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Fazit unserer Englandreise

Unsere Rückkehr aus England ist nun fast einen Monat her. Viel hat sich dort seitdem verändert: Vier Tage nach unserer Rückkehr hatte Großbritannien eine neue Premierministerin, weitere zwei Tage später einen neuen König. Auch wenn wir nicht mehr ganz taufrisch sind, aber unser gesamtes Leben war Elizabeth II die Queen. So fühlt sich dieser Wechsel auch für uns seltsam an und wir hatten viel Mitgefühl mit unseren britischen Freunden.

Was wohl aus der Pappqueen geworden ist, die wir in London scherzhaft begrüßt hatten?
Was wohl aus der Pappqueen geworden ist, die wir in London scherzhaft begrüßt hatten?

Unterwegs ist uns immer wieder aufgefallen, wie wichtig sie insbesondere bei den ehrenamtlichen Organisationen war. Wo immer sie zu Besuch gewesen war, wie z.B. bei den Seenotrettern in Tynemouth oder beim Vindolanda Trust, hingen entsprechende Bilder an der Wand und wurden ganz offensichtlich in Ehren gehalten. Auch bei uns ist natürlich der Besuch des Bundespräsidenten ein Ereignis, aber entweder kommen die Bundespräsidenten nicht so weit rum oder es gerät schnell wieder in Vergessenheit. Jedenfalls ist uns solch eine Verbundenheit in Deutschland noch nirgendwo aufgefallen.

Die Tour

Unser Hotel in Tynemouth im Nebel
Unser Hotel in Tynemouth im Nebel

Angekommen sind wir in Tynemouth, das uns gleich so gut gefiel, dass wir zwei Tage länger geblieben sind.

Das Hauptziel der Reise war der Hadrians Wall, der sich länger als gedacht erwies, da die eigentliche Mauer noch durch Forts an beiden Enden entlang der Küste verlängert wird. So gibt es bereits südlich von Tynemouth in South Shields ein römisches Fort. Das haben wir erst später erfahren und auch das Museum of the Great North in Newcastle haben wir schlicht übersehen. Es gibt also gute Gründe wiederzukommen.

Der Blick aus dem temporär errichteten Tor zeigt, wie sich der Hadrianswall scheinbar schwerelos die Hügel entlang schwingt
Der Blick aus dem temporär errichteten Tor zeigt, wie sich der Hadrianswall scheinbar schwerelos die Hügel entlang schwingt

Wir hätten auch nicht gedacht, dass wir so viel Zeit am Hadrians Wall verbringen würden und dass es so viel zu sehen geben würde. Alle weiteren Ziele haben wir demzufolge entweder ausgelassen oder im Schnelldurchgang erledigt.

Auf dem Weg von Carlisle Richtung Süden haben wir einen Bogen um die großen Städte gemacht, da dies unseren Zeitrahmen gesprengt hätte. Für Städte wie Liverpool, Manchester oder Birmingham sollte man sich etwas Zeit nehmen. Das gleiche gilt für eine Tour durch Schottland, das wir ganz einfach rechts liegen gelassen haben.

Verkehrsmittel

Entspanntes Leben an Deck
Entspanntes Leben an Deck

Die Idee, mit der Bahn nach Amsterdam und von dort mit der Fähre nach Newcastel zu fahren, war klasse. Der Service an Bord der DFDS-Fähre nach Newcastel und der Shuttlebus waren super. Das werden wir das nächste Mal z.B. bei einer Schottland Runde wieder so machen, nur nicht wieder mit dem Auto über London zurück. Autofahren in London ist schwierig und wegen der Maut teuer. Besser wäre es, mit der Fähre auch wieder zurück zu fahren. Am Hadrians Wall gibt es eine eigene Buslinie, wer also sich nur dort aufhalten möchte, kann dies völlig ohne Auto machen.

Wenn wir uns den Ort so anschauen, können wir uns gut vorstellen, wo die fehlenden Teile der Mauer geblieben sind. Die kleine Knutschkugel in der Mitte ist übrigens unserer Mietwagen.
Wenn wir uns den Ort so anschauen, können wir uns gut vorstellen, wo die fehlenden Teile der Mauer geblieben sind. Die kleine Knutschkugel in der Mitte ist übrigens unserer Mietwagen.

Das Auto, ein Fiat 500, war völlig ausreichend und auf den engen Nebenstraßen gut. Das nächste Mal würden wir aber einen Wagen mit Automatik buchen, da die Kombination aus Linksverkehr und links Schalten vor allem in den vielen Kreiseln eine Herausforderung war. Als Deutscher muss man sich zudem daran gewöhnen, das Maut und Parkgebühren über Kennzeichenerfassung mit Kamera abgerechnet werden. Der Bezahlvorgang ist über Internet meist etwas gewöhnungsbedürftig.

Von der Firma Europcar können wir nach mehreren negativen Erfahrungen nur abraten. Die Mietstationen sind nicht besetzt, das Fahrzeug hat Mängel und obwohl es an der Abgabestation liegt, dass das Fahrzeug erst einen Tag später zurück gebucht wird, bucht Europcar noch einen extra Tag von der Kreditkarte, obwohl vorher telefonisch bestätigt wurde, dass alles OK sei.

Die Fahrt mit dem Eurostar funktioniert und ist unspektakulär. Wenn es sich anbietet, kann man es als Alternative zum Flugzeug nutzen, aber es ist kein Highlight. Die Fahrt mit der Fähre war schöner.

Unterbringung

Unsere Unterkunft in Humshaugh
Unsere Unterkunft in Humshaugh

Wir haben in Hotels, Pubs mit Gästezimmern und „Bed and Breakfast“ übernachtet. Die Qualität war sehr unterschiedlich. Im Großen und Ganzen sind wir bis auf Blackpool wegen des Bankholiday überall gut untergekommen, obwohl wir nicht viel vorgeplant und gebucht hatten.

Herausragend waren ganz klar das Grand Hotel in Tynemouth, das B&B in Haltwistle, das Kings Arms Hotel in Lytham und das Harlingford Hotel in London.

Wirtschaft

Wir wurden in England damit empfangen, dass die alten Pfund Noten nicht mehr galten und die Engländer scherzten selbst darüber, dass man nur noch mit Plastik bezahlen würde. Dies um so mehr als Bargeld völlig aus der Mode gekommen ist. Selbst ein Bier im Pub an der Theke wird mit Karte durch Auflegen auf das Kartenlesegerät bezahlt.

Jeder Tag braucht ein Schaf
Jeder Tag braucht ein Schaf

In der Landschaft fiel uns auf, dass es wenig Wald, wenig Ackerwirtschaft und viel Weidewirtschaft gibt. Wir haben dann einmal in Statistiken nachgeschaut. In Deutschland kommen 2 Schafe auf 100 Einwohner, aber in Großbritannien 48 Schafe auf 100 Einwohner – bitte nicht missverstehen!

Die Auswirkungen des Brexit haben wir natürlich an der Grenze erfahren. Was das für die Briten und die Wirtschaft bedeutet, wollen wir hier nicht erörtern. Wir sind allerdings der Meinung, dass Großbritannien zu Europa und in die EU gehört.

Auf nach London

Heute ist es Zeit, nach London zu fahren. Wir wollen dort ein Zimmer in einem Hotel beziehen, das Auto abgeben und bis Freitag London zu Fuß oder per ÖPNV erkunden. Da es noch eine gute Strecke bis nach London ist und wir das Auto bis 16:00 Uhr abgeben wollen, stehen wir wieder rechtzeitig auf und stärken uns bei einem guten Frühstück im Inn. Bei der Narrowboat-Crew haben wir uns bereits gestern Abend verabschiedet.

Der Verkehr auf der M1 nach London läuft wider Erwarten erstaunlich gut  (wir hatten zum Ende des langen Wochenendes mehr erwartet) und wir sind bereits gegen 11:00 Uhr im Londoner Stadtgebiet. Nun beginnt die Herausforderung für den Fahrer und die Beifahrerin. Das Navi von Knutschi, das wir als Hilfe nutzen, scheint nicht auf dem neuesten Stand zu sein und nicht zu wissen, dass man an einigen Stellen nicht abbiegen kann bzw. dass Straßen gesperrt sind.

Zu guter Letzt sind wir kurz vor 12:00 Uhr im Hotel. Das ist natürlich zu früh, aber wir dürfen unser Gepäck im Frühstücksraum deponieren. Die Fahrt zur Abgabestation der Autovermietung gestaltet sich ebenfalls als Herausforderung, aber auch das schaffen wir und der Fahrer ist am Ende schweißgebadet, aber froh, dass das Fahren im engen Stadtverkehr von London ein Ende hat.

Wir warten auf taiwanesisches Essen...
Wir warten auf taiwanesisches Essen…

Von der Abgabestation an der Victoria Coach Station gehen wir zu Fuß zurück zum Hotel, wo wir nach dem Check-In erst einmal eine lange Pause machen. Den späten Nachmittag verbringen wir in Soho und Chinatown mit einem einfachen Essen in einem kleinen unscheinbaren Taiwanesischen Restaurant. Den Absacker liefert unser örtliches Lord John Russel Pub gleich neben dem Hotel.

... und werden nicht enttäuscht
… und werden nicht enttäuscht

His Masters Voice

Unsere Unterkunft in Humshaugh
Unsere Unterkunft in Humshaugh

Das Frühstück genießen wir mit einem wundervollen Blick über den gepflegten Garten und das Tal der North-Tyne. Dabei kommen wir auch mit unserer Gastgeberin ins Gespräch. Das Haus in dem wir heute Nacht geschlafen haben, ist aus dem 18. Jahrhundert und wurde von der Frau eines Vikars erbaut. Sie hat es dabei aber nicht bewenden lassen, sondern gleich mehrere Häuser gebaut. Diese gehören heute allesamt einer Stiftung und stehen unter Denkmalschutz. Sie und ihr Mann haben das Haus gemietet. Durch den Denkmalschutz ist es schwierig, die Wärmedämmung zu verbessern. Sie dürfen noch nicht einmal, die einfach verglasten Fenster durch doppelte Verglasung ersetzen. Im Winter kann es hier schon sehr kalt werden, aber selbst jetzt im August waren wir dankbar, dass sie für uns gestern Abend die Heizung angemacht hatte.

Die Sammlung von John Clayton wirkt recht altmodisch
Die Sammlung von John Clayton wirkt recht altmodisch

Anschließend besuchen wir die Ausstellung im Chester Fort, bei der wir gestern zu spät waren. Hier ist John  Clayton verewigt, der einen Teil seines Vermögens in den Kauf von Ländereien investiert hat, auf denen der Hadrians Wall steht. Dort hat er dann Ausgrabungen durchführen lassen. Leider war die Dokumentation der Ergebnisse im 18. Jahrhundert nicht so systematisch und Stücke, die man für nicht so wichtig hielt, hat man in den Fluss geschüttet oder irgendwo wieder vergraben. Auf jeden Fall war die Oberschicht in der viktorianischen Zeit von der Römerzeit sehr angetan. Sie erhofften sich vom Studium dieser Zeit Erkenntnisse für die eigene Führung des immer größer gewordenen britischen Kononialreiches.  Die Ausstellung im Museum ist dann auch eher ein Sammelsurium an Grabungsfunden.

Kostümierte Darsteller demonstrieren die Fähigkeiten römischer Soldaten. Wir warten die ganze Zeit auf Asterix und Obelix...
Kostümierte Darsteller demonstrieren die Fähigkeiten römischer Soldaten. Wir warten die ganze Zeit auf Asterix und Obelix…

An diesem Wochenende findet auf dem Gelände die Show „The Clash of the Romans“ des English Heritage statt. Legionäre in Kostümen zeigen, wie es wohl zu Hadrians Zeiten ausgesehen hat und welche Fähigkeiten die römische Armee hatte. Dies ist natürlich ein großes Ereignis für die kleinen und großen Kinder, die hier in den Ferien angereist sind. Höchstwahrscheinlich waren wegen der Darsteller und Besucher alle Hotels in der Umgebung ausgebucht. Wir schauen uns einen Teil der Show an und wenden uns dann aber lieber den Ruinen des Forts und des Badehauses direkt am North-Tyne zu.

Nächste Station ist das Fort Brocolitia, von dem man nur den Grenzwall erkennen kann. Sonst ist hier nichts ausgegraben. Auf ihm weiden in aller Ruhe einige Schafe. Etwas weiter außerhalb des Walles liegt ein Mithraeum. Hier gab es offensichtlich den Mithras-Kult, der im 2. und 3. Jahrhundert bei den römischen Soldaten sehr beliebt war. Über den konkreten Inhalt ist sehr wenig überliefert.

Im Museum von Housestead sind die örtlichen Fundstücke ausgestellt. Beeindruckend sind hier die drei Gestalten in Kapuzenmänteln. Es handelt sich um die genii cucullati - keltische Schutzgeister, die in ganz Nordeuropa vereehrt wurden und von den römischen Soldaten am Hadrianswall auch angebetet wurden
Im Museum von Housestead sind die örtlichen Fundstücke ausgestellt. Beeindruckend sind hier die drei Gestalten in Kapuzenmänteln. Es handelt sich um die genii cucullati – keltische Schutzgeister, die in ganz Nordeuropa vereehrt wurden und von den römischen Soldaten am Hadrianswall auch angebetet wurden

Weiter geht es nach Housesteads Roman Fort. Hier haben die Römer den Hadrians Wall über eine Hügelkette gebaut und eben dort ein uneinnehmbares Fort oben auf eine Anhöhe gebaut. Zugänglich ist dieses  Fort auch heute nur über einen steilen Weg.

Zur Feier von 1900 Jahren Hadrianswall hat eine Künstlerin eines der Tore von Housestead Fort als Kunstwerk wieder aufgebaut. So ergibt sich die Möglichkeit, hinaufzusteigen und die gleiche Perpektive zu genießen, wie einst die römischen Soldaten
Zur Feier von 1900 Jahren Hadrianswall hat eine Künstlerin eines der Tore von Housestead Fort als Kunstwerk wieder aufgebaut. So ergibt sich die Möglichkeit, hinaufzusteigen und die gleiche Perpektive zu genießen, wie einst die römischen Soldaten

In der Ausstellung wird uns klargemacht, dass wir den Hadrians Wall in einem besonderen Jahr besuchen. 122 n. Chr. besuchte Kaiser Hadrian Nordengland  und gab zur Konsolidierung der Grenze zu den Pikten diese Mauer bei seinen Legionen in Auftrag, also vor 1900 Jahren. Deshalb also alle diese Aktivitäten rund um die Mauer. In Housesteads hat eine Künstlerin auf den Grundmauern des Nordtors aus Gerüstmaterial ein Tor nachgebildet und mit sehr bunten Holzplatten verkleidet, die von den Bürgern der Gegend gestaltet wurden.

Der Blick aus dem temporär errichteteten Tor zeigt, wie sich der Hadrianswall scheinbar schwerelos die Hügel entlang schwingt
Der Blick aus dem temporär errichteteten Tor zeigt, wie sich der Hadrianswall scheinbar schwerelos die Hügel entlang schwingt

In dem Fort erkennen wir mittlerweile ohne viel Erklärung die Struktur und die Funktion der einzelnen Gebäude. Die Römer hatten eine sehr standardisierte Planung, die wir langsam kennen. Bei dem Fort handelt es sich um ein ausschließlich militärisch genutztes Objekt. Die Zivilisten mussten außerhalb der Mauern siedeln und konnten nicht wie in Corbridge den Schutz der Garnison nutzen.

Im Auto sitzen wir bei eingeschalteter Zündung und laufender Klimaanlage mit offenen Türen und planen den weiteren Nachmittag. Das ist keine gute Idee! Als wir gegen 15:00 Uhr den Motor starten wollen, springt er nicht gleich an und danach hört man nur noch das Klicken der Start-Relais. Wir schalten alles aus und melden das Problem Europcar und man verspricht uns einen RAC-Service zu schicken. Wir müssen bis 17:00 Uhr auf ihn warten. Der Mechaniker setzt sich ins Auto und macht auch einen Startversuch, um sich das Ganze noch einmal selbst anzuhören. Der Motor springt ohne zu murren an und wir stehen da wie die Deppen.

Klaus wartet auf den Servicetechniker, Mithras oder die Genii Cucullati. Vielleicht auch auf alle zusammen...
Klaus wartet auf den Servicetechniker, Mithras oder die Genii Cucullati. Vielleicht auch auf alle zusammen…

He needs his Masters Voice!

Der Mechaniker erklärt uns noch, dass die Batterie dieser Fahrzeuge zu klein ist und wir diese zu stark entladen haben. Nach einer Weile erholt sich diese wieder etwas, so dass es gerade reichte,  um den Motor zu starten.

In Haltwhistle behauptet man, dass der Ort das Zentrum Großbritanniens wäre
In Haltwhistle behauptet man, dass der Ort das Zentrum Großbritanniens wäre

Weiter geht es auf der B6318, aber die Ausgrabungsstätte bei Vindolanda  hat bereits geschlossen. In Haltwhistle finden wir nach kurzer Suche unser gebuchtes AirBnB. Es befindet sich in einem wunderschön ruhig gelegenen alten Haus von 1902, in dem unsere Gastgeber erst seit 4 Wochen wohnen. Da wir Vindolanda heute nicht mehr besuchen konnten und uns alle dazu geraten haben, entscheiden wir uns, eine weitere Nacht an diesem schönen Ort zu bleiben.

Sehr kurios: Working Mens Club in Haltwhistle
Sehr kurios: Working Mens Club in Haltwhistle

Unsere Gastgeber haben Mitleid mit uns wegen der Geschichte mit dem Auto und servieren uns im Garten in der späten Nachmittagssonne erst einmal ein Gläschen Bier zur Beruhigung. Dann kommt noch der taktische Hinweis, dass man in diesem kleinen Ort rechtzeitig ins Pub gehen sollte, wenn man noch was zu Essen haben will. Wir haben zwar noch Brot, Käse usw., aber folgen dem Hinweis. Dabei lernen wir, dass Pubs in dem Ort Sonntags Mittags die Küche schließen. Nur das indische Restaurant macht da nicht mit, so dass wir doch noch zu einer warmen Mahlzeit kommen.

Brücke über die South Tyne in Halwhistle
Brücke über die South Tyne in Halwhistle

Heute haben wir frei!

Auch vom Frühstück in der Casa haben wir uns frei genommen. Es schmeckt zwar gut, aber ist doch jeden Tag gleich. Wir treffen uns im El Dandy, einem netten Café an der Plaza Del Cristo und essen zum ersten Mal seit einer Woche ein Frühstück ohne zwei Eier. Eine kleine Katze findet uns sympathisch und legt sich auf dem Bücherregal hinter uns schlafen.

Das Capitolio
Das Capitolio

Nach einem kurzen Zwischenstopp in der Casa geht es zum Capitolio. Der Eingang ist zu, aber es wird uns gesagt, dass in etwa einer halben Stunde eine Führung stattfinden wird. Die Wartezeit vertreiben wir uns im angrenzenden Park im Schatten. in der Führung erfahren wir, dass das Capitolio erst seit heute wieder zugänglich sei. Die letzten 10 Jahre wurde es renoviert. Die Renovierungsarbeiten sind zwar noch nicht abgeschlossen aber das Ergebnis ist schon sehr vorzeigbar und die Kubaner sind mächtig Stolz auf den Bau.

Erst das Gerüst verdeutlicht die Größe der 17m hohen Statue im Eingangsbereich des Capitolio
Erst das Gerüst verdeutlicht die Größe der 17m hohen Statue im Eingangsbereich des Capitolio

Es wird mehrfach betont, dass es sich um keine Kopie des Capitols in Washington handelt. Nur die äußere Form ist sehr ähnlich. Innen ist es total anders aufgebaut und strukturiert. Der Hinweis darauf, dass es etwas höher ist, erfüllt die Kubaner aber mit schelmischer Freude. Allerdings ist der Sitzungssaal für das Parlament zu klein und so können hier leider nur Ausschüsse tagen und natürlich offizielle Empfänge stattfinden. Die Bedeutung des Parlaments ist aber nicht mit unserem Bundestag zu vergleichen. Unter der Kuppel am Haupteingang befindet sich der Punkt Null des Kubanischen Straßennetzes. Hier ist ein beleuchteter Diamant eingelassen. Es handelt sich aber um eine Kopie des ursprüngliche Originals. 

Erst durch die Besuchergruppe werden die Ausmaße des Gebäudes sichtbar
Erst durch die Besuchergruppe werden die Ausmaße des Gebäudes sichtbar

Das Original soll aus der Zarenkrone des letzten russischen Zaren stammen. Er wurde auch schon einmal gestohlen und fand sich danach in dem Büro des amtierenden Präsidenten wieder. – Ein Schelm der Böses dabei denkt – Nun wird er sicher im Tresor der Nationalbank verwahrt. Unsere Führerin war sich sicher, dass er immer noch da ist :-). Im Erdgeschoss darunter befindet sich ein Schrein mit den Gebeinen von drei unbekannten Soldaten, die für die kubanische Unabhängigkeit gestorben sind. Um sie herum stehen Fahnen der Länder Amerikas plus Spanien und Portugal. Raúl Castro schickt regelmäßig einen frischen Kranz für den Schrein. 

Unser Guide vor einem Foto der Mitarbeiter, die für den Verschnitt des Rums verantwortlich sind
Unser Guide vor einem Foto der Mitarbeiter, die für den Verschnitt des Rums verantwortlich sind

Nach der Tour bewegen wir uns wieder zur Casa. Nach einer kleinen Pause machen wir uns auf zum Rum-Museum am Hafen. Diesmal ist es nicht geschlossen. Auch hier wird eine Führung angeboten.

Auch das Ausgangsprodukt, der frisch gepresste Zuckerrohrsaft, ist schon schmackhaft
Auch das Ausgangsprodukt, der frisch gepresste Zuckerrohrsaft, ist schon schmackhaft

Zunächst wird über die Verbreitung des Zuckerrohrs und dessen Weg nach Kuba berichtet. Da die Spanier auf Kuba kein Gold fanden, haben sie schnell auf die Erzeugung des „weißen Goldes“ umgesattelt. Darunter musste zunächst die einheimische Bevölkerung leiden. Nachdem diese fast ausgerottet war, mussten afrikanische Sklaven leiden. Sehr schnell erkannte man, dass man aus dem Zuckerrohr einen Schnaps herstellen kann. Dieser war dann der Renner bei den Seeleuten und den Piraten. Anfangs muss das einen ziemliche Brühe gewesen sein. Dann brachte jemand die Technik des Filters mit und es entstand der Rum, wie wir ihn heute kennen. Der gefilterte Rum wird mindestens drei Jahre in alten Bourbon Fässern gelagert, bevor er auf Trinkstärke verdünnt wird. Zum Abschluss dürfen wir noch einen Schluck 7jährigen Havanna Club Rum probieren. Unser Fall ist er nicht, wir haben schon bessere gekostet.

Das Biest in der Barbie
Das Biest in der Barbie

Nun würden wir gerne eine Kleinigkeit essen, bevor wir uns wieder mit unseren Mitreisenden treffen. Leider finden wir nichts geeignetes und für ein vollständiges Essen reicht die Zeit nicht mehr. In der Casa haben sich die Beiden schon fein gemacht. Wir wollen gemeinsam eine Tour mit einem Oldtimer Cabrio machen. Sie haben bereits einen Fahrer mit Wagen gefunden und einen günstigen Preis verhandelt.

Blick über die Altstadt von Havanna
Blick über die Altstadt von Havanna

Es ist ein Chevrolet Bel Air von 1954 mit V8-Motor, 380PS und in rosa mit weiß lackiert. Der Fahrer David spricht einigermaßen Englisch und ist mächtig stolz auf den Originalmotor. Das Auto gehörte ursprünglich seinem Großvater und er nennt es liebevoll „Barbie-Biest“. Barbie wegen der Farbe und Biest wegen des Motors, der 33 Liter auf 100 km schluckt. Wir vereinbaren eine Tour auf die andere Seite des Hafens. Er startet Musik vom Buena Vista Social Club und dann den Motor. Mit einer schwarzen Rauchwolke hinter uns geht es los. Durch den Tunnel fahren wir auf die andere Seite zur Jesus Statue, dem Che Guevara Haus, dem Militärmuseum und dem alten Fort.

Blick auf den Malecón
Blick auf den Malecón

Zum Abschluss lassen wir uns an der Plazuela del Angel raussetzen. Dort hat eine Modedesignerin ein Restaurant eröffnet. Wir genießen zum Abschluss ein wundervolles Abendessen.

Wo sind die Kühe?

Es ist 23 Uhr Ortszeit in Havanna. Wir sitzen auf der Dachterrasse unserer Unterkunft in Havanna im Schein einer Leuchtstofflampe und trinken ein Bier der Marke El Presidente. Das ist ein leicht malzig schmeckendes Pils aus der Dominikanischen Republik.

Wir sind pünktlich um kurz nach 20 Uhr gelandet, brauchten aber bis 21 Uhr bis wir Passkontrolle, Sicherheitscheck des Handgepäcks, Gepäckband und Zoll glücklich hinter uns gelassen haben. Draußen steht schon das Empfangskommando und lotst uns in ein 40 Jahre altes englisches Auto. Der Fahrer betont, dass nur das Chassis so alt sei, der Motor sei ein Lada. Damit gehört es schon zu den jüngeren Fahrzeugen auf der Straße. Am Flughafen standen allerdings neuere gelbe Grossraumtaxen, aber im Straßenbild treten sie nicht in Erscheinung. Viele Fahrzeuge stoßen kräftige Rauchwolken aus. Es ist trotz der späten Stunde schwül warm und so ergibt sich daraus ein Smog, der mich spontan an Indien erinnert. Unterwegs in meiner leichten Jetlagtrance frage ich mich plötzlich, warum hier keine Kühe auf der Straße stehen…

Aber nein, wir sind auf Kuba . Es soll hier Kühe geben, aber die sind nicht heilig und stehen auch nicht auf der Straße herum.

Unsere Unterkunft
Unsere Unterkunft

In der Altstadt ist die Luft etwas besser. Die Unterkunft macht einen sehr gepflegten und sicheren Eindruck. Nun müssen wir nur noch Schlaf finden. Morgen Vormittag um 10 Uhr beginnt unsere erste Tanzstunde.