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Blackpool sehen und weiterfahren

Ein Kleiber beim Frühstück am Mary Mount Hotel
Ein Kleiber beim Frühstück am Mary Mount Hotel

Zum Frühstück sitzen wir getrennt durch eine Fensterscheibe zusammen mit einer großen Schar Vögel an ihrer Futterstelle. Meisen, Spatzen, Buchfinken, Goldammern, Stieglitze, Zeisinge, ein Kleiber und darunter am Boden Enten, die aufsammeln, was herunter fällt.

Blick über Derwent Water
Blick über Derwent Water

Wir starten vom Mary Mount Hotel zunächst nach Süden, um das Derwent Water noch einmal zu umfahren. Es ist eine enge Straße mit einem wundervollen Ausblick über den See.

Der Castlerigg Steinkreis als Panorama
Der Castlerigg Steinkreis als Panorama

Kurz hinter Keswick fahren wir noch einmal hoch in die Berge zu einem ca. 5000 Jahre alten Steinkreis. Es ist einer der Eindrucksvollsten von ca. 1300 Steinkreisen auf den britischen Inseln. Es stehen noch 33 Steine auf einem Durchmesser von ca. 30m, die einen Eindruck von der Magie dieses Ortes vermitteln.

Danach setzen wir Kurs nach Süden, fahren an mehreren Seen vorbei, und auch durch das Gewimmel am Lake Windermere. Wir haben vor, ein Geschäft in Kendal zu besuchen, das mit dem Angebot von Wollartikeln aus dem Lake District wirbt. Wir finden das Geschäft, aber leider ist es geschlossen. Durch die Fenster sehen wir, dass sich das Angebot auch mehr auf Möbelstoffe und weniger auf Pullover oder Mützen bezieht.

Minischafe auf dem Markt in Kendal
Minischafe auf dem Markt in Kendal

Stattdessen besuchen wir in Kendal den Local Farmers Market. Amüsiert sind wir über gezeigte Minischafe, die vollausgewachsen nicht größer als ein Cockerspaniel sind, aber doppelt soviel kosten wie ein normal großes Schaf, nämlich 300 BPf das Stück.

Ich denke bei Schafen eher an Wolle und Käse, aber die hier denken an was anderes...
Ich denke bei Schafen eher an Wolle und Käse, aber die hier denken an was anderes…

Von Kendal schlagen wir uns wieder an die Küste nach Blackpool durch. Dazu müssen wir aber an Lancaster vorbei und stehen auf der Autobahn erst einmal im Stau. Wir sollten doch besser Landstraße fahren! Über Blackpool haben wir viel in unserer Tanzschule gehört. Regelmäßig findet hier das Blackpool Dance Festival im The Winter Gardens statt und ist die inoffizielle WM für Standard und Latein Tänzer und Formationen.

North Pier Blackpool
North Pier Blackpool

Wir stoßen im Norden von Blackpool auf die Uferpromenade und fahren auf dieser in Richtung Zentrum. Es zieht sich sehr lang hin. Nördlich der Nordpier befinden sich alle großen und namhaften Hotels. Entlang der Promenade ziehen sich Lichtinstallationen, die an Weihnachtsdekoration erinnern. Nachts sieht das sicher interessant aus, aber am Tage wirkt das nicht so gut und versperrt den Blick auf die irische See.

Irgendwie sind wir hier im falschen Jahrzehnt gelandet
Irgendwie sind wir hier im falschen Jahrzehnt gelandet

Wir parken unser Auto in der Nähe der Nordpier und gehen auf ihr einen Tee trinken. Hier ist es eigentlich ganz nett und wir versuchen eine Unterkunft für die Nacht zu bekommen, um das nächtliche Treiben einmal zu erleben. Leider mehrfach vergebens. Großbritannien hat einmal wieder einen Bankholiday und viele Briten nutzen das verlängerte Wochenende für einen Ausflug an die See und eben auch nach Blackpool.

Schießbude auf der North Pier - wie früher
Schießbude auf der North Pier – wie früher

Als wir die Uferpromenade weiter nach Süden fahren, macht Blackpool auf uns den Eindruck eines britischen Las Vegas. Mehr Schein als Sein und am Tage wirkt das Ganze etwas heruntergekommen. Dies wird Abends dann mit viel buntem Licht überdeckt. Zwischen Central Pier und South Pier wird es immer schlimmer und in den Verkehr mischen sich kitschige rosa Kutschen gezogen von bemitleidenswerten Pferden. Wir haben den Bedarf, dieser Szenerie so schnell wie möglich zu entkommen.

Kitschige Kutschen an der South Pier - unser Jahrzehnt ist das nicht...
Kitschige Kutschen an der South Pier – unser Jahrzehnt ist das nicht…

In St. Anne ist es dann plötzlich vorbei, dafür scheinen wir in einem Altenpflege-Bereich mit Seniorensitzen und Pflegediensten gelandet zu sein und von Hotels ist hier nichts zu sehen. Darüber hinaus sind hier viele Häuser in vorderster Reihe zum Verkauf.

Blick vom Steg auf Lytham
Blick vom Steg auf Lytham

Einen Ort weiter, in Lytham, finden wir an der Uferstraße ein nettes vier Sterne Hotel, das Clifton Arms. Hier bleiben wir. Nach dem Essen gehen wir noch auf die Promenade und in das Marschvorland, das hier tatsächlich auch Beach genannt wird. Kurz nach Niedrigwasser können wir einen enormen Tidenhub bewundern.

Erst an die See und dann in die Berge

Touristen scheint es in Silloth keine zu geben. An der Straße ist ein kleiner Flohmarkt aufgebaut, aber es scheint nur für die Einheimischen zu sein und vielleicht ein paar Angehörige der Airforce
Touristen scheint es in Silloth keine zu geben. An der Straße ist ein kleiner Flohmarkt aufgebaut, aber es scheint nur für die Einheimischen zu sein und vielleicht ein paar Angehörige der Airforce

Vom Bush Inn bei Kirkbride geht es erst einmal an die Küste bei Silloth. In der Nähe befindet sich ein Flughafen der RAF (Royal Airforce) und man sieht an vielen Stellen die Verbindung zur Airforce. Es ist zwar alles sehr gepflegt, aber trotzdem herrscht in diesem Ort eine eigentümliche Stimmung. Petra fällt dazu spontan das Wort „desperate“ ein. Der Park am Solway Firth mit seinen Vergnügungseinrichtungen und auch der aufgebaute Jahrmarkt wirkt „old fashioned“.

Es ist Sommer, es ist Ferienzeit, es ist niemand hier. Wann sonst sollte denn jemand kommen?
Es ist Sommer, es ist Ferienzeit, es ist niemand hier. Wann sonst sollte denn jemand kommen?

Auch einen Strand gibt es hier nicht. Es ist eher eine Betontreppe ins Wasser und der Strom zieht direkt am Ufer entlang. Freiwillig würden wir hier keinen längeren Urlaub machen. Der Hafen ist nicht zugänglich. Er ist durch einen Zaun vor Besuchern geschützt. Warum das so ist, erschließt sich uns nicht. Historisch gab es hier schon  früher Getreidespeicher und auch heute ist das noch so.

Wir fahren lieber weiter die Küste entlang und halten bei Allanby hinter den Dünen. Dort gibt es einen sehr ursprünglichen Strand mit vielen Steinen, der vor allem bei den Hunden äußerst beliebt ist. Auf dem ausgiebigen Standspaziergang finden wir viele interessante Steine, Seeglas, Austernschalen und Rocheneier.

Das Ergebnis unseres Strandspaziergangs
Das Ergebnis unseres Strandspaziergangs

Unser Endpunkt  an der Küste ist Maryport. Hier gab es noch eins von mehreren römischen Forts als Teil des Küstenschutzes in Verlängerung des Hadrians Walls. Wir verzichten auf einen Besuch.

Auf der Kaimauer in Maryport
Auf der Kaimauer in Maryport

Nach wie vor gibt es hier eine aktive Fischereiflotte und einen sehr geschützten Yachthafen, der aber nur 2-3 Stunden vor und nach Hochwasser angelaufen werden kann. Danach fällt die Zufahrt, Vorhafen und Fischereihafen trocken. Vor dem Yachthafen gibt es eine Barriere, damit er nicht trockenfällt.

Eine Segelyacht läuft in der Hafeneinfahrt von Maryport auf Grund und dreht ab
Eine Segelyacht läuft in der Hafeneinfahrt von Maryport auf Grund und dreht ab

Die Einfahrt zeigt bereits zwei rote Lichter, als von draußen noch eine größere Yacht mit hoher Geschwindigkeit auf den Hafen zufährt. Die Seekarte von Navionics zeigt, dass der Vorhafen in etwa 1 Stunde anfängt trocken zu fallen. Im Vorhafen scheint die Yacht Grundberührung mit dem Sand zu haben und dreht so schnell es geht mit dem Bugstrahlruder, um den Hafen wieder zu verlassen. Sie schafft es wieder hinaus, wenn nicht, hätte sie auf der Bank im Vorhafen flachgelegen.

Segelunterricht im Yachthafen von Maryport
Segelunterricht im Yachthafen von Maryport

Im Yachthafen übt derweil eine Gruppe Jugendlicher von den Sea Cadets mit Ein- und Zweipersonen-booten der Marke RS das Segeln. Die Barriere an der Einfahrt zum Yachthafen verhindert, dass das Wasser abläuft, aber der Vorhafen fällt trocken.

Fischerboote im Hafen von Maryport
Fischerboote im Hafen von Maryport

Von Maryport geht es auf direktem Weg über Cockermouth in die Berge des Lake Districts. Das sind ehemalige Vulkane, die in der letzten Einszeit von Gletschern bedeckt waren. Davon sind zahlreiche Seen übrig geblieben und mit über 900m die höchsten Berge Großbritanniens.

Derwent Water
Derwent Water

Der Reiseführer hatte uns bereits gewarnt, dass weite Teile des Lake Districts während der Sommerzeit touristisch sehr überlaufen sind. Der Bereich des Derwent Waters soll angeblich noch gehen.

Mary Mount Hotel am Südende des Derwent Water
Mary Mount Hotel am Südende des Derwent Water

In Keswick am Nordende des Derwent Water kommt uns der Gedanke, wenn es hier schon so voll ist, wie soll es dann erst in Windermere sein? Hier bleiben wir definitiv nicht und fahren durch Keswick hindurch und finden tatsächlich einen etwas ruhigeren Ort am See im Mary Mount Hotel. Auch die Übernachtungspreise sind überraschenderweise moderat und sie haben sogar noch ein Zimmer für uns frei.

Unsere Knutschkugel bleibt beim Hotel und wir noch machen eine kleine Rundwanderung zum nahe gelegenen Wasserfall, dem Lodore Falls, bevor wir den Rest des Abends auf der Hotelterrasse genießen.

Das andere Ende der Mauer

Bevor wir Carlisle verlassen, begeben wir uns in die Innenstadt, um einige Besorgungen zu machen. Carlisle ist die Hauptstadt und einzige Stadt von Cumbria und sehr gut mit Geschäften und Banken ausgestattet. Wir haben noch alte Geldscheine, die man nur in einer Bank umtauschen kann und Klaus braucht dringend einen Pullover, da er die Temperaturen in England falsch  eingeschätzt hat.

Wie auch alle anderen Kirchen, die wir bislang in Carlisle gesehen haben, ist auch die Kathedrale gedrungen und niedrig. Auch der rote Stein ist sehr typisch für die Stadt
Wie auch alle anderen Kirchen, die wir bislang in Carlisle gesehen haben, ist auch die Kathedrale gedrungen und niedrig. Auch der rote Stein ist sehr typisch für die Stadt

Nachdem dies erledigt ist, besuchen wir die alte Kathedrale von Carlisle. Auch hier wieder das altbekannte Muster: erst hatten die Ureinwohner hier einen besonderen Ort, dann haben die Römer diesen Ort mit irgendwelchen Bauten übernommen und dann kam die Kirche mit einem ersten Bau und einem Kloster, das dann ständig erweitert wurde.

Über die Jahrhunderte hat Carlisle sowohl unter der Grenzlage zu Schottland durch regelmäßige Kriege gelitten, aber auch stark davon profitiert. Dieser Ort lag einfach strategisch optimal an der Eden, die in den Solway Firth mündet. Auch der Hadrians Wall verlief durch das heutige Stadtgebiet von Carlisle. Entsprechend hat sich über die Jahrhunderte so einiges in der Schatzkammer der Kathedrale angesammelt und das Innere der Kirche ist reich verziert.

Eine Ausstellung im Tullie Haus beschäftigt sich mit stark befestigten Grenzen im Allgemeinen. Das passt für mich gut zum Ende unseres Besuchs am Hadrians Wall und den Vergleichen, die auch wir schon angestellt hatten. Dieses Motto nehme ich deshalb gerne mit.
Eine Ausstellung im Tullie Haus beschäftigt sich mit stark befestigten Grenzen im Allgemeinen. Das passt für mich gut zum Ende unseres Besuchs am Hadrians Wall und den Vergleichen, die auch wir schon angestellt hatten. Dieses Motto nehme ich deshalb gerne mit.

Zu guter Letzt besuchen wir noch das Tullie House, Museum and Art Gallery, eine Art Landesmuseum für Cumbria. Dort befindet sich eine bunte Mischung aus verschiedenen Ausstellungsinhalten: Römer, Eisenbahnen, ein angeschwemmter toter Finnwal, Ausgrabungen von skandinavischen Gräbern, heimische Tier- und Pflanzenarten, viktorianische Gewänder, Kunst usw.

Im Museumsrestaurant gibt es ein gutes Lunch. Trotzdem merken wir, dass wir bezüglich Museen langsam abgefüttert sind und machen uns auf den Weg zum anderen Ende des Hadrians Walls. Dazu fahren wir über eine Straße am Solway entlang, die bei Springhochwasser unter Wasser stehen soll. Die Straße geht direkt durch das Marschland vor dem  letzten Stück des Hadrians Walls. Der Wall hat hier eher die Form eines kleinen Deiches.

Heute mal kein Schaf, sondern ein Rind: "Mir ist es etwas peinlich, habe das Waschmittel genommen und nun sind meine schönen schwazen Flecken völlig ausgewaschen!"
Heute mal kein Schaf, sondern ein Rind: „Mir ist es etwas peinlich, habe das Waschmittel genommen und nun sind meine schönen schwazen Flecken völlig ausgewaschen!“

Wir haben halbe Tide und lassen das Auto auf einem Haltestreifen zurück, um das Marschland zu erkunden. Auf dem Marschland und auf dem Wall können sich Rinder frei bewegen und so stehen sie dann auch schon einmal auf der Straße und blockieren den Verkehr. Bei Bowness on Solway ist dann das andere offizielle Ende des Hadrians Walls erreicht.

Auch hier gab es ein Fort, vermutlich auch mit Anlegestellen für die Versorgung der Truppen. Davon und von dem Fort ist aber nichts mehr zu sehen, da die Ortschaft direkt auf dem Gelände des Forts steht, also höchstwahrscheinlich vom Fort direkt in eine Ortschaft übergegangen ist und die für andere Bauten wie z.B. die alte Kirche wiederverwendet wurden.

Offizielles Ende des Wanderwegs am Hadrians Wall, aber die Mauer ging vom Fort aus vermutlich noch bis an das Ufer und vermutlich auch darüber hinaus noch ein Stück in den Solway Firth hinein.
Offizielles Ende des Wanderwegs am Hadrians Wall, aber die Mauer ging vom Fort aus vermutlich noch bis an das Ufer und vermutlich auch darüber hinaus noch ein Stück in den Solway Firth hinein.

Unsere heutige Unterkunft liegt wieder in einem Inn mit Pub, Restaurant, einigen Gästezimmern und einem Stellplatz für Camper etwas landeinwärts bei Kirkbride.

Höhepunkt der Mauer überschritten

Nach dem Frühstück verabschieden wir uns ganz herzlich von unseren Gastgebern. Es war einfach schön und sehr freundschaftlich bei ihnen.

Im Roman Army Museum bekommen wir von einem etwas herablassenden virtuellen römischen Lehrer aus Neapel unter anderem die lateinische Schreibschrift näher gebracht
Im Roman Army Museum bekommen wir von einem etwas herablassenden virtuellen römischen Lehrer aus Neapel unter anderem die lateinische Schreibschrift näher gebracht

Wir fahren zurück auf die Straße an der Mauer und wollen dem „Roman Army Museum“, dem 2. Ausstellungshaus des Vindolanda Cheritable Trusts, einen Besuch abstatten. Hier hat man versucht, den Alltag der römischen Soldaten darzustellen. Wir sind von dieser Ausstellung nicht so begeistert. Das Soldatenleben wird zu heroisch dargestellt und eigentlich kommt nichts Neues mehr hinzu.

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Wir wollen bei dem heutigen guten Wetter lieber auf die Mauer und machen eine kleine Wanderung Richtung Westen. Nicht allzu weit entfernt gibt es an der Mauer eine Burgruine, das Thirlwall Castle. Das Castle liegt  an einem kleinen Fluss in Greenhead. Auf dem Weg zurück lassen wir noch einmal unsere Drohne über der Mauer fliegen. Die Mauer ist hier nur als langer Wall zu erkennen, der sich gerade durch die Landschaft zieht. Die Schafe und Rinder, die auf dem Wall weiden, lassen sich durch die Drohne nicht beeindrucken.

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Die Mauer ist hier nur noch an einem gerade durch die Landschaft führenden Graben zu erkennen, einem Teil der Verteidigungsanlagen
Die Mauer ist hier nur noch an einem gerade durch die Landschaft führenden Graben zu erkennen, einem Teil der Verteidigungsanlagen

Hinter Greenhead scheint die Mauer die Wasserscheide zu überschreiten. Die Bäche und Flüsse fließen nicht mehr nach Osten in die Tyne, sondern nach Westen in die Eden, die in den Solway Firth mündet.

 

So sieht ein Fort aus, wenn es noch nicht ausgegraben wurde. Was dort wohl noch zu finden sein wird? Aus geophysikalischen Untersuchungen weiß man, dass es auch hier ein angrenzendes Dorf gab. Darauf konzentrieren sich derzeit, die nicht sehr umfangreichen Ausgrabungen
So sieht ein Fort aus, wenn es noch nicht ausgegraben wurde. Was dort wohl noch zu finden sein wird? Aus geophysikalischen Untersuchungen weiß man, dass es auch hier ein angrenzendes Dorf gab. Darauf konzentrieren sich derzeit, die nicht sehr umfangreichen Ausgrabungen

Nächste Station ist das Fort in Birdoswald. Es liegt auf dem hohen Ufer am Fluss Irthing, der durch eine tiefe Schlucht mäandert. Von dem Fort ist nur sehr wenig ausgegraben. Nur der Bereich um das Herrenhaus des Gutes, das auf der Fläche des Forts steht, ist freigelegt. Die Ausgrabungen zeigen, dass der Ort nach den Römern weiter durch die lokale Bevölkerung als Schutz gegen Angriffe aus Norden, also Schottland, genutzt wurde.

 

Blick vom Fort Birdoswald auf die Irthing
Blick vom Fort Birdoswald auf die Irthing

Etwas weiter östlich setzte die Mauer über die Irthing. Da der Fluss sehr wechselnde Wasserstände hat und bei Hochwasser gern seine Lage in Richtung Osten verlagert, musste die Brücke dreimal neu errichtet werden. Heute steht der östliche Brückenkopf hoch und trocken und vom westlichen fehlt jede Spur. Hier haben die römischen Ingenieure ihren Meister gefunden. Selbst die heutige Fußgängerbrücke hat mit dem Fluss zu kämpfen und musste mehrmals aufwendig erneuert werden, wie ein Schild verrät.

Von Birdoswald fahren wir über kleine Straßen nach Carlisle.

 

Vom Fort Birdoswald führt die Mauer deutlich sichtbar zum Fluss Irthing
Vom Fort Birdoswald führt die Mauer deutlich sichtbar zum Fluss Irthing

Als wir uns Carlisle nähern, merken wir, dass wir wieder in eine größere Stadt kommen. Der Verkehr wird merklich dichter und der Baustil der Häuser wird urbaner. Unsere Unterkunft liegt an einer stark befahrenen Straßenkreuzung kurz vor den Stadtzentrum. Offene Fenster werden mit entsprechendem Lärmpegel bestraft. Die Luft ist von leichtem Duft nach Kohlenbrand geschwängert.

 

Auf der anderen Seite der Irthing liegt der Brückenkopf noch deutlich sichtbar hoch und trocken auf einer Schafweide
Auf der anderen Seite der Irthing liegt der Brückenkopf noch deutlich sichtbar hoch und trocken auf einer Schafweide

Zum Abendessen gehen wir in ein nahe gelegenes griechisches Restaurant. Da es drinnen schon sehr voll ist setzen wir uns zunächst nach draußen, aber der Lärm der Straße treibt uns bald hinein. Auch dort ist der Lärmpegel nicht viel niedriger.

Schöner Oldtimer in Carlisle
Schöner Oldtimer in Carlisle

Nach dem Essen kommen wir mit der jungen Bedienung ins Gespräch, die hier als Ferienaushilfe arbeitet und in der Schule seit drei Jahren Deutsch lernt. Sie traut sich aber noch nicht, mit uns Deutsch zu reden. Sie erzählt uns, dass sie bereits bei einem Schüleraustausch in Bayern war. Wir erklären ihr, das Bayern zum Deutsch lernen nicht die beste Gegend ist und geben ihr den Tip das nächste Mal Städte wie Hannover, Hamburg oder Bremen zu wählen.

Daily life in Vindolanda

Ziel ist heute die Ausgrabungsstätte in Vindolanda. Leider spielt das Wetter nicht so mit, wie wir es uns wünschen. Es nieselt einmal wieder und so fahren wir mit unserer Knutschkugel dorthin, anstatt mit dem Bus dorthin zu fahren und anschließend eine Wanderung zurück zu machen.

Vindolanda ist ein römisches Fort, das bereits vor dem Mauerbau bestand. Da es zunächst von der Armee aus Holz gebaut wurde und nicht besonders langlebig war,  wurde es von den Römern selbst immer wieder platt gemacht und neu aufgebaut. Dazu wurden die Holzpfähle entweder abgesägt oder abgebrannt und das ganze dann mit einer neuen Lehmschicht überzogen Diese Lehmschicht wirkt für organische Substanzen konservierend, wodurch die unteren Strukturen erhalten blieben und heute genau datiert und rekonstruiert werden können. Zusätzlich haben sich unter dem Lehm auch andere organische Substanzen wie z.B. Leder von Schuhen – mittlerweile wurden Hunderte gefunden – Riemen, Stoffe und andere Holzgegenstände erhalten.

Auch ein schön dekorierter Kamm aus Buchsbaumholz hat sich erhalten
Auch ein schön dekorierter Kamm aus Buchsbaumholz hat sich erhalten

Zu Zeiten von Hadrian hat man das Fort dann in Stein errichtet. Später wurde es massiv in ein Kavalerie-Fort umgebaut und dann deutlich verkleinert. Nachdem die Römer ihre Herrschaft in England beendeten, wurde das Fort weiter von Zivilisten bewohnt. Es gibt auch Hinweise auf eine Christianisierung.

Auch viele Tierskelette haben sich erhalten, darunter sehr viele unterschiedliche Hunderassen
Auch viele Tierskelette haben sich erhalten, darunter sehr viele unterschiedliche Hunderassen

Das Besondere an diesen Ausgrabungen ist die Erweiterung des Verständnisses für das tägliche Leben der Soldaten und Zivilisten. Geholfen hat dabei der Fund von Schreibtafeln, die durch den Lehm bestens konserviert wurden. Da gab es zum einen buchhalterische Aufstellungen über den Zustand der Soldaten und die Anforderungslisten für die Versorgung, aber auch private und geschäftliche Briefe bzw. Nachrichten, eine offizielle Einladung zu einer Geburtsfeier, versehen mit einer ganz persönlichen Widmung der Einladenden, der Hilferuf endlich Bier zu senden, da man nichts ordentliches mehr zum Trinken hat und den schlichten Vorwurf endlich einmal auf die gesendeten Briefe zu antworten oder das erwartete Geld zu schicken.

Der älteste erhaltene Toilettensitz, etwas geschrumpft durch die Konservierung
Der älteste erhaltene Toilettensitz, etwas geschrumpft durch die Konservierung

Durch den Lehm wurden auch hölzerne Wasserrohre und die einzige hölzerne Toilettenabdeckung im römischen Reich erhalten, deren Konservierung der heutige britische Hersteller von hölzernen Toilettensitzen übernommen hat. Das ist britischer Humor, wie man ihn liebt. Die Ausstellung in Vindolanda ist auf jeden Fall ein Highlight und gehört zu den „Must See“ im Zusammenhang mit dem Hadrians Wall.

Auf dem Ausgrabungsgelände haben wir noch die Gelegenheit, mit freiwilligen Ausgrabungshelfern und einer Archäologin zu sprechen. Die Freiwilligen können sich Anfang November für das kommende Jahr für jeweils zwei Wochen bewerben. Die Nachfrage ist so groß, dass nach wenigen Minuten alle Slots vergeben sind. Der Traum dieser Leute ist natürlich einmal ein wichtiges Stück zu finden und in Händen zu halten.

Von Vindolanda aus fahren wir zur Mauer zurück, die an dieser Stelle oben an einem Steilhang entlang führt. Der Wind ist mittlerweile abgeflaut und es hat aufgehört, zu regnen. Wir trauen uns, oben am Steilhang die Drohne zu starten. Aus der Drohnen Sicht ergibt sich nochmals ein viel atemberaubenderes Bild auf dieses Bauwerk und die umgebende Landschaft.

Blick vom Sycamore Gap nach Norden, in das Land vor dem sich die Römer schützen wollten
Blick vom Sycamore Gap nach Norden, in das Land vor dem sich die Römer schützen wollten

Abends schauen wir uns die Aufnahmen mit Rachel und Felix, unseren Gastgebern, zusammen an. Auch sie sind davon begeistert und für ihre nächsten Erkundungen der Umgebung von Haltwhistle inspiriert.

Ein Milecastle aus der Drohnenperspektive. Die Dinger heißen so, weil sie im Abstand von einer römischen Meile an der Mauer standen und jeweils ca. 10-30 Soldaten Unterkunft geboten haben, während sich der Rest der Truppe im Fort amüsiert hat.
Ein Milecastle aus der Drohnenperspektive. Die Dinger heißen so, weil sie im Abstand von einer römischen Meile an der Mauer standen und jeweils ca. 10-30 Soldaten Unterkunft geboten haben, während sich der Rest der Truppe im Fort amüsiert hat.