Heute ist es Zeit, nach London zu fahren. Wir wollen dort ein Zimmer in einem Hotel beziehen, das Auto abgeben und bis Freitag London zu Fuß oder per ÖPNV erkunden. Da es noch eine gute Strecke bis nach London ist und wir das Auto bis 16:00 Uhr abgeben wollen, stehen wir wieder rechtzeitig auf und stärken uns bei einem guten Frühstück im Inn. Bei der Narrowboat-Crew haben wir uns bereits gestern Abend verabschiedet.
Das Hotel ist das erste Haus in einer Reihe stilvoll um eine Grünfläche mit Tennisplatz gebogene ältere Häuserzeile. Links dahinter liegt gleich ein Pub.
Völlig unpassend zu der schönen Häuserzeile ist im Hinterhof anscheinend ein Ufo gelandet. Es ist der Neubau des Instituts für Hygiene und Tropenkrankheiten. Die Hotelbetreiber sind „not amused“. Ein Abstand von 3m zur Grundstücksgrenze gibt es hier anscheinend auch nicht.
Unser Zimmer liegt im obersten Stockwerk auf der Straßenseite und wir schauen deshalb direkt in den grünen Baum gegenüber
Der Verkehr auf der M1 nach London läuft wider Erwarten erstaunlich gut (wir hatten zum Ende des langen Wochenendes mehr erwartet) und wir sind bereits gegen 11:00 Uhr im Londoner Stadtgebiet. Nun beginnt die Herausforderung für den Fahrer und die Beifahrerin. Das Navi von Knutschi, das wir als Hilfe nutzen, scheint nicht auf dem neuesten Stand zu sein und nicht zu wissen, dass man an einigen Stellen nicht abbiegen kann bzw. dass Straßen gesperrt sind.
Frau mit Löwe am Victoria Memorial
Na wer lacht uns denn da an?
Klaus begrüßt die Chefin
Architektonische Kontrapunkte
Architektonischer Kontrapunkt
Das Bauhaus hat’s auch nach London geschafft
Britischer Eiswagen vor dem Haus der Freimaurer – Vor dem Verzehr des Eises warnen wir ausdrücklich!
Auch in London ist ein bischen Blackpool
Ob mir der wohl stehen würde?
Zu guter Letzt sind wir kurz vor 12:00 Uhr im Hotel. Das ist natürlich zu früh, aber wir dürfen unser Gepäck im Frühstücksraum deponieren. Die Fahrt zur Abgabestation der Autovermietung gestaltet sich ebenfalls als Herausforderung, aber auch das schaffen wir und der Fahrer ist am Ende schweißgebadet, aber froh, dass das Fahren im engen Stadtverkehr von London ein Ende hat.
Wir warten auf taiwanesisches Essen…
Von der Abgabestation an der Victoria Coach Station gehen wir zu Fuß zurück zum Hotel, wo wir nach dem Check-In erst einmal eine lange Pause machen. Den späten Nachmittag verbringen wir in Soho und Chinatown mit einem einfachen Essen in einem kleinen unscheinbaren Taiwanesischen Restaurant. Den Absacker liefert unser örtliches Lord John Russel Pub gleich neben dem Hotel.
Nach etlichen Übernachtungen in B&Bs und Sterne Hotels schlafen wir auf einer Luftmatratze, die leider über Nacht Luft verliert. Klaus zieht in der Nacht auf das nahe gelegene Sofa um, das in der Länge gerade so passt. Petra hat morgens noch so viel Luft, dass sie nicht ständig auf dem Boden liegt. Auf jeden Fall haben wir die Möglichkeit, einmal ordentlich auszuschlafen, da erst zu Mittag etwas auf dem Programm steht und niemand mit einem Cooked Breakfast auf uns wartet.
Crick liegt am Grand Union Canal
Unsere Freundin hat uns verraten, dass sie zusammen mit einem anderen Studienfreund aus Hannover ein Narrowboat gekauft hat und heute die Übergabe sein soll. Dazu wollen Sie sich in Crick in einem Pub nicht weit von der Marina treffen und wir werden sie begleiten, um als Überraschungsgäste dabei zu sein. Natürlich wollen wir auch bei den ersten Aufgaben mit anfassen und für Tee und Kekse haben wir auch gesorgt.
Klaus hängt die Fender um
Narrowboats waren ursprünglich Leichter, also Boote ohne eigenen Antrieb, zum Transport von schweren Gütern wie z.B. Kohle und Eisenerz aber auch Töpferwaren auf den sogenannten Narrow Canals. Daraus ergab sich auch die maximale Breite von etwa 6 Fuß und die maximale Tiefe von etwa 2 Fuß.
Die zahlreichen Plaketten verraten, auf welchen Kanälen dieses Boot schon unterwegs war
Die Kanäle entstanden ab 1750 in privater Iniatitive. Durch das Aufkommen der leichter zu bauenden Eisenbahn mit mehr Transportkapazität verloren die Narrowboats wieder ihre Bedeutung und viele Kanäle verfielen. In den Jahren ab 1920 ergab sich eine touristische Renaissance, die auch nach dem 2. Weltkrieg anhielt. Heute gibt es von diesen Booten etwa 40.000 Stück, von denen viele als Charterboote auf den Führerscheinfreien Binnengewässern Englands genutzt werden. Auch die Kanäle und Schleusen werden wieder restauriert.
Ursprünglich wurden Narrowboats aus Holz gebaut. Heute baut man sie aus Stahl.
Wir fahren also mit unserem Auto hinter unseren Freunden her nach Crick und treffen uns mit den anderen Beiden im Inn zum Mittag. Die Überraschung ist groß und die Begrüßung stürmisch. Nach dem Essen wird es aber Zeit, das Boot zu übernehmen.
Da der Betrieb eines Narrowboats wirtschaftlicher war, wenn gleich die ganze Familie mit an Bord wohnte, wurden die Narrowboats hübsch bemalt, um sie wohnlicher zu gestalten. Das ist auch heute noch ein ganz wichtiger Aspekt. Hier spiegeln sich die Boote in der Marina von Crick im Wasser.
Es ist in einem relativ guten Basiszustand, benötigt aber an der ein oder anderen Stelle etwas Liebe und was die technische Ausrüstung angeht, ein wenig Modernisierung. Dazu ist es aber nun in guten Händen. Wir helfen, wo wir können, um Ausrüstung an Bord zu bekommen und wichtige Systeme zum Leben zu erwecken. Als Segler und Eigentümer einer Segelyacht sind uns die Handgriffe nicht fremd.
Ein Narrowboat fährt auf dem Kanal an der Marina vorbei
Da uns klar war, was wir den Rest des Tages und Abends machen werden, haben wir uns Mittags gleich in das Pub in Crick einquartiert, da es auch ein B&B betreibt.
Crick ist ein recht hübscher Ort mit reetgedeckten Häusern
Vor dem Frühstück schultern wir Drohny und gehen noch einmal auf den Jetty der RNLI (Royal National Lifeboat Institution). Das Wetter ist herrlich, aber wir stellen fest, dass wir uns in einem ziemlich begrenzten Flugbereich zwischen zwei Flughäfen befinden. Auch die maximale Flughöhe ist hier auf 60m begrenzt. Trotzdem starten wir das Gerät und fliegen über die bei ablaufend Wasser freiliegenden Wattflächen. Die Steuersoftware ist so intelligent, dass die Drohne bei Erreichen der Grenzen gestoppt wird.
Im Peak District
Im Peak District
Im Peak District
Nach dem Frühstück starten wir in Richtung Manchester, den Peak District und dann nach Nottingham, wo wir eine Studienfreundin mit ihrer Familie besuchen wollen. Im Peak District haben wir vor, einmal zu parken und ein wenig zu wandern. Aber der Bank Holiday belastet auch diesen Bereich mit zahlreichen Besuchern und wir finden keinen freien Parkplatz, um zu wandern. Ansonsten ist es eine nette Landschaft, allerdings nicht so dramatisch wie die des Lake Districts.
Das Schaf des Tages ist mit Stroh dekoriert
Nach einem Tee in einem kleinen Ort am SO-lichen Rand fahren wir weiter nach Nottingham. Mit unserer Freundin machen wir noch einen kräftigen Abendspaziergang, den wir nach einem ganzen Tag im Auto dringend gebraucht haben.
Zum Frühstück sitzen wir getrennt durch eine Fensterscheibe zusammen mit einer großen Schar Vögel an ihrer Futterstelle. Meisen, Spatzen, Buchfinken, Goldammern, Stieglitze, Zeisinge, ein Kleiber und darunter am Boden Enten, die aufsammeln, was herunter fällt.
Blick über Derwent Water
Wir starten vom Mary Mount Hotel zunächst nach Süden, um das Derwent Water noch einmal zu umfahren. Es ist eine enge Straße mit einem wundervollen Ausblick über den See.
Der Castlerigg Steinkreis als Panorama
Kurz hinter Keswick fahren wir noch einmal hoch in die Berge zu einem ca. 5000 Jahre alten Steinkreis. Es ist einer der Eindrucksvollsten von ca. 1300 Steinkreisen auf den britischen Inseln. Es stehen noch 33 Steine auf einem Durchmesser von ca. 30m, die einen Eindruck von der Magie dieses Ortes vermitteln.
Das Schaf des Tages mit einem schon ziemlich großen Lamm, was aber immer noch mit seiner Mama kuschelt
Castlerigg Steinkreis
Castlerigg Steinkreis
Castlerigg Steinkreis
Danach setzen wir Kurs nach Süden, fahren an mehreren Seen vorbei, und auch durch das Gewimmel am Lake Windermere. Wir haben vor, ein Geschäft in Kendal zu besuchen, das mit dem Angebot von Wollartikeln aus dem Lake District wirbt. Wir finden das Geschäft, aber leider ist es geschlossen. Durch die Fenster sehen wir, dass sich das Angebot auch mehr auf Möbelstoffe und weniger auf Pullover oder Mützen bezieht.
Minischafe auf dem Markt in Kendal
Stattdessen besuchen wir in Kendal den Local Farmers Market. Amüsiert sind wir über gezeigte Minischafe, die vollausgewachsen nicht größer als ein Cockerspaniel sind, aber doppelt soviel kosten wie ein normal großes Schaf, nämlich 300 BPf das Stück.
Ich denke bei Schafen eher an Wolle und Käse, aber die hier denken an was anderes…
Von Kendal schlagen wir uns wieder an die Küste nach Blackpool durch. Dazu müssen wir aber an Lancaster vorbei und stehen auf der Autobahn erst einmal im Stau. Wir sollten doch besser Landstraße fahren! Über Blackpool haben wir viel in unserer Tanzschule gehört. Regelmäßig findet hier das Blackpool Dance Festival im The Winter Gardens statt und ist die inoffizielle WM für Standard und Latein Tänzer und Formationen.
North Pier Blackpool
Wir stoßen im Norden von Blackpool auf die Uferpromenade und fahren auf dieser in Richtung Zentrum. Es zieht sich sehr lang hin. Nördlich der Nordpier befinden sich alle großen und namhaften Hotels. Entlang der Promenade ziehen sich Lichtinstallationen, die an Weihnachtsdekoration erinnern. Nachts sieht das sicher interessant aus, aber am Tage wirkt das nicht so gut und versperrt den Blick auf die irische See.
Irgendwie sind wir hier im falschen Jahrzehnt gelandet
Wir parken unser Auto in der Nähe der Nordpier und gehen auf ihr einen Tee trinken. Hier ist es eigentlich ganz nett und wir versuchen eine Unterkunft für die Nacht zu bekommen, um das nächtliche Treiben einmal zu erleben. Leider mehrfach vergebens. Großbritannien hat einmal wieder einen Bankholiday und viele Briten nutzen das verlängerte Wochenende für einen Ausflug an die See und eben auch nach Blackpool.
Schießbude auf der North Pier – wie früher
Als wir die Uferpromenade weiter nach Süden fahren, macht Blackpool auf uns den Eindruck eines britischen Las Vegas. Mehr Schein als Sein und am Tage wirkt das Ganze etwas heruntergekommen. Dies wird Abends dann mit viel buntem Licht überdeckt. Zwischen Central Pier und South Pier wird es immer schlimmer und in den Verkehr mischen sich kitschige rosa Kutschen gezogen von bemitleidenswerten Pferden. Wir haben den Bedarf, dieser Szenerie so schnell wie möglich zu entkommen.
Kitschige Kutschen an der South Pier – unser Jahrzehnt ist das nicht…
In St. Anne ist es dann plötzlich vorbei, dafür scheinen wir in einem Altenpflege-Bereich mit Seniorensitzen und Pflegediensten gelandet zu sein und von Hotels ist hier nichts zu sehen. Darüber hinaus sind hier viele Häuser in vorderster Reihe zum Verkauf.
Blick vom Steg auf Lytham
Einen Ort weiter, in Lytham, finden wir an der Uferstraße ein nettes vier Sterne Hotel, das Clifton Arms. Hier bleiben wir. Nach dem Essen gehen wir noch auf die Promenade und in das Marschvorland, das hier tatsächlich auch Beach genannt wird. Kurz nach Niedrigwasser können wir einen enormen Tidenhub bewundern.
Touristen scheint es in Silloth keine zu geben. An der Straße ist ein kleiner Flohmarkt aufgebaut, aber es scheint nur für die Einheimischen zu sein und vielleicht ein paar Angehörige der Airforce
Vom Bush Inn bei Kirkbride geht es erst einmal an die Küste bei Silloth. In der Nähe befindet sich ein Flughafen der RAF (Royal Airforce) und man sieht an vielen Stellen die Verbindung zur Airforce. Es ist zwar alles sehr gepflegt, aber trotzdem herrscht in diesem Ort eine eigentümliche Stimmung. Petra fällt dazu spontan das Wort „desperate“ ein. Der Park am Solway Firth mit seinen Vergnügungseinrichtungen und auch der aufgebaute Jahrmarkt wirkt „old fashioned“.
Es ist Sommer, es ist Ferienzeit, es ist niemand hier. Wann sonst sollte denn jemand kommen?
Auch einen Strand gibt es hier nicht. Es ist eher eine Betontreppe ins Wasser und der Strom zieht direkt am Ufer entlang. Freiwillig würden wir hier keinen längeren Urlaub machen. Der Hafen ist nicht zugänglich. Er ist durch einen Zaun vor Besuchern geschützt. Warum das so ist, erschließt sich uns nicht. Historisch gab es hier schon früher Getreidespeicher und auch heute ist das noch so.
Ein Wandgemälde zu Ehren von Colonel Tom Moore in Allenby. Tom Moore war der Rentner, der während der Pandemie mit seinen Spaziergängen im Vorgarten über 30 Millionen Britische Pfund an Spenden für den NHS gesammelt hatte und dann mit 100 Jahren an Covid 19 gestorben war.
Blick auf die schottische Küste
Gewächs in den Dünen
Ein Rochenei oder zumindest die leere Hülle, denn der Rochen ist bereits geschlüpft
Wir fahren lieber weiter die Küste entlang und halten bei Allanby hinter den Dünen. Dort gibt es einen sehr ursprünglichen Strand mit vielen Steinen, der vor allem bei den Hunden äußerst beliebt ist. Auf dem ausgiebigen Standspaziergang finden wir viele interessante Steine, Seeglas, Austernschalen und Rocheneier.
Das Ergebnis unseres Strandspaziergangs
Unser Endpunktan der Küste ist Maryport. Hier gab es noch eins von mehreren römischen Forts als Teil des Küstenschutzes in Verlängerung des Hadrians Walls. Wir verzichten auf einen Besuch.
Auf der Kaimauer in Maryport
Nach wie vor gibt es hier eine aktive Fischereiflotte und einen sehr geschützten Yachthafen, der aber nur 2-3 Stunden vor und nach Hochwasser angelaufen werden kann. Danach fällt die Zufahrt, Vorhafen und Fischereihafen trocken. Vor dem Yachthafen gibt es eine Barriere, damit er nicht trockenfällt.
Eine Segelyacht läuft in der Hafeneinfahrt von Maryport auf Grund und dreht ab
Die Einfahrt zeigt bereits zwei rote Lichter, als von draußen noch eine größere Yacht mit hoher Geschwindigkeit auf den Hafen zufährt. Die Seekarte von Navionics zeigt, dass der Vorhafen in etwa 1 Stunde anfängt trocken zu fallen. Im Vorhafen scheint die Yacht Grundberührung mit dem Sand zu haben und dreht so schnell es geht mit dem Bugstrahlruder, um den Hafen wieder zu verlassen. Sie schafft es wieder hinaus, wenn nicht, hätte sie auf der Bank im Vorhafen flachgelegen.
Segelunterricht im Yachthafen von Maryport
Im Yachthafen übt derweil eine Gruppe Jugendlicher von den Sea Cadets mit Ein- und Zweipersonen-booten der Marke RS das Segeln. Die Barriere an der Einfahrt zum Yachthafen verhindert, dass das Wasser abläuft, aber der Vorhafen fällt trocken.
Fischerboote im Hafen von Maryport
Von Maryport geht es auf direktem Weg über Cockermouth in die Berge des Lake Districts. Das sind ehemalige Vulkane, die in der letzten Einszeit von Gletschern bedeckt waren. Davon sind zahlreiche Seen übrig geblieben und mit über 900m die höchsten Berge Großbritanniens.
Derwent Water
Der Reiseführer hatte uns bereits gewarnt, dass weite Teile des Lake Districts während der Sommerzeit touristisch sehr überlaufen sind. Der Bereich des Derwent Waters soll angeblich noch gehen.
Mary Mount Hotel am Südende des Derwent Water
In Keswick am Nordende des Derwent Water kommt uns der Gedanke, wenn es hier schon so voll ist, wie soll es dann erst in Windermere sein? Hier bleiben wir definitiv nicht und fahren durch Keswick hindurch und finden tatsächlich einen etwas ruhigeren Ort am See im Mary Mount Hotel. Auch die Übernachtungspreise sind überraschenderweise moderat und sie haben sogar noch ein Zimmer für uns frei.
Lodore Falls
Bemooste Bäume und Felsen am Wasserfall
Lodore Falls
Moos am Wasserfall
Unsere Knutschkugel bleibt beim Hotel und wir noch machen eine kleine Rundwanderung zum nahe gelegenen Wasserfall, dem Lodore Falls, bevor wir den Rest des Abends auf der Hotelterrasse genießen.
….oder wo man mit dem Segelboot nicht so schnell hinkommt