Archiv der Kategorie: New Mexico, Arizona, Kalifornien 2014

Flug nach Albuquerque, Fahrt mit dem Auto via Las Cruces, Phoenix nach Kalifornien

In Kalifornien putzen die Cowboys ab jetzt die Solarpanels

Nach einer etwas unruhigen Nacht und einem mäßigen Frühstück brechen wir heute Vormittag zu unserer letzten Etappe auf. Nach der Chihuahua-Wüste, der Sonora-Wüste und der Mohave-Wüste folgt jetzt noch die Agrar-Wüste. Rechts und links erst Obstplantagen dann Farmland. Im Internet hatten wir gelesen, dass die größte Farm hier 3500 Mitarbeiter hat. Zwischen den Feldern sind keinerlei Grünstreifen, es ist wirklich eine Wüste. Außerdem Erdölpumpen und eine große Raffinerie, sowie ein riesiges Umspannwerk.

Eine der wenigen Rinderherden
Eine der wenigen Rinderherden

Als der Highway schließlich hinauf in die Berge führt, wo auch der Himmel endlich wieder blau ist, halten wir erst einmal an und atmen auf. Ein paar Kühe sind etwas irritiert. Das kommt wohl nicht so oft vor. Eigentlich hatten wir erwartet im California Valley noch mehr Rinderherden zu sehen, aber das ist die letzte große Herde. In den Bergen sehen wir noch ein paar kleinere Herden danach folgt das California Valley. Was dort zuerst aussieht wie Wasser, sind etliche Solarfarmen. Überall stehen jetzt Schilder mit der Aufschrift „Solar Ranch“. Weitere Solarfarmen sind gerade im Aufbau. Von Rindern ist nichts mehr zu sehen. Was machen jetzt wohl die Cowboys? – Putzen die in Zukunft die Solarpanels?

Gegen 13 Uhr kommen wir in Creston an. Wir verscheuchen erst einmal ein Reh aus dem Rosenbeet. Es sieht ziemlich mager aus. Es hat den ganzen Herbst und Winter weder geregnet noch geschneit.Alles ist extrem trocken.

Außer den Tieren ist niemand zu Hause, aber nachdem wir eine halbe Stunde Streicheleinheiten verteilt haben, dürfen wir trotzdem reinkommen.

Geisterstädte gestern, heute und morgen

Gestern abend war es schon sehr mild und auch heute morgen ist es mild. Wir haben die Uhren um eine Stunde zurückgestellt. Nur die innere Uhr macht natürlich nicht mit und so wache ich pünktlich um halb acht nach Arizona-Zeit auf. Gestern waren wir nach unserem Frühstück so satt gewesen, dass wir den restlichen Tag außer einem Eis und ein paar salzigen Snacks nichts mehr gegessen haben. Deshalb haben wir heute morgen auch keine große Lust auf ein großes Frühstück.

Briefkästen am Bahnübergang in Goffs
Briefkästen am Bahnübergang in Goffs

Das Zimmer hat eine Mikrowelle. Ich kaufe nebenan im Liquor-Store eine Packung Teebeutel. So frühstücken wir mit Kuchen, Tee und Banane. Nebenher suche ich mit dem Kindle nach einem geeigneten Reiseführer. Wir haben alle gedruckten Reiseführer zu Hause gelassen. Sie sind uns mittlerweile zu schwer zum Mitnehmen und eigentlich auch zu alt. In Arizona sind wir mit Reiseführern aus dem Kindle-Store sehr gut klargekommen, aber die waren auch nur für Arizona.

Zwei Züge mit je 4 Lokomotiven begegnen sich am Bahnübergang von Goffs
Zwei Züge mit je 4 Lokomotiven begegnen sich am Bahnübergang von Goffs

Ich finde auch einen für die Route 66 und lade ihn herunter, denn wir wollen weiter auf der Route 66 nach Westen. Dazu müssen wir wieder ein Stück auf die Interstate 40, dann auf den Highway 95 und dann an einer unscheinbaren Abzweigung auf die Route 66. Schon diese Abzweigung hätten wir ohne Reiseführer wahrscheinlich übersehen. Auf der Route 66 waren wir bislang nicht so sehr viel langsamer als auf der Interstate und es war definitiv nicht langweilig, was es sonst bei langen Wüstentouren schnell werden kann.

Wüsten-Graffiti
Wüsten-Graffiti

Unseren ersten Zwischenstopp legen wir in Goffs ein. Die Schranke am Bahnübergang ist runter. Das Café neben dem Übergang ist ein Trümmerhaufen. Als die Schranke wieder hochgeht, hält ein Mann mit seinem Auto an, als er mich mit der Kamera sieht. Er fragt, ob ich schon in Goffs war. Das soll ich mir unbedingt ansehen und auch das Bagdad Café hinter Ludlow. Das wäre nämlich das wahre Bagdad Café, wo der Film gedreht wurde. Alle würden sagen, die Route 66 wäre in Ludlow zu Ende. Das wäre aber nicht wahr. Ich bedanke mich freundlich und wir halten brav in Goffs am Schulhaus. Hier hat jemand alles Mögliche an alten Dingen zusammengetragen, aber das Gelände ist leider abgeschlossen und so fahren wir weiter.

Geister-Tankstelle
Geister-Tankstelle

Entlang der Straße verläuft ein kleiner Damm, denn Leute genutzt haben, um aus Steinen Buchstaben und Wörter zu legen. Das geht kilomerterlang so entlang der Straße. Den Ort Bagdad genauso wie den Ort Klondike finden wir nicht, auch wenn sie als Orte in der Karte eingezeichnet sind. Es gibt kein Ortsschild, keine Gebäude, noch nicht mal Ruinen. Im Reiseführer steht ganz lapidar, dass auf Luftaufnahmen noch Strukturen ehemaliger Besiedlung zu erkennen seien. Das ist wohl schon lange her, dass Bagdad mal eine Geisterstadt war.

Einschussloch hinter meinem Rücken im Café in Ludlow
Einschussloch hinter meinem Rücken im Café in Ludlow

In Ludlow bekommen wir langsam Hunger. Ludlow selber besteht nur noch aus Ruinen, aber es gibt eine Abfahrt von der Interstate samt Tankstelle und Café. Hier war ursprünglich mal eine Wasserversorgung für die Dampflokomotiven, dann hat man Gold entdeckt und es wurde eine Goldgräberstadt. Unterwegs hatten wir einen umgekippten Zug mit Autowaggons gesehen, denn Arbeiter mit einem Bagger gerade in seine Einzlteile zerlegten Wir fragen danach. Die Inhaberin weiß davon nichts, berichtet aber, dass vor Kurzem ganz in der Nähe zwei Züge zusammengestoßen seien.

Pisgah Crater neben der Route 66
Pisgah Crater neben der Route 66

Hinter Ludlow verläuft die Route 66 sehr dicht an der Interstate und der Zustand der Straße wird deutlich schlechter. In Newberry Springs finden wir dann auch das Bagdad Café. Als ich die Bedienung sehe, habe ich eigentlich keine Lust was zu essen. Wir trinken einen Kaffee und essen dann doch etwas Eis und Kuchen zum Nachtisch dazu. Uns wird sofort das Gästebuch herbeigeschleppt, wo wir uns verewigen müssen und man besteht darauf, dass wir uns hinter dem Tresen fotografieren lassen, bevor wir wieder gehen dürfen.

Im Bagdad Café
Im Bagdad Café

Die Bedienung beschwert sich, dass es so schrecklich kalt sei. Es sind angenehme 20°C und wir sind im T-Shirt unterwegs. Ja, aber es sei doch so windig. Das stimmt allerdings. Unterwegs haben wir einen Sandsturm im Tal südlich von der Strecke gesehen. Außerdem sei das Wetter so unvorhersagbar. Ich glaub, der war noch nie in Deutschland…

Alter Wohnwagen hinter dem Bagdad Café
Alter Wohnwagen hinter dem Bagdad Café

Kurz vor Barstow machen wir noch einen Abstecher zur Geisterstadt Calico. Was wir unterwegs an Besiedlung sehen ist von dem Zustand „Geisterstadt“ auch kaum zu unterscheiden. Calico selbst ist dann eher eine Touristenfalle als eine Geisterstadt. Hier wurde mal Silber und Borax abgebaut. Die Minen sind zu sehen und auch teilweise zu besichtigen.

Kleine Hütte in Calico
Kleine Hütte in Calico

Es gibt viele Holzhäuser im alten Stil, aber vor dem Wiederaufbau hätte sie vielleicht doch mal einen Denkmalpfleger kontaktieren sollen, denn die Schichtplatten gab es so sicherlich damals nicht. Auch die Klimaanlagen erinnern nicht gerade an eine Geisterstadt aus dem 19. Jahrhundert. Nicht nur, dass die Stadt selbst Eintritt kostet, auch jede sonstige Attraktion kostet noch einmal extra. Der Busladung asiatischer Touristen scheint es zu gefallen. Wir flüchten, tanken nochmal voll und verlassen nun die Route 66.

Windpark bei Mojave
Windpark bei Mojave

Auf dem Highway 58 haben wir nun noch eine gute Tagesreise bis nach Creston vor uns. In Mojave in den Bergen treffen wir nach sechs Tagen zum ersten Mal auf einen Windpark. Er ist schon ziemlich alt. Viele kleine Windräder stehen sehr dicht beieinander. Aber dazwischen stehen auch schon etliche große moderne Windkraftanlagen. Kurze Zeit später sehen wir Dunst. Wir rollen nun hinab Richtung Bakersfield und plötzlich ist die Mojave-Wüste vorbei. Schlagartig haben wir den Eindruck in dem Kalifornien zu sein, dass wir kennen. Wir überholen einen LkW mit Zitrusfrüchten. Obst und Gemüse haben mir die letzten Tage am meisten gefehlt. Darauf freue ich mich schon. Dann kommen auch schon die ersten Obstplantagen links und rechts.

Aaaaah - Kalifornien :-)
Aaaaah – Kalifornien 🙂

In Bakersfield suchen wir uns ein Hotel in der Innenstadt. Es ist sehr ordentlich, aber leider haben wir übersehen, dass es sehr dicht an der Bahnstrecke ist. Und wenn mal kein Zug fährt und kein Auto, dann lärmt immer noch die Klimaanlage auch in ausgeschaltetem Zustand. Das als Kingsize angepriesene Bett hat noch nicht mal Queen-Size Größe. Dafür sind wir in der Innenstadt und gehen bei einem Chinesen essen. Das hätten wir weiter draußen in einem Motel sicher nicht gekonnt.

Auf der Route 66 nach Kalifornien

Heute morgen frühstücken wir ein wenig von unserem Kuchen und trinken jeder einen Becher Wasser als erstes Frühstück. Als ich die Becher aus dem Auto hole, ist das Dach weiß gefroren und auf dem restlichen Wasser in unseren Bechern ist eine Eisschicht.

Der Friseursalon in Ash Fork hat noch geschlossen udn so fahren wir ohne Elvis-Tolle weiter
Der Friseursalon in Ash Fork hat noch geschlossen udn so fahren wir ohne Elvis-Tolle weiter

Danach wollen wir auf der Route 66 nach Seligman, aber die erste Frage ist, wo geht es eigentlich lang? Die Straße scheint in eine Schotterpiste zu münden. Wir besuchen kurzerhand die Touristeninformation. Man schenkt uns einen Route 66 Pass und drückt einen Stempel hinein. Irgendwie scheinen sie zu erwarten, dass wir den jetzt brav füllen. Ich frage vorsichtig, ob es ratsam ist mit einem normalen Auto die Route 66 zu befahren. Oh ja, sagt sie, der Zustand sei sogar besser als der von der Interstate. Als wir dann weiter fragen stellt sich heraus, dass es nur hier die Route 66 gar nicht mehr gibt, sondern wir erst einmal auf die parallel verlaufene Interstate 40 müssen und dann 5 Meilen weiter an der nächsten Ausfahrt wieder runter.

Lilo's Café in Seligman
Lilo’s Café in Seligman

So machen wir das und suchen in Seligman nach dem so hoch gelobten Café. Wir finden erst einmal nichts und fragen in einem kleinen Laden. Wir müssen noch eine Meile weiter und auch er betont, wie gut das Frühstück sei. Schließlich finden wir Lilo‘s Café. Es weht neben der amerikanischen Flagge eine deutsche Flagge und über der Eingangstür hängt sogar eine mit Bundesadler drauf. Wo sie die wohl her haben? Innen gibt es sogar einen Stammtisch und es hängen viele deutsche Autokennzeichen an der Wand. Das Frühstück ist gut und reichlich. Das reicht für den Rest des Tages. WLAN gibt es wie fast überall auch, nur gestern abend im Motel war es so schwachbrüstig, dass es noch nicht einmal zum Einloggen reichte. Beim Bezahlen frage ich nach ihren deutschen Verbindungen und erfahre, dass die Inhaberin aus Wiesbaden stammt. Das erklärt auch den Besuch des Wiesbadener Bürgermeisters, der sich im Gang zum Klo verewigt hat und die Flagge über der Tür. Ich kaufe noch eine Straßenkarte für Kalifornien.

Oldtimer vor Hackberry's General Store
Oldtimer vor Hackberry’s General Store

Anschließend fahren wir durch eine Prärielandschaft weiter bis Hackberry, wo wir am General Store halten. Vor der Tür stehen jede Menge Oldtimer in verschiedenen Erhaltungs- bzw. Zerfallszuständen. Neben alten Autos scheint der Inhaber auch alte Zapfsäulen zu sammeln. Im Laden geht es ähnlich skurril weiter. Wir trinken einen Kaffee und gehen über die Straße und eine Schotterpiste entlang zur Bahnstrecke. Hier fahren parallel zur Route 66 endlos lange Züge mit bis zu 4 Lokomotiven und jeweils zwei übereinander gestapelten Containern auf den Waggons. Mal sehen, ob wir ein paar Fotos schießen können. Aus Richtung Osten kommt tatsächlich ein Zug. Gefühlt kommt alle 10 – 15 Minuten ein Zug vorbei.

Malzbier im Diner in Kingman
Malzbier im Diner in Kingman

Unseren nächsten Stopp legen wir in Kingman ein, um das berühmte Malzbier in Mr D‘z Diner zu probieren. Der Laden sieht aus als wären wir mitten in den 50/60er Jahren gelandet. Das Malzbier schmeckt gut. Wir breiten die Landkarte aus und planen den nächsten Abschnitt. Dann geht es weiter durch ein weites Tal mit vielen verstreuten Mobile Homes und dann in vielen kleinen Kurven hinauf in die Black Mountains.

Frei herumalufende Esel die nächsten 8 Meilen
Frei herumalufende Esel die nächsten 8 Meilen

Ein Schild warnt vor frei herumlaufenden Eseln. Die Berge sind vulkanischen Ursprungs und hier wurde viel Gold abgebaut. Der kleine Ort Oatman hat mit seinem Goldabbau laut einem Schild angeblich den ersten Weltkrieg für die USA finanziert. Als sich der Goldabbau nicht mehr lohnte, hat man die vorher genutzten Esel frei gelassen. Diese laufen hier nun als Touristenattraktion frei herum. Oatman verschafft das jedenfalls so viel Aufmerksamkeit, dass hier etliche Andenkenläden und Eiscafés davon existieren können.

Esel in Oatman
Esel in Oatman

Einzige weitere Attraktion ist ein Hotel aus dem Jahr 1902 in dem Clark Gable und seine Angetraute ihre Hochzeitsnacht verbracht haben sollen. Das einzige was ich mich frage ist, wie schafft man es nach der Hochzeit in Kingman noch über 20 Meilen über eine sehr enge kurvige Straße nach Oatman zu fahren? Vermutlich hatten die beiden einen Fahrer.

Ist er nicht süß?
Ist er nicht süß?

Hinter Oatman fällt das Gelände sanft zum Colorado River ab. Hier müssen die Vulkane kräftig Asche und Geröll ausgespuckt haben. Am Colorado wandelt sich die Landschaft dann noch einmal völlig. Plötzlich ist alles grün. Hier gibt es bestellte Felder, Palmen und der Colorado schlängelt sich durch die Landschaft. Wir überqueren den Fluss und entdecken eine Reihe sehr schöner Häuser am Ufer. Wir drehen noch einmal um. Vielleicht ist ja ein Hotel dabei? Aber die Uferstraßen sind auf beiden Seiten mit großen Toren abgeschlossen. Hier kommen wir nicht rein.

Ob der wohl Eiscreme mag?
Ob der wohl Eiscreme mag?

In Needles auf der kalifornischen Seite suchen wir uns ein Motel. Es ist nichts besonderes aber trotzdem mindestens 3 Klassen besser als das Motel letzte Nacht. Ich frage unseren Wirt, ob es noch etwas besonderes in Needles zu sehen gäbe. Er muss lange überlegen. Dann fällt ihm ein, dass sie eine neue Parkbank haben. Sie ist beleuchtet und hat oben drüber ein Schild mit Route 66. Sie sähe im Dunkeln ganz nett aus. Mit bedauerndem Lächeln reicht er uns das Fernsehprogramm.

Wir beschließen trotzdem noch einen Rundgang durch den Ort zu machen. Hier gibt es definitiv mehr Kirchen als Kneipen. Wahrscheinlich waren alle so erleichtert, als sie nach monatelangem Marsch durch die Wüste Wasser gesehen haben, dass sie vor lauter Dankbarkeit gleich eine Kirche gegründet haben oder hat jemand eine andere Erklärung?

Am Ufer des Colorado
Am Ufer des Colorado

Wir bestaunen am Bahnhof noch einen durchfahrenden Güterzug und man bestaunt uns. Hier hält zwar auch der Amtrak, aber der Fahrplan ist so klein, dass ich nur erahnen kann, dass es anscheinend nicht öfter als einmal täglich der Fall ist. Dabei gibt es ein historisches Bahnhofsgebäude, das durchaus eindrucksvoll ist. Es wurde 1988 geschlossen und wird nun saniert, aber was daraus werden soll, finden wir nicht heraus. Davor steht noch eine Heldengedenkkanone und oh Wunder die Parkbank. Ich verrücke eine Straßenabsperrung und funktioniere sie zum Stativ für meine Kamera um. So gelingt mir mit Selbstauslöser tatsächlich ein Bild!

Zurück im Hotelzimmer forschen wir im Internet ob es nicht doch noch etwas besonderes an Needles gibt und werden fündig: Charles Schulz, der Erschaffer der Peanuts hat hier mal gelebt und Spikes, der Bruder von Snoopy lebt außerhalb von Needles in einem Saguaro. Mal sehen, ob wir ihn treffen….

Von der Großstadt auf‘s platte Land

Eigentlich wollten wir heute vormittags ins Kunstmuseum. Das macht aber erst um 12 Uhr auf. Was machen wir bis dahin? Gleich daneben ist das Heard Museum, welches sich mit der Kultur der amerikanischen Indianer beschäftigt. Darüber hatte ich auch schon viel Positives gelesen. Da es eine Stunde früher aufmacht, ändern wir mal wieder den Plan. Vor der Methodistenkirche versuchen uns drei Männer in Messgewändern in ihren Gottesdienst zu locken, aber wir lassen uns nicht vom richtigen Weg abbringen…

Die Palmen und der grüne Rasen in der Innenstadt von Phoenix wirken auf uns etwas deplatziert
Die Palmen und der grüne Rasen in der Innenstadt von Phoenix wirken auf uns etwas deplatziert

Wir sehen eine Ausstellung über Nahrungsmittel, die vom amerikanischen Kontinent ihre Reise um die Welt angetreten haben, von Kakao über Vanille bis hin zu Tomaten und Kartoffeln, aber auch der Farbstoff Cochinille ist dabei. Danach sehen wir Bilder von Georgia O‘Keefe, die sie in New Mexico von der Landschaft und von den Kachina-Puppen der Hopi gemalt hat. Wir schlendern noch ein wenig durch die anderen Ausstellungen, in denen Kleidung, Schmuck und Gebrauchsgegenstände der einzelnen Stämme gezeigt werden. Danach haben wir genug gesehen und genießen in dem schönen Innenhof noch einen Kaffee in der Sonne bevor wir uns auf den Weg nach Norden machen.

Gut, dass manches nicht ins Auto passt ;-)
Gut, dass manches nicht ins Auto passt 😉

Die Route führt durch die Sonora-Wüste durch kleine Orte, in denen man sich komplett als Cowboy ausrüsten lassen kann. Danach geht es eine steile Straße hinauf in die schroffen Berge. Hier müssen wir uns von den Saguaros verabschieden, die nur in der Sonora-Wüste wachsen. In der nachfolgenden Hochebene schließt sich eine Ranch an die andere an. Dann geht es wieder hinauf. Hier wachsen große Pinien und es liegt gelegentlich ein klein wenig Schnee. In Prescott, einer alten Goldgräberstadt und für 4 Jahre auch Hauptstadt von Arizona machen wir Pause und essen in einem großen Saloon Hamburger. Dazu gibt es Live-Musik. Vor dem Saloon hatte ein junger Mann Banjo gespielt. Sie hatten ihn und seine Freundin hinein gebeten und ihnen freie Verpflegung angeboten, wenn er bei ihnen im Saloon spielt. Vom Banjo wechselt er schließlich auf Steelguitar und seine Freundin spielt dazu auf der singenden Säge.

Musiker im Saloon von Prescott
Musiker im Saloon von Prescott

Wir beeilen uns weiterzukommen, um vor der Dunkelheit noch nach Ash Fork zu gelangen. Der Weg führt durch urige runde Felsen und dann wieder durch Prärie und schließlich Pinien. Bei Chino Valley sehen wir Antilopen neben der Straße grasen. Es ist schon leicht dämmrig, als wir in Ash Fork ankommen. Nun sind wir wirklich auf dem Land. Wir fahren eine Runde durch den Ort, um nach einer Unterkunft zu suchen. Es gibt zwei geöffnete Motels und ein geschlossenes, dass zum Kauf angeboten wird. Das erste Motel sieht am Besten aus. Das Zimmer kostet 35 Dollar die Nacht. Soviel haben wir schon vor 25 Jahren im Motel 6 bezahlt. Aber unsere Ansprüche müssen wir nun definitiv herunterschrauben. Beim Anblick des Fernsehers frage ich mich, ob der noch Schwarzweiß ist. In der Ecke bullert ein kleiner Gasofen, aber das Zimmer ist sauber.

Draußen ist es sehr kalt, aber wir haben erst einmal Fluchtgedanken und drehen noch eine Runde durch den Ort. Auf dem Rückweg kehren wir in eine kleine Bar ein. Sie sieht von draußen ganz ordentlich aus. Innen ist sie einfach mit einem Billardtisch, wenigen Tischen, holzvertäfelt und einer Bar. Naja, denken wir, trinken wir halt ein Bier und gehen dann wieder.

Von links nach rechts: Wyatt Earp, Morgan Earp und Doc Holiday. Laut Aufschrift haben sie hier im Saloon mal Karten gespielt
Von links nach rechts: Wyatt Earp, Morgan Earp und Doc Holiday. Laut Aufschrift haben sie hier im Saloon mal Karten gespielt

Aber wir haben die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Er fängt sofort ein Gespräch mit uns an. Er versichert uns, wir seien im besten Motel am Orte, es habe die besten Fernseher und sei sauber. Er steckt uns eine Karte mit der Adresse einer Unterbringung in Williams zu und rät uns, zum Frühstück eine halbe Stunde weiterzufahren bis Seligman. Das einzige Café hier im Ort sei nicht so berauschend. Im Laufe des Abends erfahren wir dann seine Lebensgeschichte: Er ist Jahrgang 1942, hat einen deutschen Urgoßvater, der eine Blackfoot geheiratet hat, väterlicherseits und eine Cherokee-Großmutter mütterlicherseits. Er ist hier in der Gegend aufgewachsen, als eines von drei Kindern einer alleinerziehenden Mutter, die als Kellnerin gearbeitet hat. Mit 16 Jahren ist er zur Armee gegangen und war mehrere Jahre in Japan, wo er nicht nur fließend Japanisch gelernt hat, sondern auch die Liebe zum Motorrad fahren und zum Reis essen entdeckt hat.

Neugierige Dohlengrackel im Hof des Heard-Museums
Neugierige Dohlengrackel im Hof des Heard-Museums

Danach hat er eine Ausbildung zum Elektriker gemacht, ist anschließend aufs College gegangen, mit dem Ziel zu studieren. Der Ausbildungsgang auf dem College war neu und er hat seinen Lehrer beim Unterrichten unterstützt. Das hat ihm Spaß gemacht und so ist er schließlich Mathematiklehrer geworden. Diesen Beruf musste er aufgeben, als er schwer erkrankte. Deshalb hat er sich selbständig gemacht und hat Unterrichtsmaterialien hergestellt, womit er sehr viel Geld verdient hat. Damit konnte er es sich leisten mit seiner Frau die Welt zu bereisen. Besonders gut hat ihm Neuseeland gefallen, aber er war auch in Indien und Australien. Nun ist er wieder zu Hause, hat diese Bar gekauft und zieht seine beiden Enkelkinder mit groß, die sein ein und alles sind. Er hat den beiden schon jeweils ein Motorrad gekauft, obwohl die Jüngste erst sieben Jahre alt ist. Als stolzer Großvater ist er fest davon überzeugt, dass beide hochbegabt sind und er träumt davon, dass sie eines Tages zur Stanford University gehen können. Das will er ihnen auf jeden Fall finanzieren.

Biosphäre 1 und 2

Heute verlassen wir Tucson. Die Stadt hat uns positiv überrascht. Sie ist ungefähr so groß wie Hannover. Da es aber kaum mehrstöckige Gebäude gibt, ist die Ausdehnung viel größer. Sie wirkt sehr gepflegt und wohlhabend. Es gibt Fahrradwege und sogar eine kurze Straßenbahnlinie.

Seltsame Flugobjekte
Seltsame Flugobjekte

Ein großer Arbeitgeber ist neben der Uni die Airforce, was uns gestern zwei im Formationsflug über die Innenstadt fliegende Drohnen sehr deutlich demonstrierten. Wir haben genügend unbesichtigte Orte für einen weiteren Besuch übrig gelassen.

Unser nächstes Ziel ist Biosphäre 2. Dieses Experiment ist uns aus der Presse noch gut bekannt und es gibt die Chance das hier nördlich von Phoenix zu besuchen. Anfang der 90er Jahre baute das Ganze ein Milliardär mit dem Ziel zu beweisen, dass ein Leben außerhalb der Erde in einem abgeschlossenen Raum dauerhaft möglich ist.

Biosphäre 2 von außen: vorne das Regenwaldhaus, dahinter der Ozean mit den anderen Klimazonen und ganz hinten eine der beiden "Lungen"
Biosphäre 2 von außen: vorne das Regenwaldhaus, dahinter der Ozean mit den anderen Klimazonen und ganz hinten eine der beiden „Lungen“

Wenn man sich diese Ecke der Welt ansieht, die innerhalb von wenigen Jahrzehnten mit Millionen von Menschen bevölkert wurde, die hier nun mitten in der Wüste bei im Sommer extrem heißen Temperaturen leben, so kann man sicherlich auf solch eine Idee kommen. Als Mitteleuropäer frage ich mich hier des öfteren, wie solche Städte mit Wasser versorgt werden können. Irgendwie funktioniert das aber anscheinend.

Biosphäre 2 von außen: links neben dem Regenwaldhaus die Wohnräume, die Leitwarte und rechts die zweite "Lunge"
Biosphäre 2 von außen: links neben dem Regenwaldhaus die Wohnräume, die Leitwarte und rechts die zweite „Lunge“

Schon in New Mexico war zudem der Blick ins Weltall gerichtet: Von White Sands über Alamogordo bis hin zum Very Large Array ist der Blick eher ins Weltall als auf die Erde gerichtet. Und so manche Ecke hier, sieht auf den ersten Blick auch nicht viel anders aus als die Mondoberfläche… Da erscheinen einem dann solche Ideen plötzlich gar nicht mehr so absurd. Trotzdem war dieser Versuch in meinen Augen der Spleen eines Milliardärs. Eine wissenschaftliche Herangehensweise hätte sicherlich anders ausgesehen. Wir bekommen dort eine Ansammlung von Biotopen unterschiedlichster Art auf dichtestem Raum zu sehen. Letztendlich diente dieser Teil der Biosphäre 2 dazu, die Bewohner mit Sauerstoff zu versorgen. Dazu hätte es aber sicherlich gereicht, ein ausreichend stabiles Biotop mit genügend Pflanzen zu schaffen. Es war sicherlich nicht notwendig vom Regenwald, über Subtropen bis hin zur Wüste die meisten Klimazonen dieser Erde abzubilden.

Der Ozean mit den gemäßigteren Klimazonen
Der Ozean mit den gemäßigteren Klimazonen

Heute gehört das Areal der Universität und man widmet sich hier nun ganz handfester Forschung an Biosphäre 1 nämlich unserer Erde. Dazu schafft Biosphäre 2 sehr gute Bedingungen. Drei Projekte konnten wir sehen, so wird derzeit erforscht, wie Böden an Hängen Wasser aufnehmen und wieder abgeben, wie Pflanzen und Pilze Fels zu Boden zersetzen und warum sich die Mesquitebäume derzeit so stark ausbreiten. Wie beim Very Large Arra ist auch hier die Öffentlichkeitsarbeit vorbildlich.

Für einen Besuch im Kunstmuseum von Phoenix ist es mittlerweile zu spät und so ändern wir den Plan und widmen uns weiter der Biosphäre1 mit einem Besuch im Boyce Thompson Arboretum, einem botanischen Garten östlich von Phoenix. Besonders spannend finden wir den Mustergarten, der zeigt, wie man möglichst wassersparend unter den hiesigen Klimabedingungen eine schönen Garten anlegen und pflegen kann.

Für die Nacht haben wir uns ein Hotel in der Innenstadt gesucht, dass nah am Kunstmuseum gelegen ist. Schon beim Verkehr, dass wir jetzt wirklich in einer Großstadt sind. Glücklicherweise führt uns das Navi souverän zu unserem Hotel. Während ich hier tippe, kreist draußen ein Hubschrauber mit Suchscheinwerfer über der Stadt und leuchtet auch unser Zimmer fast aus.