Archiv der Kategorie: Galicien 2010

Reise nach Galicien im Juni 2010

A Guarda und die Rias Baijas

Ein wieder aufgebautes keltisches Wohnhaus
Ein wieder aufgebautes keltisches Wohnhaus

Als wir nach dem Auschecken noch das Museum besuchen wollen, um zu schauen, was man von den Kelten noch gefunden hat,  bevölkern bereits einige Busladungen an Touristen den Berg. Erstaunlicherweise interessieren sie sich kein bißchen für die keltischen Gemäuer und die dazugehörigen Ausgrabungen, sondern schießen nur laut schnatternd gegenseitig Fotos von sich vor dem Panorama der portugiesischen Küste. Wir können uns also das Museum ganz in Ruhe ansehen. Das Ganze runden wir ab mit einem Gang durch die Ausgrabungen der keltischen Gebäude. Wir sind beeindruckt vom Entwicklungsstand der damaligen Kultur, über den reinen Lebensunterhalt waren die Kelten schon weit hinaus.

Nun verlassen wir den Berg, um endlich die Füße in den kalten Atlantik zu stecken. Unter der brennenden Sonne und durch glühenden Sand laufen wir ein gutes Stück den Strand entlang bis zur Mündung des Rio Mino. Wieso hat der Wetterbericht eigentlich 20 Grad vorhergesagt und wieso haben wir die kurzen Hosen deshalb wieder ausgepackt?

Denkmal der Fischer am Hafen von A Guarda
Denkmal der Fischer am Hafen von A Guarda

In A Guarda am Hafen legen wir eine Siesta ein, wie alle anderen auch. Die Fischpreise sind hier deutlich niedriger als auf dem Berg und wir lassen uns ganz mutig eine Meeresfrüchteplatte servieren. Mit dem passenden Werkzeug und viel Humor machen wir uns an die mühevolle Aufgabe, an unser Essen zu gelangen. Es lohnt sich, nur ein paar seltsame Gebilde, die aussehen, wie Elefantenkrallen und die sich weder knacken noch auslutschen lassen, bleiben auf dem Teller zurück.

Gesättigt beschließen wir, diesen Teil der Küste zu verlassen und ein möglichst großes Stück Richtung Costa da Morte vorzudringen. Die nächsten Stunden schlängeln wir uns eine dicht bebaute Küste entlang, die Straßen blockiert von Baustellen, vor uns lauter Fahrschüler. Für einen Blick auf das Meer ist kaum Muße, geschweige denn Platz. Diese Gegend ist im Gegensatz zum Rio de Sil definitiv touristisch sehr erschlossen. In der Hauptsaison möchten wir hier nicht mehr sein. Wir passieren Baiona, Vigo, Pontevedra und legen in Combarro die erste Pause ein. Es ist bereits halb acht und wir brauchen dringend eine Erfrischung. Der Reiseführer empfiehlt eine Besichtigung des alten Dorfes. Auch dieses ist touristisch sehr erschlossen, besteht im Wesentlichen aus Andenkenläden und Restaurants und zugegeben auch alten Häusern. Wir stärken uns mit Eis und Limo, sowie Anisgebäck und fahren dann weiter nach Cambados, wo die Parador-Kette ein altes Herrenhaus zum Hotel gemacht hat. Unser Zimmer geht raus Richtung Meer und leider auch Richtung Sonne. Es ist sehr warm, aber dafür stilvoll und luxuriös. Wir setzen uns lieber in den Innenhof und genießen den hiesigen Weißwein.

Rio de Sil

Wir beginnen den Tag, wo wir ihn gestern beendet haben: In der Bar um die Ecke gibt es erst einmal Frühstück, anschließend decken wir uns mit Lebensmitteln ein und packen auch ausreichend lokale Spezialitäten ein: Pinienhonig, Quittenbrot, Mandelkuchen, Zipfelkäse (eigentlich heißt er Brüstchenkäse oder Nuckel, aber wir finden er sieht mehr aus wie ein Zipfel…) und frisches Brot.

Der Glockenturm in Castro Caldelas
Der Glockenturm in Castro Caldelas

In Castro Calderas statten wir der Burg einen Besuch ab und decken uns mit Karten ein. Auf kleien Sträßchen geht es in das tiefe Tal, dass sich der Rio Sil gegraben hat. Immer wieder gibt es spektakuläre Blicke hinab auf den Fluss. In der Touristeninformation hatte man uns erklärt, dass der Wasserstand um mehrere dutzend Meter niedriger ist, als gewöhnlich, da an der Staumauer gearbeitet wird. Dies ist deutlich zu sehen. Baumstümpfe und Baumwipfel ragen aus dem Wasser.

In Parada do Sil stellen wir das Auto ab und machen einen längeren Spazierganz zu mehreren Aussichtspunkten. Es ist heute fast windstill und die Sonne brennt unnachgiebig auf uns herab. Viel angenehmer ist es da in den Maronenhainen auf schattigen Wegen zwischen alten Mauern. Die Maronen wurden anscheinend geschnitten wie Kopfweiden und so ergeben sich die erstaunlichsten Baumstämme. Am Dorfbrunnen kühlen wir uns mit dem kalten Wasser wieder ab. Der Brunnen besteht aus mehreren Becken, die früher vermutlich zum Wäsche waschen dienten. In diesem Dorf können wir auch die Bauweise typischer Häuser dieser Gegend betrachten: Unten hatte das Vieh seinen Unterstand, oben wohnten die Menschen. Leider sind viele Häuser verfallen.

Klaus meditiert im Kloster Santa Christina
Klaus meditiert im Kloster Santa Christina

Ein Stückchen weiter verlassen wir die Durchgangsstraße und fahren mit dem Auto zum Kloster Santa Christina in Ribas de Sil, einer Ruine, die jedoch gesichert wurde, um den Bau zu erhalten. Sie liegt am steilen Hang in mitten des Waldes und ist einfach ein wunderschön ruhiger Ort mit einer ganz besonderen Atmosphäre. Wir überlegen, wie es wohl den Mönchen früher hier ergangen ist. Auch hier sind wir fast allein, erst gegen Ende unseres Besuches kommen noch zwei spanische Motorradfahrer hinzu. Insgesamt sind wenig Touristen unterwegs. Wenn wir Leute treffen, sind es entweder Spanier oder Menschen aus dem deutschen Sprachraum. Beschilderungen sind meist auf Gallego und Spanisch, Englisch oder irgend eine andere Sprache kommen kaum vor. Außerhalb großer Hotels oder Touristeninformationen scheint auch kaum jemand Englisch zu sprechen.

Vom Christinenkloster aus wollen wir nun endlich zur Küste. Es wird schon spät und wir haben noch ein paar Kilometer vor uns. Trotzdem weichen wir noch einmal vom Weg ab, um ein weiteres Kloster zu besuchen. San Stefano liegt dicht an der Strecke und ist von der Parador-Hotelkette wieder aufgebaut worden. Wir besichtigen die Kirche und stärken uns in einem der Innnenhöfe mit einer Tasse Tee. Wir sind beeindruckt, was aus dem alten Kloster geworden ist. Diese Hotelkette scheint die Rettung alter Gemäuer zu ihrer Spezialität gemacht zu haben. Auch in Monforte hatten wir bereits ein Beispiel dafür gesehen. Wir nehmen ein Hotelverzeichnis mit., denn es ist beschlossen, in irgendeinem dieser Gemäuer wollen wir auch mal übernachten.

Anschließend geht es über Ourense und dann die Autobahn nach A Guarda. Kurz vor dem Ziel sehen wir auf der anderen Seite des Rio Mino Rauchwolken aufsteigen: Zwei Waldbrände am anderen Ufer in Portugal. In A Guarda fahren wir auf den Hausberg, den Monte Tecla. Dort oben haben bereits die Kelten eine Burg errichtet. Neben einem Museum soll sich dort auch ein einfaches Hotel mit phantastieschem Blick befinden. Der Reiseführer hat recht, wir bekommen ein großes aber einfaches Zimmer mit einer Wahnsinns Aussicht auf die portugiesische Seite des Rio Mino. Das Zimmer ist spottbillig: 35 € für zwei Personen. Wir sind fast die einzigen Gäste und speisen dann ganz allein im Restaurant wunderbare gebratene Garnelen und Seezunge. Das Essen ist jedoch fast doppelt so teuer, wie das Zimmer…

Anschließend sprinten wir, um noch die Sonne im Atlantik versinken zu sehen. Dann verlassen auch die letzten Gäste den Berg und wir sind fast allein hier oben.  Unten kläffen die spanischen Hunde den portugiesischen Hunden auf der anderen Seite des Flusses zu.

Fischerboote vor Sonnenuntergang
Fischerboote vor Sonnenuntergang

Überraschungsrouten und Überraschungsessen

Wir schlafen erst einmal aus. Das Hotel hatten wir für diese Nacht von Deutschland aus gebucht. Es liegt sehr nett in der Altstadt und ist ein neu renoviertes altes Haus. Wir bewohnen ein Zimmer unter dem Dach mit lackiertem dunklen Holz und vielen Schrägen. Das Frühstück ist lecker mit frischem Brot, Obst, Quittenbrot und Kuchen.

Brücke über den Rio Ulla
Brücke über den Rio Ulla

Anschließend holen wir das Auto zurück aus dem Parkhaus, beladen es wieder und versuchen den richtigen Ausgang aus der Stadt zu finden. Dies schlägt fehl und wir landen auf einer anderen Straße nach Süden, als wir das beabsichtigt hatten. Macht nichts, wir fahren trotzdem weiter. Unseren ersten Stop legen wir an einer alten Brücke ein. Sie ist so breit wie ein Pferdefuhrwerk. Davor wachsen Pfefferminz und wilder Fenchel. Unser Ziel ist der Rio de Sil. Vorher machen wir unsere nächste Pause an einer Staumauer des Rio Mino. Unterhalb der Staumauer finden wir einen kleinen Hafen mit angeschlossenem Restaurant. Im Schatten genießen wir Kaffee und als Ergebnis des ersten Versuches auf Spanisch zu bestellen: Marmeladenbrote! Wir hatten eher von Käse und Schinken geträumt. Im Wörterbuch schlagen wir nun doch mal die Vokabeln nach…

Am Fluss unten gefällt es uns so gut, dass wir auf gut Glück die Straße weiter fahren, auch wenn sie auf unserer Karte gar nicht mehr eingezeichnet ist. Wir lassen uns überraschen, wie beim Essen. Wir werden reich belohnt, mit einer kurvigen kleinen Straße, spektakulären Aussichten auf den Fluss, schattigen Wäldern und schließlich wieder der richtigen Straße!

Mittags am Rio Mino
Mittags am Rio Mino

In Monteforte de Lemos fahren wir hinauf zur Burg. Darin befindet sich ein Luxushotel der Parador Kette. Wir wollen noch weiter und genießen deshalb nur die Aussicht. In der Bar unterhalb der Burg testen wir erneut unsere Spanischkenntnisse. Die Saftsorte bestelle ich nach Wohlklang des Namens: Wir bekommen einen Aprikosensaft. Das mit dem Salat klappt nicht so, wie gedacht, aber es gibt eine winzige Portion Fischsalat. Erst als unser Kellner von einer Schwyzerdeutsch sprechenden Kollegin abgelöst wird, bekommen wir noch eine winzige Portion russischen Salat. Auf der Rechnung fehlt die Hälfte. Ich beschwere mich, da ich schließlich alles bezahlen will, aber die Kellnerin winkt ab. Verstehen muss ich das nicht – oder?

Unser Reiseführer schlägt vor, in A Pobra de Trives zu übernachten, dem einzigen Wintersportort Galiciens. Dort fahren wir hin und suchen nach einem Hotel. Das erste Hotel, welches wir entdecken, wird im Reiseführer als sehr einfach bezeichnet. Wir suchen weiter und quälen ein älteres Ehepaar erfolgreich mit unseren Spanischkenntnissen. Das nächste Hotel wird im Reiseführer sehr gelobt, als wir davor stehen, können wir es kaum fassen. Es sieht aus, wie ein Museum. Im Inneren ein Hof, lautstark beschallt von einem Fernseher. Trotzdem versuchen wir unser Glück und werden von einer Angestellten die Treppe hoch geleitet zur Senora. Die Senora sitzt mit Beinverletzung im Sessel, der Fernseher brüllt in voller Lautstärke. Dass wir sie schlecht verstehen liegt nicht nur an unseren mangelnden Spanischkenntnissen. Schließlich wird klar, sie ist allein zu Haus, wir können zwar ein Zimmer haben, aber Nachts werden wir im Haus eingeschlossen und einen Schlüssel will sie uns nicht geben.  Wir bedanken uns sehr herzlich und suchen weiter. In einem gesichtslosen Kasten um die Ecke werden wir schließlich fündig. Das Zimmer ist klein, sauber und ruhig und soll nur 40 € kosten.

Wir packen unsere Sachen aus und machen uns dann noch einmal auf zur Skistation auf 1700 m Höhe. Die Straße schwingt sich sanft hinauf. Es ist kaum steil oder gar schroff. Der Berg ist oben stellenweise mit Heidekraut bewachsen und wird von blühendem Ginster geschmückt. Oben angekommen machen wir einen kleinen Spaziergang in einer Brandschneise.

Den Tag beenden wir in einer Bar bei Tapas und Bier.

Santiago de Compostela

Um kurz vor halb zwölf hebt der Flieger mit uns in Hannover ab. Es ist kalt, nach einem Regenschauer scheint zwar die Sonne, aber von oben sind auf der Wolkenschicht viele Türmchen zu erkennen. Etwas über zwei Stunden später landen wir in Palma de Mallorca. Von oben sieht das Land bis auf ein paar schroffe Hügel dicht besiedelt aus, dazwischen Felder, Weinberge und historische Windmühlen. Es ist warm, wir ziehen die Pullover hier wieder aus. Nach kurzem Aufenthalt geht es weiter nach Santiago de Compostela. Unterwegs vertiefen wir noch ein wenig unsere dürftigen Spanischkenntnisse.

Von oben sieht Galicien aus, wie deutsche Mittelgebirgslandschaft, nur die Wege über die Berge sehen anders aus. Hier ist es angenehm temperiert und es riecht nach frischer Seeluft. Die Möwen schreien, das Wasser kann nicht weit sein. Mit dem Mietwagen machen wir uns auf den Weg, unser Hotel in der Innenstadt zu finden, was gar nicht so einfach ist, aber irgendwann stehen wir plötzlich davor. Jetzt bleibt nur noch die Frage, wo wir unser Auto lassen? Man macht uns wenig Hoffnung, es in direkter Nachbarschaft des Hotels parken zu können. Wir suchen nicht lange und fahren es in ein Parkhaus. Von dort gehen wir weiter, die Stadt erkunden. Schnell geraten wir auf den Pilgerweg und lassen uns mit Richtung Kathedrale treiben. Wir haben Lust auf ein Eis, aber die Preise verschlagen uns den Appetit und sie nehmen noch zu, je näher wir der Kathedrale kommen.

Eine Polizistin ordnet den Strom der Pilger
Eine Polizistin ordnet den Strom der Pilger

An der Kathedrale schauen wir uns das Treiben an. Eine Gruppe behinderter Pilger trifft ein und ist so glücklich über das Erreichte, dass sie uns mit ihren Erfolgsmeldungen bedenken. Wir freuen uns mit ihnen. Vor dem Eingang stehen die Pilger in langen Schlangen und die Polizei sorgt für Ordnung. Die Kathedrale selbst ist anders als alles, was wir bisher gesehen haben. Die Steine sind bewachsen mit Flechten und sind dadurch teilweise gelblich, es wachsen auch viele Pflanzen in der Fassade. Man merkt, dass die Luft hier feucht ist. Es erinnert uns ein wenig an Irland. Der Baustil ist jedoch ein ganz anderer. Es ist zwar grauer Granit, aber mit vielen Verzierungen.

Anschließend erkunden wir die Stadt, stärken uns bei einer Tasse Schokolade, die ihrem Namen alle Ehre macht (löffeln geht besser als trinken) und etwas Kuchen. Uns faszinieren die Haushaltsgeschäfte und die Schuhgeschäfte in der Stadt. Glücklicherweise ist morgen Sonntag und die Läden haben zu.

Zwei Hunde vor einer Bar
Zwei Hunde vor einer Bar

Wir bekommen Hunger, aber Essen gibt es in den Restaurants erst spät Abends und zur Feier des Tages wollen wir richtig Essen gehen. Wir müssen also durchhalten. Im Hotel ziehen wir uns erst einmal wärmer an, mit der untergehenden Sonne wird es kühler. Wir landen schließlich in einem Meeresfrüchterestaurant mit großen Aquarien im Eingang. Die Kochfischplatte, die wir bestellen wirft uns jedoch nicht um. Gestärkt erkunden wir noch die Stadt bei Nacht. Es ist viel los, die Stimmung ist fröhlich. An der Kathedrale spielt eine Musikgruppe, viele Leute tanzen zur Musik. Insgesamt bereuen wir nicht, hierher gekommen zu sein, aber morgen soll es weiter gehen. Wir wollen nach Süden fahren und etwas von der Landschaft sehen.