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Biosphäre 1 und 2

Heute verlassen wir Tucson. Die Stadt hat uns positiv überrascht. Sie ist ungefähr so groß wie Hannover. Da es aber kaum mehrstöckige Gebäude gibt, ist die Ausdehnung viel größer. Sie wirkt sehr gepflegt und wohlhabend. Es gibt Fahrradwege und sogar eine kurze Straßenbahnlinie.

Seltsame Flugobjekte
Seltsame Flugobjekte

Ein großer Arbeitgeber ist neben der Uni die Airforce, was uns gestern zwei im Formationsflug über die Innenstadt fliegende Drohnen sehr deutlich demonstrierten. Wir haben genügend unbesichtigte Orte für einen weiteren Besuch übrig gelassen.

Unser nächstes Ziel ist Biosphäre 2. Dieses Experiment ist uns aus der Presse noch gut bekannt und es gibt die Chance das hier nördlich von Phoenix zu besuchen. Anfang der 90er Jahre baute das Ganze ein Milliardär mit dem Ziel zu beweisen, dass ein Leben außerhalb der Erde in einem abgeschlossenen Raum dauerhaft möglich ist.

Biosphäre 2 von außen: vorne das Regenwaldhaus, dahinter der Ozean mit den anderen Klimazonen und ganz hinten eine der beiden "Lungen"
Biosphäre 2 von außen: vorne das Regenwaldhaus, dahinter der Ozean mit den anderen Klimazonen und ganz hinten eine der beiden „Lungen“

Wenn man sich diese Ecke der Welt ansieht, die innerhalb von wenigen Jahrzehnten mit Millionen von Menschen bevölkert wurde, die hier nun mitten in der Wüste bei im Sommer extrem heißen Temperaturen leben, so kann man sicherlich auf solch eine Idee kommen. Als Mitteleuropäer frage ich mich hier des öfteren, wie solche Städte mit Wasser versorgt werden können. Irgendwie funktioniert das aber anscheinend.

Biosphäre 2 von außen: links neben dem Regenwaldhaus die Wohnräume, die Leitwarte und rechts die zweite "Lunge"
Biosphäre 2 von außen: links neben dem Regenwaldhaus die Wohnräume, die Leitwarte und rechts die zweite „Lunge“

Schon in New Mexico war zudem der Blick ins Weltall gerichtet: Von White Sands über Alamogordo bis hin zum Very Large Array ist der Blick eher ins Weltall als auf die Erde gerichtet. Und so manche Ecke hier, sieht auf den ersten Blick auch nicht viel anders aus als die Mondoberfläche… Da erscheinen einem dann solche Ideen plötzlich gar nicht mehr so absurd. Trotzdem war dieser Versuch in meinen Augen der Spleen eines Milliardärs. Eine wissenschaftliche Herangehensweise hätte sicherlich anders ausgesehen. Wir bekommen dort eine Ansammlung von Biotopen unterschiedlichster Art auf dichtestem Raum zu sehen. Letztendlich diente dieser Teil der Biosphäre 2 dazu, die Bewohner mit Sauerstoff zu versorgen. Dazu hätte es aber sicherlich gereicht, ein ausreichend stabiles Biotop mit genügend Pflanzen zu schaffen. Es war sicherlich nicht notwendig vom Regenwald, über Subtropen bis hin zur Wüste die meisten Klimazonen dieser Erde abzubilden.

Der Ozean mit den gemäßigteren Klimazonen
Der Ozean mit den gemäßigteren Klimazonen

Heute gehört das Areal der Universität und man widmet sich hier nun ganz handfester Forschung an Biosphäre 1 nämlich unserer Erde. Dazu schafft Biosphäre 2 sehr gute Bedingungen. Drei Projekte konnten wir sehen, so wird derzeit erforscht, wie Böden an Hängen Wasser aufnehmen und wieder abgeben, wie Pflanzen und Pilze Fels zu Boden zersetzen und warum sich die Mesquitebäume derzeit so stark ausbreiten. Wie beim Very Large Arra ist auch hier die Öffentlichkeitsarbeit vorbildlich.

Für einen Besuch im Kunstmuseum von Phoenix ist es mittlerweile zu spät und so ändern wir den Plan und widmen uns weiter der Biosphäre1 mit einem Besuch im Boyce Thompson Arboretum, einem botanischen Garten östlich von Phoenix. Besonders spannend finden wir den Mustergarten, der zeigt, wie man möglichst wassersparend unter den hiesigen Klimabedingungen eine schönen Garten anlegen und pflegen kann.

Für die Nacht haben wir uns ein Hotel in der Innenstadt gesucht, dass nah am Kunstmuseum gelegen ist. Schon beim Verkehr, dass wir jetzt wirklich in einer Großstadt sind. Glücklicherweise führt uns das Navi souverän zu unserem Hotel. Während ich hier tippe, kreist draußen ein Hubschrauber mit Suchscheinwerfer über der Stadt und leuchtet auch unser Zimmer fast aus.

Zwei Ingenieure im Wilden Westen

Der Jetlag lässt grüßen: Wir wachen heute morgen eine Stunde vor dem Wecker auf. Die wichtigste Frage heute morgen: wo gehen wir frühstücken? Das Hotel hat ein kostenloses Frühstücksbuffet. Aber wir hatten das Hotel eigentlich ausgesucht, weil es in der Nähe von Java Joes liegt. Nach einem kurzen Blick auf den völlig leeren und eher kahlen Frühstücksraum, steht die Entscheidung fest. Wir ziehen die Jacken über und gehen 100 Meter weiter. Der Laden ist immer noch so, wie ich ihn in Erinnerung hatte: Bunt angemalt, etwas alternativ angehaucht, mit eigener Kaffeerösterei, sehr leckerem Frühstück und Live-Musik. Freies WLAN gibt es hier genauso, wie im Hotel. Nur etwas kalt ist es hier.

Landschaft auf 2000m Höhe
Landschaft auf 2000m Höhe

Anschließend machen wir uns auf die knapp 400km lange Reise gen Süden. Im Auto wird es schnell warm. Die Sonne scheint mit aller Kraft. Kurze Zeit später bekomme ich Durst. Ich vergaß, dass die Luft hier so trocken ist, dass Wasser immer dabei sein sollte. Wir halten an der nächsten Tankstelle und kaufen zwei Flaschen Wasser. Meine Schleimhäute kämpfen immer noch gegen die plötzliche Trockenheit hier und sehnen sich nach der feuchtwarmen Luft auf den Bahamas zurück.

Auch Hasen leben unter den Antennen
Auch Hasen leben unter den Antennen

Kurz vor Soccoro steht ein riesiges Schild an der Interstate 25: „Very Large Array, Radio Astronomical Observatory“. Das hört sich an, wie etwas, was ich mir gern ansehen würde. Also nehmen wir die nächste Ausfahrt und folgen der Ausschilderung. Irgendwas müssen wir falsch gemacht haben, denn wir fahren plötzlich auf einer kleinen Straße, die nicht so aussieht, als ob sie dorthin führen würde. Unser Navi kann auch nicht helfen. Das ipad kommt hier nicht ins Mobilfunknetz, um die Karten zu laden. Wir wollten sowieso noch Papierkarten kaufen, also fahren wir zurück zur nächsten Tankstelle. Karten haben sie dort von den benachbarten Bundesstaaten, aber nicht von New Mexiko. Vom Very Large Array hat niemand etwas gehört. Ein alter Mann sagt, er sei hier geboren und wüsste nichts davon. Sie rufen schließlich den Chef, der es tatsächlich kennt und uns den Hinweis gibt, wie wir fahren sollen.

Die Antennen können auf Schienen verschoben werden
Die Antennen können auf Schienen verschoben werden

Am Ortsausgang steht ein Schild: „Very Large Array – 45 Meilen“ Das hatten wir nicht erwartet, aber nun wollen wir das sehen! Es geht langsam aber stetig bergauf. Die Landschaft wird plötzlich richtig schön. Wir passieren einen kleinen Pass und fahren dann durch ein langes breites Tal, rechts und links grasen gelegentlich Rinder. Willkommen im Wilden Westen! Am Ortseingang von Magdalena steht ein Schild: Wir sind nun auf etwa 2000 Meter Höhe.

20 Meilen weiter sehen wir die ersten riesigen Antennen mit einem Schüssel-Durchmesser von 25 Metern in der Landschaft. Wir befinden uns nun auf einer Hochebene, die von Bergen umgeben ist.

Größenvergleich: Wer findet Klaus?
Größenvergleich: Wer findet Klaus?

27 Antennen stehen hier auf drei Achsen aufgereiht. Sie sind verschiebbar, so dass sie gemeinsam eine Antenne von bis 36 Kilometern aufspannen können. Es gibt ein kleines Besucherzentrum und einen Rundwanderweg mit Tafeln zur Erklärung. Wo gibt es so etwas bei einem deutschen Forschungszentrum?

Nun ist die Frage, ob wir die gleiche Strecke wieder zurück fahren oder eine Abkürzung über einen der anderen Highways nehmen. Ohne Karte ist das schwer zu entscheiden. Wir fragen einen der Mitarbeiter, den wir auf dem Parkplatz treffen. Er rät uns dringend von den anderen Highways ab. Sie sind größtenteils nicht asphaltiert. Wir kommen ins Gespräch. Er ist offensichtlich begeistert, dass wir ihm technische Fragen stellen und kommt ins erzählen über die Funktionsweise von Helium-Kühlung für die Verstärker in den Antennen. Leider müssen wir das Gespräch abbrechen, denn wir müssen langsam weiter nach Las Cruces. Wahrscheinlich hätten wir sonst noch mehr zu sehen bekommen.

Die Schüsseln haben einen Durchmesser, der der Länge von zwei Schulbussen entspricht
Die Schüsseln haben einen Durchmesser, der der Länge von zwei Schulbussen entspricht

Wir sind nun hungrig. In Magdalena haben alle Restaurants geschlossen. In Soccoro finden wir schließlich ein Restaurant. Danach geht es zurück auf die Interstate. Zwei Stunden später sind wir in Las Cruces. Es ist schon vollkommen dunkel. Glücklicherweise finden wir das Haus unserer Freunde problemlos. Den Abend verbringen wir auf einer Party der indischen Community.