ausstellung wird uns klargemacht, dass wir den Hadrians Wall in einem besonderen Jahr besuchen. 122 n. Chr. besuchte Kaiser Hadrian Nordenglandund gab zur Konsolidierung der Grenze zu den Pikten diese Mauer bei seinen Legionen in Auftrag, also vor 1900 Jahren. Deshalb also alle diese Aktivitäten rund um die Mauer. In Housesteads hat eine Künstlerin auf den Grundmauern des Nordtors aus Gerüstmaterial ein Tor nachgebildet und mit sehr bunten Holzplatten verkleidet, die von den Bürgern der Gegend gestaltet wurden.
Der Blick aus dem temporär errichteteten Tor zeigt, wie sich der Hadrianswall scheinbar schwerelos die Hügel entlang schwingt
In dem Fort erkennen wir mittlerweile ohne viel Erklärung die Struktur und die Funktion der einzelnen Gebäude. Die Römer hatten eine sehr standardisierte Planung, die wir langsam kennen. Bei dem Fort handelt es sich um ein ausschließlich militärisch genutztes Objekt. Die Zivilisten mussten außerhalb der Mauern siedeln und konnten nicht wie in Corbridge den Schutz der Garnison nutzen.
Housestead Fort rühmt sich, die besterhaltenste römische Toilette zu haben. Sie ist auf diesem Foto zu sehen. Es ist eine Gemeinschaftslatrine. Man saß außen auf Bänken mit den entsprechenden Löchern wie beim Plumpsklo. In der Mitte floss in den Rinnen frisches Wasser vorbei, dass man sich zum Reinigen des Allerwertesten mit einer Kelle herausschöpfen konnte. Dabei fiel dann nicht nur das in die Latrine, was da hingehörte, sondern auch so manch anderes. Was den heutigen Archäologen schon viele erfolgreiche Grabungen beschert hat.
Hier ist noch einmal im Detail die Wasserführung zu sehen (nur ohne Wasser). Wozu die Schalen in der Mitte waren, wurde nicht erklärt. Ich vermute, dass sie zum Händewaschen gedacht waren. Seife gab es übrigens nicht!
Im Auto sitzen wir bei eingeschalteter Zündung und laufender Klimaanlage mit offenen Türen und planen den weiteren Nachmittag. Das ist keine gute Idee! Als wir gegen 15:00 Uhr den Motor starten wollen, springt er nicht gleich an und danach hört man nur noch das Klicken der Start-Relais. Wir schalten alles aus und melden das Problem Europcar und man verspricht uns einen RAC-Service zu schicken. Wir müssen bis 17:00 Uhr auf ihn warten. Der Mechaniker setzt sich ins Auto und macht auch einen Startversuch, um sich das Ganze noch einmal selbst anzuhören. Der Motor springt ohne zu murren an und wir stehen da wie die Deppen.
Klaus wartet auf den Servicetechniker, Mithras oder die Genii Cucullati. Vielleicht auch auf alle zusammen…
He needs his Masters Voice!
Der Mechaniker erklärt uns noch, dass die Batterie dieser Fahrzeuge zu klein ist und wir diese zu stark entladen haben. Nach einer Weile erholt sich diese wieder etwas, so dass es gerade reichte, um den Motor zu starten.
In Haltwhistle behauptet man, dass der Ort das Zentrum Großbritanniens wäre
Weiter geht es auf der B6318, aber die Ausgrabungsstätte bei Vindolandahat bereits geschlossen. In Haltwhistle finden wir nach kurzer Suche unser gebuchtes AirBnB. Es befindet sich in einem wunderschön ruhig gelegenen alten Haus von 1902, in dem unsere Gastgeber erst seit 4 Wochen wohnen. Da wir Vindolanda heute nicht mehr besuchen konnten und uns alle dazu geraten haben, entscheiden wir uns, eine weitere Nacht an diesem schönen Ort zu bleiben.
Sehr kurios: Working Mens Club in Haltwhistle
Unsere Gastgeber haben Mitleid mit uns wegen der Geschichte mit dem Auto und servieren uns im Garten in der späten Nachmittagssonne erst einmal ein Gläschen Bier zur Beruhigung. Dann kommt noch der taktische Hinweis, dass man in diesem kleinen Ort rechtzeitig ins Pub gehen sollte, wenn man noch was zu Essen haben will. Wir haben zwar noch Brot, Käse usw., aber folgen dem Hinweis. Dabei lernen wir, dass Pubs in dem Ort Sonntags Mittags die Küche schließen. Nur das indische Restaurant macht da nicht mit, so dass wir doch noch zu einer warmen Mahlzeit kommen.
Nach einem selbst organisierten Frühstück mit eigenen Zutaten und Zutaten aus der uns zur Verfügung gestellten Küche, starten wir von Wylam aus zurück zur Mauer. Der Himmel ist schwer mit Wolken verhangen und es sieht nach Regen aus. Die Straße B6318 zieht sich an der Mauer entlang, aber meist lässt sich die Existenz von Hadrians Wall nur durch Bodenformationen erahnen und teilweise zeugen lediglich Weidemauern aus entsprechend gearbeiteten Steinen davon, dass hier einmal der Hadrians Wall war. Der eigentliche Wall ist hier dann eingeebnet.
Bevor die Gebäude aus Stein errichtet wurden, standen hier Gebäude aus Holz. Die Steingebäude wurden auf den Resten der Holzgebäude errichtet, die im Laufe der Zeit verrottet sind, so dass sich der Boden an den entsprechenden Stellen gesenkt hat
Auch unter dieser Schafweide liegen noch große Teile der römischen Stadt. Viele bedeutende Funde wurden hier schon gemacht
Das Allerheiligste eines jeden Forts: Die Regimentskasse lagerte in diesem Keller, der ständig bewacht wurde. Schräg dahinter in dem Halbrund stand die Regimentsstandarte
Sehr wichtig für jedes Fort und jede Stadt war die Versorgung mit Wasser und Lebensmitteln. In zwei Getreidespeichern wurden verderbliche Lebensmitel, wie Getreide und getrocknetes Fleisch aufbewahrt. Damit die Lebensmittel lange hielten, war der Fußboden des Gebäudes höher gelegt und von unten belüftet. Von außen war die Mauer verstärkt, damit sie die Lasten tragen konnte.
Im Reiseführer finden wir den Hinweis, dass es in Corbridge die Ausgrabung einer alten römischen Stadt gibt. Sie ist zwar nicht Teil des Hadrians Wall sondern liegt weiter südlich, aber für den Betrieb der Mauer in damaliger Zeit war sie von großer Bedeutung. Das heutige Corbridge ist eine kleine alte Stadt, die ihr touristisches Flair pflegt. Unser Auto parken wir auf dem öffentlichen Parkplatz jenseits der Tyne und gehen durch die Stadt zur Ausgrabungsstätte.
Das Museum ist exzellent gemacht. Alle Stücke sind gut beschriftet und zeitlich eingeordnet. Auch die Verbindung zwischen römischem Militär und der Zivilbevölkerung ist gut dargestellt. Auf dem angrenzenden Ausgrabungsgelände, das es bereits seit 1902 gibt, hilft ein Audioguide an verschiedenen Stellen mit sehr bildhafter Sprache, sich einen Eindruck von der damaligen Zeit zu machen.
Dieses Gefäß aus emailliertem Kupfer ist etwas besonderes
Altes Brettspiel, Würfel und Spielsteine, die bei den Ausgrabungen gefunden wurden
Sehr parktisch für den Besuch im Badehaus ist dieses Portemonnaie, das um den Arm getragen wird. Der Deckel lässt sich nur öffnen, wenn das Gefäß vom Arm genommen wird.
Auch im Römischen Reich gingen Sachen schief. Hier ist ein Hund über zum Trocknen ausgelegte Dachziegel gelaufen und hat es dadurch fast 2000 Jahre später ins Museum geschafft.
Grabsteine für zwei kleine Mädchen: Links Vellibia Ertola, die nur 4 Jahre und 6 Tage alt wurde und bis dahin ein glückliches Leben hatte. Der Grabsteine wurde von Sudrenus errichtet (vermutlich ihr Vater). Rechts Ateha, Tochter von Nobilis. Sie starb im Alter von 5 Jahren.
Auf dem Steinkopf gibt es eine Vertiefung, in der Opfergaben gesammelt wurden
Corbridge bzw. Corbis, wie die Römer es damals nannten, war eine der wichtigsten Städte im Norden von England bzw. Albion, wie es damals die Römer nannten. Mit dem Abzug der Römer schwand die Bedeutung der Stadt und sie verfiel. Ein neuer Stadtkern bildete sich an der neuen Brücke weiter im Osten. Die Steine wurden, wie damals üblich, zum Bauenneuer Gebäude verwendet. Nach und nach überwucherte der alte Teil und wurde erst in der viktorianischen Zeit „wiederentdeckt“. Parallel zu den Erklärungen der römischen Stadt befinden sich auf dem Gelände auch Schautafeln, die von diesen Ausgrabungen und den Leuten, die daran mitgearbeitet haben, berichten.
Tyne Brücke in Corbridge. Die alte römische Brücke ein Stückchen weiter neben der alten Römerstadt sah auch nicht viel anders aus.
Wir gehen zurück nach Corbridge und genießen in einem Tea Room einen Afternoon Tea samt herrlichen Scones mit Clotted Cream und frischen Erdbeeren. Langsam fangen wir an, uns Gedanken über unsere nächste Übernachtung zu machen. Die Suchen bei Booking.com und AirB&B ergeben keine wirklich guten Ergebnisse. Also fahren wir durch den Nieselregen erst einmal weiter nach Chester, wo es Ruinen der alten Römerbrücke über die North-Tyne und ein angeschlossenes Fort geben soll. Als wir dort ankommen, wird uns gesagt, dass die Anlage gleich um 16:30 Uhr schließt, aber auf der anderen Seite der North-Tyne die Reste der Brücke frei zugänglich sind.
Der Fluss hat sich im Laufe der zahlreichen Jahrhunderte in Richtung des anderen Ufers verlagert, so dass dieser Brückenkopf nun an Land liegt. Die Begrenzung zum Fluss hin ist noch gut erhalten. Links sind die Reste eines Turms zu erkennen. Rechts führte eine Straße über die Brücke.
Im mittlerweile kräftigen Regen machen wir uns auf den Weg zu den Brückenresten und werden auf dem Weg verständnislos von den Schafen angeschaut, die Schutz unter Bäumen und Büschen gesucht haben. Etwas durchnässt sitzen wir kurz darauf wieder im Auto. Eine Unterkunft haben wir immer noch nicht. Wir fangen an, verschiedene Hotels und B&Bs abzutelefonieren oder anzufahren. Wir bekommen zwei verschiedene Standardantworten:
Neben der Brücke lagern fein säuberlich nebeneinander sorgfältig gehauene Steinblöcke
„Sorry, we don’t do B&B any more.“
„Sorry, we are fully booked tonight.“
Wo wollt Ihr denn hin, bei dem Regen?
Ein B&B in Humshaugh, das auch ausgebucht ist, vermittelt uns weiter zum „Simon Burns Cottage“. Dort erfahren wir, dass auch hier eine Buchung für die kommende Nacht vorliegt, die Gäste aber noch nicht erschienen sind. Die Wirtin Judith des B&B wollte dies nun klären und sich melden, wenn das Zimmer frei ist. Nach einiger Zeit ruft sie zurück und bietet uns das Zimmer an. Einziger Haken, es muss bar bezahlt werden und unsere Barbestände geben das nicht her. Wir müssen also erst 6 Meilen nach Hexham fahren, um dort einen Geldautomaten zu finden. Dort soll es auch einige Hotels geben. Wenn wir dort sind, wollen wires erstmal vor Ort versuchen. Denn mittlerweile sind wir auch ziemlich hungrig. In Hexham finden wir zwar einen Geldautomaten, aber alle Hotels, die wir anfragen, antworten mit der gleichen Standardantwort. Also besorgen wir uns Bares und etwas nette Verpflegung für den Abend und fahren zurück zu Judiths B&B.
Abendbrot mit Blick auf eine Rinderweide
Das B&B erweist sich als ein absoluter Glücksgriff. Wir beziehen ein geschmackvoll eingerichtetes großes Zimmer mit einem ebensolchen Bad. – Was will man mehr? – Auf der Weide gegenüber weiden Rinder und der Blick aus dem Fenster schweift über das Tal. Für die nächste Nacht buchen wir gleich eine Unterkunft in Haltwhistle. So einen Stress wollen wir nicht noch einmal haben.
Dieses Bild stammt aus dem Museum in Wallsend und zeigt, wie sich wohl die piktischen Bauern gefühlt haben müssen, als sie von den Römern von ihrem Land vertrieben wurden, damit diese ihre Mauer bauen konnten.
Heute heißt es Abschied nehmen im Grand Hotel. Wir wollen nun in Richtung Westküste aufbrechen und am Hadrians Wall entlang fahren. Das Hotel hat uns so gut gefallen, dass es sicher noch einmal Startpunkt für eine Schottland Runde sein könnte.
Bei den Ausgrabungen fand man nicht nur das Fort, sondern auch Reste eines alten Rundbaus aus vorrömischer Zeit und die Furchen eines frisch gepflügten Feldes. An diesem Exponat im Museum wird gezeigt, wie vor 2000 Jahren hier die Häuser gebaut wurden
Eine Fahrt entlang des Hadrians Wall braucht natürlich einen richtigen Ausgangspunkt und dieser soll Wallsend an derTyne sein. Wallsend ist einfach zu finden, da es in ganz North Shields gut ausgeschildert ist. Allerdings sieht man bis kurz vor der Ausgrabungsstelle nur die Schilder. Dies liegt daran, dass von den Ruinen des Forts Segedunum nur noch Grundmauern und der angedeutete Grundriss zu sehen sind.
Die Erbauer (Centurio) des jeweiligen Abschnitts der Mauer haben dort ihre Namen hinterlassen. Deshalb weiß man zumindest deren Namen und hat sie hier auf diesem Stein zusammengetragen und noch Platz gelassen für weitere Namen. Ob man das für die innerdeutsceh Grenze auch mal macht?
Von dem Fort Segedunum aus führte ein letzter Zipfel des Hadrians Wall bis in die Mitte der Tyne und wurde vermutlich durch Statuen oder ähnliches am Ende abgeschlossen. Davon ihst hier noch ein kleiner Rest zu sehen. Alles weitere dahinter ist das Gelände der Swan Werft.
Außerhalb des Forts gab es nahe am Fluss ein Badehaus. Ein Nachbau davon steht hier auf dem Ausstellungsgelände
Das Museum hat einen Aussichtsturm, von dem aus das Gelände des Forts gut überblickt werden kann. Es sind die Reste der Grundmauern zu sehen. Wo sie nicht mehr vorhanden sind, werden sie durch Steine zumindest markiert.
Nur ein Teil des Forts ist hier zu sehen, andere Teile liegen unter der Straße, die über das Gelände führt. Auf der anderen Straßenseite liegt auch der weitere Verlauf des Hadrians Wall und gleich daneben die Rest eines Kohlenschachts.
Ein Postdampfer der Cunnardline wurde auch hier auf der Swan Werft gebaut
Nach Farmhaus, Römerlage samt Mauer, Kohleschächten, Werft und Museum ist die Frage an die Besucher, was hier als nächstes kommen soll. Die Besucher können auf kleinen Kärtchen ihre Ideen und Wünsche hinterlassen.
Im Museum ist ein Innenraum eines Kavalleriegebäudes nachgebaut, hier die Schlafstätte zweier Soldaten.
Als die Römer sich aus England zurückzogen, zerfielen viele Anlagen und auch dieses Fort. Im 18. Jahrhundert wurde hier sogar Kohle abgebaut und im 19. Jahrhundert erkannte die Schiffbauindustrie die Bedeutung dieses Ortes an der Biegung der Tyne. In der Folge wurde das Gelände des Forts mit Werftgebäude und Unterkünften für die Arbeiter und ihre Familien überbaut und viele Artefakte aus der Römerzeit gingen verloren. Auch eine Straße geht heute quer über das ehemalige Römerfort.
Im Museum hat mal jemand nachgezählt, was alles gebaut werden musste, um den Hadrians Wall zu errichten. Dazu gehörte nicht nur die Mauer, sondern auch Wachtürme, Forts, Brücken usw.
Hinter dem Verlauf des Hadrians Wall ist hier der Nachbau eines Mauerstücks zu sehen. Vor der Mauer wurden Sträucher gepflanzt, vermutlich mit Dornen und davor gab es noch einen Graben. Es sah also nicht so aus, wie auf dem gemalten Bild im Museum!
Am Nachbau eines Mauerstücks wurde auf der Rückseite demonstriert, wie vielleicht die Oberfläche der Mauer ausgesehen hat. Man weiß es nicht, aber man vermutet, dass sie bemalt war
Als die Werft in den 80er Jahren den Betrieb einstellte, verfielen die Gebäude und man entschied diese abzuräumen und die Reste des Forts freizulegen. Die zugehörige Ausstellung wurde in alten Gebäuden der „Swans & Hunter Werft“ untergebracht, die z.B. solche Vorzeigeschiffe wie die Mauritania gebaut hat. Auf der anderen Straßenseite befinden sich neben den Grundrissen der Baracken für die Legionäre auch Überbleibsel eines Schachts der alten Kohlenmine, ein Rest des Hadrians Wall und die Nachbildung eines Mauerstückes, damit man einen Eindruck von den Dimensionen bekommt.
Die Mauer selbst bestand aus zahnförmigen Steinen an den Außenseiten und einer Mischung aus geschütteten Steinen und Schutt im Inneren. So war es auch unerfahrenen Menschen, wie den Soldaten möglich, eine Mauer zu bauen.
Unser Ziel ist von nun an, möglichst nahe an der Mauer entlang nach Westen zu fahren und uns jeweils dort auch Unterkunft zu suchen. In Newcastle ist es nicht so einfach diesen Plan in die Tat umzusetzen. Trotzdem sehen wir auch hier einige Fragmente entlang der Straßen. In Heddon on the Wall gehen wir auf die B6318, die von nun an immer an der Mauer entlang führt.
Mauerrest in Heddon on the Wall
Hier in Heddon on the Wall lässt sich schön erkennen, dass die behauhenen Steine an der Außenseite nach dem Abzug der Römer bei der örtlichen Bevölkerung als Baumaterial besonders beliebt waren. Von der losen Schüttung im Inneren der Mauer ist jedenfalls deutlich mehr übrig geblieben
Wenn wir uns den Ort so anschauen, können wir usn gut vorstellen, wo die fehlenden Teile der Mauer geblieben sind. Die kleine Knutschkugel in der Mitte ist übrigens unserer Mietwagen.
Unsere erste Unterbringung finden wir in Wylam etwas südlich direkt hinter der Tyne Brücke und dem Bahnübergang im Boathouse, einem Pub mit einigen Gästezimmern.
Blick auf die Tyne im Abendlicht
Wir machen noch einen Spaziergang entlang der Tyne, auf einem Weg, der eigentlich seit März 2021 wegen Uferrutschungen an einer Stelle gesperrt ist. Die örtliche Verwaltung hat ihn selbstverständlich mit Absperrungen versehen, aber weiter ist nichts geschehen. Die Bevölkerung scheint sich dagegen zu wehren. Die vorhandenen Absperrungen sind abgesägt oder umgestoßen. Neuen nachgesetzten Absperrungen widerfuhr das gleiche Schicksal. Am Ende des ufernahen Weges geht es plötzlich auf einen Golfplatz. Wir machen hier kehrt, da wir keine Golfbälle an den Kopf bekommen wollen, aber uns wird klar, dass es bei diesem Weg noch andere Interesse gibt und wer im Gemeinderat wohl das Sagen hat!?!
Das „Boathouse“ neben dem kuriosen kleinen Bahnhof von Wylam. Die Schranken sind gefühlt fast immer geschlossen, aber morgen wird bei der Bahn gestreikt. Dann ist freie Fahrt.
Den Rest des Abends verbringen wir noch im Pub im Bereich, wo sich eine Gruppe Teenager aus Wylam trifft. Neben unserer Beschäftigung mit den Texten und Bildern müssen wir häufig schmunzeln.Es hat sich doch nichts geändert.
Heute morgen probieren wir uns weiter durch das Frühstücksmenü unseres Grand Hotels. Auch diesmal sind wieder interessante Kreationen dabei:
Gebratener Bückling mit Fenchelbutter und Zitrone
Avokado mit pochiertem Ei auf Toast, dazu Tomate und Zuckerschotensprossen
Bevor wir nach dem Frühstück zu anderen Aktivitäten starten, besuchen wir erst einmal einen Schuster. Wir fahren nach North Shields zu einem Einkaufszentrum. Dort gibt es, wie bei uns, die übliche Kombination aus Schuster, Schlüsseldienst und anderen kleinen Dienstleistungen. Als der Schuster Petras Schuhe sieht, winkt er ab. Die Zwischensohle an der die eigentliche Sohle angeklebt wird, hat sich aufgelöst, so dass einfaches Kleben nicht mehr helfen würde.
Diese Schuhe begleiten Petra seit ihrem ersten Blogeintrag hier. Sie sind also 14 Jahre alt.
Es bleibt also zunächst nur ein Neukaufen. In einem Outletcenter finden wir einen Outdoorladen und Petra kauft neue Schuhe. Die Alten kommen aber wieder mit zurück nach Hause, um dort einer umfangreicheren Reparatur unterzogen zu werden. Im Internet hatte Petra von einem Verfahren mit dem englischen Begriff „re-welting“ gelesen.
Bede schreibt über Großbrittanien
Unser heutiges Ziel ist die Ausstellung „Bede`s World“. Der Ort der Ausstellung in Jarrow ist nur schwer zu finden. Stattdessen sehen wir viele Ausschilderungen für Jarrow Hall. Zu guter Letzt wird uns klar, dass dies der gleiche Ort ist.
Zu Bedes Lebzeiten gibt es britische, irische und piktische Königreiche und im Südosten angelsächsische Königreiche der eingewanderten Angelsachsen. Dazu gehört auch Jarrow. Das dort gegründete Kloster unterscheidet sich deshalb sehr vondem Kloster in Lindisfarne, welches religiös von den früher christianisierten Iren beeinflusst ist.
Bede war ein Mönch, der um 700 n. Chr. gelebt hat. Er hat viele Schriften und zeitgenössische Dokumente verfasst. Bedes Schriften drehen sich nicht nur um die Bibel und die Kirche, sondern auch um Wissenschaft und Geschichte. Obwohl er sein Kloster selten verlassen hat, hatte er aber die Gabe genau hinzuhören, zu beobachten und dies dann in Texten zu verarbeiten. Das Kloster in dem er ab seinem 7. Lebensjahr aufwuchs und lebte, liegt in Jarrow ganz dicht an der Tyne. Überraschend für uns war die Erkenntnis, dass es von Benedict, dem Begründer des Benediktiner Ordens, gegründet wurde und er ebenfalls aus England war. Dieser Benedict, der von 628 bis 690 n. Chr. lebte, hat zwischen 635 und 670 sechs Pilgerreisen nach Rom unternommen und nebenbei zwei Kloster bauen lassen und einen Orden begründet. Dies ist umso erstaunlicher, als eine Reise von Nordengland nach Rom bestimmt mehr als ein Jahr in Anspruch genommen hat.
Nach den Bauten der Römer sind die beiden von Benedict gegründeten Klöster (St. Paul in Jarrow und St. Peter in Wear) die ersten Gebäude aus Stein. Auch Glasfenster gab es zuletzt bei den Römern und das ist zu der Zeit bereits 300 Jahre her.
Eine der wenigen Kopien einer Bibel aus dem 8. Jahrhundert findet sich hier im Museum und ja, das Buch ist so riesig, wie es auf dem Foto erscheint.
Nach den Bauten der Römer sind die beiden von Benedict gegründeten Klöster (St. Paul in Jarrow und St. Peter in Wear) die ersten Gebäude aus Stein. Auch Glasfenster gab es zuletzt bei den Römern und das ist zu der Zeit bereits 300 Jahre her.
Benedict lässt für seine Klöster farbiges Glas aus Zentraleuropa importieren. Die hier gezeigten Scherben sind Fundstücke aus der Zeit
Nachdem wir uns die Ausstellung über Bede und seine Zeit angeschaut haben, die an einigen Stellen auch schon bessere Tage erlebt hat, begeben wir uns ins Freigelände, wo die ländliche Lebensweise diese Zeit dargestellt sein soll. Auch dieser Teil ist ein wenig heruntergekommen. Wir kommen mit einem der Freiwilligen ins Gespräch, der sich um die Tiere kümmert. Er berichtet uns, dass „Bede`s World“ eine private Organisation war, die vor einiger Zeit pleite gegangen ist. Um nicht die Schulden übernehmen zu müssen, musste sich die Nachfolge-Organisation umbenennen und neu ausrichten. Dadurch kam es zu dem Namen „Jarrow Hall“. Er erzählt uns auch, dass man das Ganze in einem ziemlich schlechten Zustand übernommen hat und an allen Ecken das Geld für die notwendigen Renovierungen fehlt. Uns fällt auch auf, dass der Besuch dieser Stätte doch eher verhalten ist, obwohl hier in England gerade Ferien sind.
Klaus im Zwiegespräch mit einem Schwein
Ob die hier gezeigten Nutztierrassen den alten angelsächsischen Nutztieren entspricht, weiß niemand, aber es sind alte fast ausgestorbene Nutztierrassen, die hier gezeigt werden
Eine sehr neugierige Gans
Ein vierhörniges Hebridenschaf
Elegante Ziege
Alte Rinderrasse
Alte Rinderrasse
Ob das geeignetes Kinderspielzeug ist?
Alte Schweinerasse
Die Kirche und das Kloster auf dem angrenzenden Gelände wird vom English Heritage unterhalten und ist auf der Anwärterliste für das Weltkulturerbe. Die Kirche hat bereits geschlossen und von dem Kloster sind nur noch Mauerreste aus dem Mittelalter erhalten. Trotzdem lässt sich auch von außen gut erkennen, welche Teile noch sehr ursprünglich sind und welche im 14. und im 19. Jahrhundert hibzugekommen sind. Leider ist die gesamte Anlage umzingelt von Industrie, die hier auch die Nähe zur Tyne genutzt hat. Auf dem Gelände der Farm standen vorher Öltanks!
Hinter den Mauerresten des Klosters ist der neuere Teil der Kirche St. Paul zu sehen.
Von Jarrow fahren wir nach South Shields zur Südmole der Tyne. Nachdem wir zwei Tage zuvor nicht auf die Nordmole durften, ist die Südmole für die Öffentlichkeit freigegeben. Am Molenkopf mit seinem gewaltigen Leuchtturm stehen viele Angler und wetteifern mit Möwen und Lummen um den Fisch.
Lumme
Roter Leuchtturm mit der Nordmole im Hintergrund
Alter roter Leuchtturm mit Blick auf die beiden Molen
Angler am Leuchtturm auf der Südmole
Zur Abwechslung gehen wir heute ineinem indischen Restaurant in Tynemouth essen. Obwohl Tynemouth sehr touristisch erscheint, scheinen sich Gäste und die Bedienung untereinander zu kennen.
….oder wo man mit dem Segelboot nicht so schnell hinkommt