Flaute auf der Rücktour

Logbuch:

9:15 Auslaufen Warderick Wells Cay. Wir setzen Groß und Genua

12:03 Position 24°23,9’N 076°46,6’W

13:55 Fest an einer Mooring Boie vor Hawksbill Cay

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Gestern hatten wir überlegt, auf welcher Route wir unsere Rückreise nach Nassau antreten. Angesagt war, dass gegen Ende unserer Zeit der Wind auf Nord drehen würde. Von den Exumas rüber nach Nassau ist die Richtung Nordwest, also nicht gerade optimale Bedingungen für Lady Marceline. Eine Alternative wäre, Richtung Nordost nach Eleuthera zu laufen . Die Insel würde uns guten Schutz vor Nordwinden bieten und wir könnten dann auf der Südseite der Insel Richtung Nassau laufen. Dazu bräuchten wir aber genügend Wind, denn die Strecken sind lang. Der Vorteil wäre, dass wir außer den Exumas auch noch eine andere Ecke kennenlernen könnten. Als ich dann jedoch, dank Internetverbindung, eine aktuelle Vorhersage hole, lautet die Prognose: schwacher Wind erst aus Südos, dann über Ost auf Nordost drehend. Das reicht nicht für eine Tour nach Eleuthera. Also segeln wir einfach die gleiche Strecke zurück und versuchen mal die Plätze zum Übernachten anzusteuern, die wir auf der Hintour ausgelassen haben.

Mangroven auf Hawksbill Cay
Mangroven auf Hawksbill Cay

Mit den Wettervorhersagen ist das hier so eine Sache. Auch wenn unsere erste Amtshandlung beim Aufstehen ist, das Ankerlicht auszuschalten und das Funkgerät an. Über Funk haben wir bislang nur ein einziges Mal einen Wetterbericht empfangen. Mobilfunk ist hier im Nationalpark nicht verfügbar, also haben wir auch keine Internetverbindung mit dem ipad. Ausgeholfen haben wir uns deshalb mit dem Mittelwellensender „National Radio of The Bahamas“. Glücklicherweise haben wir unseren kleinen Weltempfänger mitgenommen, denn mit dem eingebauten Radio hier bekommen wir nur UKW. Dafür können wir auch den MP3-Player dranhängen und damit auch das Cockpit beschallen. Der Mittelwellensender hält uns über alles Wesentlich hier auf dem Laufenden: Von der Sonntagspredigt über verlesene Todesanzeigen, die Gewinner der Junkanoo-Parade vom 1. Weihnachtsfeiertag, die Opfer eines Bandenkrieges in Nassau (jetzt haben wir auch begriffen, warum wir dort nachts nicht herumlaufen sollten) bis hin zum neuesten Flüchtlingsdrama mit einer vollkommen überladenen Nussschale aus Haiti wissen wir nun was die Bahamas bewegt.

Gras auf Expansionskurs
Gras auf Expansionskurs

Das mit den Flüchtlingsbooten aus Haiti ist nichts Neues. Ich lese gerade den Bericht einer Frau, die Anfang der 90er Jahre zusammen mit ihrem Mann Highborne Cay gemanagt hat (die Insel ist in Privatbesitz und hat einen kleinen Hafen, eine Laden und ein paar Ferienhäuser. Sie berichtet von einem kaum 10 Meter langen Boot, dass eines Tages mit 100 Flüchtlingen an Bord auf der Insel gestrandet ist. Die Inselbesatzung hat die Flüchtlinge mit dem Lebensnotwendigen versorgt und die Marine der Bahamas hat denen geholfen ihr Boot wieder flott zu bekommen, um weiter Richtung Florida zu schippern. In Warderick Well Cay hängt ein Zeitungsartikel vom Anfang des Monats, wonach dort vor der Insel ein ähnliches Boot in Seenot geraten ist. Etwa 30 Haitianer sind dabei ums Leben gekommen. Im Artikel wurden die Mitarbeiter des Nationalparks gelobt, denen es gelungen ist, die Mehrzahl der Leute zu retten. Es erinnert uns alles sehr an die Flüchtlingsdramen vor Lampedusa im Mittelmeer, nur dass hier der Umgang mit den Flüchtlingen humaner zu sein scheint.

Fundsache in den Magroven: wir adoptieren den Frosch - Müll darf man mitnehmen
Fundsache in den Magroven: wir adoptieren den Frosch – Müll darf man mitnehmen

Heute morgen ist unser erster Wassertank alle. 160 Liter haben 6 Tage gehalten, also haben wir pro Person etwa 13 Liter am Tag verbraucht. Das ist nach unseren Massstäben schon recht verschwenderisch. Nun sollten wir noch etwa 200 Liter für die restlichen 3 Tage haben.

Zur üblichen Zeit machen wir die Leine von der Mooring los und machen uns auf den Rückweg. Zu Beginn weht noch etwas Wind ziemlich genau von hinten. Das ist ein blöder Kurs, da das Vorsegel immer einfällt. Aus unserem Peekhaken und etwas Tauwerk bauen wir uns einen Ausbaumer. Ich hoffe nur, dass das Ding nicht abbricht, wie sollen wir sonst die Mooringleinen aus dem Wasser angeln? Glücklicherweise hält die Konstruktion.

Krebs beim Ausnehmen einer Muschel und ...
Krebs beim Ausnehmen einer Muschel und …

Wolken sind heute keine da, die Sonne brennt unerbittlich. Mit ein paar Wäscheklammern und einem meiner Seidentücher bauen wir einen Sonnenschutz, um am Steuerrad keinen Hitzschlag zu bekommen, ansonsten trinken wir Unmengen an Wasser. Vor Hawksbill Cay ist der Wind fast ganz weg. Wir machen den Motor an und motoren zum Mooringfeld. Zwei Yachten verlassen es gerade. Weiter draußen ankern zwei riesige Motoryachten. Es ist flach hier und wir müssen uns vorsichtig um einige Korallenriffe herum hinein tasten. Dabei verscheuchen wir einen großen Rochen. Aber warum wir hier alleine sind, ist uns trotzdem nicht klar. Zur Abkühlung schwimmen wir erst einmal ein paar Runden um das Schiff. Den Nachmittag versuchen wir uns mit Hilfe eines Bettlakens etwas Schatten zu verschaffen. Das ist ein mühseliges Unterfangen, denn das Schiff dreht hin und her.

Erst kurz vor Sonnenuntergang werden wir unternehmungslustiger und wagen noch einen Ausflug mit dem Schlauchboot. Auch hier ist wieder eine Verbindung zu den Mangroven im Inneren der Insel nur dass diese Verbindung zu flach ist. Wir kommen nur ein kleines Stück hinein und ziehen dort das Schlauchboot auf den Strand. Ein Krebs ist gerade dabei, eine Muschel auszunehmen. Als ich ihm mit der Kamera zu nahe komme, vergräbt er sich blitzartig im Sand.

... wer findet jetzt den Krebs?
… wer findet jetzt den Krebs?
Lady Marceline vor Anker
Lady Marceline vor Anker

Wir machen einen kleinen Spaziergang. Auch hier ist es vollkommen still. Von der Ostseite der Insel ist die Brandung zu hören, gelegentlich hören wir eine Fliege. Es wird so schnell dunkel, dass wir bald wieder umdrehen. Zurück im Boot ist die Sonne bereits untergegangen. Zwei weitere Motorboote sind noch in der Bucht vor Anker gegangen. Die Riesenboote weiter draußen sind verschwunden. Zum Abend kommt etwas Wind auf und es ist sehr schaukelig hier am Liegeplatz. Auch wenn wir das Dinghi schon seit ein paar Tagen nachts längsseit holen, damit es nicht so viel Krach macht, so schlagen die Wellen hier trotzdem lautstark unter das Heck. Zum Abendessen gibt es als neueste Kreation ein sehr leckeres Flaschenkürbiscurry mit Blaubeeren und hartgekochten Eiern.

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