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Seegurke mit Mittelscheitel

Juhu, wir sitzen zusammen vor dem Rechner, Klaus ist wieder fit. Wir haben zusammen zu Abend gegessen nach einem ganzen Tag auf dem Tauchschiff. Klaus hat nun alle Freitauchgaenge zusammen fuer seinen Tauchschein. Ich habe gestern einen Schnuppertauchkurs gemacht und war nicht so angetan. Deshalb bin ich beim Schnorcheln geblieben. Dazu hatte ich heute auch reichlich Gelegenheit. Dabei habe ich so ein seltsames Wesen mit Mittelscheitel entdeckt. Klaus vermutet, dass es sich um eine Seegurke handelte. Kurz und gut: uns geht es prima!


Aber eigentlich wollten wir noch ein wenig ueber unsere Wuestentour berichten. Den groben Verlauf hatte ich gestern erzaehlt. Vorgestern hatten wir, als wir im Internet erfolglos waren, ueberlegt, was wir in der Wueste so gelernt haben:

Der Sinai
– gehoert politisch zu Afrika und geografisch zu Asien
– ist im Wesenlichen von Beduinen bevoelkert
– war lange Zeit von Israel besetzt, das auch die Strassen gebaut hat, auf denen wir gefahren sind
– wird nach den zahlreichen Kriegen von der UN beobachtet und ist in zahlreiche Zonen unterteilt, militaerische, touristische, Naturparks etc., an deren Grenzen Kontrollen stattfinden
– besteht ausschliesslich aus Wueste

Die Wueste
– hier zaehlt Wasser, Wasser und Sonnenschutz
– Mangel kann auch durchaus zu akutem Durchfall fuehren
– hier gibt es im Allgemeinen keine Klos oder wenn man so will ein ganz grosses, das aber nur solange attraktiv ist, wie man allein ist und bald weiterzieht….
– hat nur bei Neumond einen schoenen Sternenhimmel
– ist nur bei wenig Wind zum Schlafen unter freiem Himmel geeignet

Die Beduinen
– sind urspruenglich samt Kamelen (eigentlich Dromedare) und Akazien aus Arabien eingewandert
– sprechen im Gegensatz zu den Aegyptern hocharabisch
– kleiden sich anders als Aegypter
– haben praktische Tuecher, die vor Sonne, Wind und Sand schuetzen
– sind bei den Aegyptern unbeliebt
– lieben die Freiheit und sind als Knechte denkbar ungeeignet, ihre bevorzugten Berufe sind Kameltreiber, Haendler, Bootsfahrer, Jeepfahrer, LKW-Fahrer
– arbeiten nur bis sie ausreichend Geld haben (also Beduinen immer erst nach der Arbeit bezahlen!)
– sind in Staemme unterteilt, die jeweils einen Sheikh als „gewaehlten“ Sprecher haben. Dieser uebernimmt auch das Amt des Richters, was jedoch selten benoetigt wird, da die Ehre des einzelnen sehr wichtig ist (also keine Gefahr fuer die Wertsachen)
– schreiben nichts auf, koennen sich aber viel merken
– leben nicht mehr in Zelten, sondern in festen Haeusern und Dorfgemeinschaften
– haben einen Stamm, die Jebelaya, die schon seit Jahrhunderten sesshaft sind, da sie aus SO-Europa stammen und von Kaiser Justinius zum Schutz des Kahtharinenklosters im Katharinengebirge angesiedelt wurden. Sie unterscheiden sich auch aeusserlich von den anderen Beduinen und haben auch heute noch andere Sitten, wie de facto einen Sozialismus, der dafuer sorgt, dass es viele nicht fuer noetig erachten, sich bei der Arbeit anzustrengen

Ausbildung
– Lehrer, die auf den Sinai geschickt werden, betrachten das als Strafversetzung
– oeffentliche Schulen sind so schlecht, dass ein Unizugang ohne Privatunterricht unmoeglich ist
– viele ersetzen im spaeteren Leben mangelnde Ausbildung durch Geschrei und Grosstuerei
– mangelnde Qualitaet der Ausbildung zeigt sich in vielem: wackelnde Fliesen auf neugebauten Balkons, schlechter Fahrstil auf dem Wasser und auf der Strasse, schlechter Wartungszustand von Fahrzeugen, gruselige Elektroinstallationen etc.

Die Kamele
– heissen mit einem Buckel Dromedare
– ihr Buckel verschwindet durch den Sattel und ist kein Wasserspeicher
– fressen mit Genuss Pappkartons und alle anderen organischen Kuechenabfaelle
– sind Wiederkaeuer, machen also nachts Geraeusche und Gerueche
– haben Hornhaut am Bauch und an den Knien
– haben ein durchsichtiges zusaetzliches Augenlid, das sie vor Sand schuetzt
– sind notwendig fuer die Fortpflanzung von Akazien
– haben praktische Reitsaettel, die auch als Rueckenlehne und als Windschutz zu gebrauchen sind
– sehen alle unterschiedlich aus und haben einen eigenen Charakter
– werden zur Rente in die Wueste geschickt

Zurueck in Sharm El Sheikh

Seit zwei Tagen sind wir zurueck im alten Hotel. Gestern war der Webserver nicht erreichbar. Heute ist er erreichbar, aber furchtbar langsam. Vorgestern lag ich danieder mit Pharaos Rache, heute hat es Klaus erwischt. Eigentlich freue ich mich mal wieder auf ein schoenes Abendessen, aber das muss ich wohl allein geniessen. Nach dem Brief an Euch werde ich mal sehen, ob Klaus mitkommen mag.

Aber, der Reihe nach, denn Ihr habt lange nichts von uns gehoert. Der Grund ist ganz einfach: in der Wueste haben wir kein Internetcafe gefunden, hatten das aber auch nicht erwartet.

Wir sind am 1. Tag mit 3 Jeeps in die Wueste gefahren und konnten erst einmal alle Abenteuer einer Jeepsafari geniessen: Reifen geplatzt, in der Sandduene festgefahren, an der falschen Sandduene abgebogen. Waehrend wir auf der Sandduene auf die Loesung der Probleme warten, faengt einer unser Mitreisender bereits eine grosse Echse, einen Dornschwanzagar. Ausgekocht gaebe das sicherlich eine gute Suppe fuer uns alle. Wir sind beruhigt…

Kameltrecking

Schliesslich finden wir doch die richtige Akazie unter der unsere Beduinen mit ihren Kamelen lagern. Nach dem Mittagessen geht es ans Kamelreiten. Es ist nicht allzu schwer und wir geniessen die Landschaft und die Rueckenmassage im Sattel. An einer grossen Duene muessen wir absteigen und selber laufen: Erster Konditionstest in der Hitze.

Die Nacht verbringen wir unter freiem Himmel, aber das Wetter haelt was es tagsueber schon angedroht hatte: Wir bekommen Sandsturm und ein wenig Regen. Schlafen kann dabei kaum jemand. Klaus und ich brechen unser Lager ab und ziehen zu den Beduinen. Hinter einem Kamelsattel finden wir ein wenig Schutz.

Am naechsten Morgen ist alles diesig. Der Staub haengt in der Luft. Wir kaufen unserem Koch Beduinentuecher ab und machen uns dick vermummt auf den Weg. (So ein Tuch haette ich mir mit ins Internetcafe nehmen sollen. Der Ventilator zieht gewaltig, aber ein bisschen schreib ich noch)

Die folgenden drei Tage haben wir auf aehnliche Art verbracht, nur dass uns das Wetter dann wieder gut gesonnen war und wir nachts auch schlafen konnten. Danach haben wir unseren Beduinen, in meinem Fall Salim und unseren Kamelen, in meinem Fall ein weisses etwas faltiges Kamel namems Michael, Lebewohl sagen muessen.

Auf Jeeps ging es dann in den Hochsinai, wo wir in St. Katharin das Besucherzentrum des Naturparks besuchen konnten, uns bei Tee erfrischen und auch ein wenig einkaufen konnten. Klaus hat in eine echte Beduinenkaffeekanne und Mokka investiert, da wir uns mit Nescafe nicht anfreunden konnten. Beim Sheikh mussten wir unsere Paesse abgeben und sind dann die naechsten Tage im Gebirge auf Hoehen um die 2000m unterwegs gewesen. Beduinen und Kamele gab es hier auch, aber die haben uns nicht direkt begleitet, sondern nur unser Gepaeck von Schlafplatz zu Schlafplatz getragen. Hier ging es auch los mit des Pharaos Rache. Einer nach dem anderen hing durch mit Durchfall etc. Wir wissen bis jetzt nicht, was der Ausloeser ist. Das Essen kann es nicht sein, dann haetten wir es gleichzeitig haben muessen. Unsere Guidin meint, es waere die Hize kombiniert mit zu wenig Fluessigkeit, aber ich vermute inzwischen einen Virus…

Geschlafen haben wir im Gebirge in kleinen Gaerten, die fuer diese Zwecke offen sind. Manche haben sogar Klo, Dusche und Swimmingpool, was fuer ein Luxus! Aber das Wasser ist notorisch knapp. Wir besteigen den Abbas Pasha, den Katharinenberg (der hoechste) und den Mosesberge (am lautesten und vollsten). Zum Abschluss besichtigen wir noch das Katharinenkloster und wollen endlich zurueck in unsere Wueste!

Nach drei Stunden Jeepfahrt, einkaufen in El Tur und einem weiteren geplatzten Reifen kommen wir endlich in Ras Mohammed am Meer an. Hier haben wir zwei Tage zum Schnorcheln und Abschied nehmen.

Gestern ist dann der Rest der Gruppe wieder nach Deutschland geflogen. Wir sind also nun allein in Sharm. Ich hoere jetzt auf, sonst kann ich morgen den Kopf nicht mehr drehen.