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Altstadtbummel zwischen Historie, Revolution und Gegenwart

Blick in den Palacio de los Capitanes Generales aus dem 18. Jahrhundert mit der Kolumbus Statue an der Plaza de Armas
Blick in den Palacio de los Capitanes Generales aus dem 18. Jahrhundert mit der Kolumbus Statue an der Plaza de Armas

Heute ist für uns kein Programm mehr angesagt. Nach dem Frühstück begeben wir uns zur Plaza de Arma. Die Plaza ist sozusagen das Herzstück des alten Havanna und grenzt direkt an das alte Fort, dass die Hafeneinfahrt bewachte. Um den Platz herum befinden sich viele Gebäude aus der Gründungszeit Havannas mit dem Gouverneurspalast. Wir gehen in das Fort mit seiner Ausstellung über die Seefahrt in Havanna. Man lernt ja nie aus. Ihre größten Kriegsschiffe haben die Spanier seinerzeit in Havanna gebaut, da es in Spanien keine Bäume der erforderlichen Größe mehr gab. Also hat man sie von hier nach Europa gesegelt, um sie dann vor Trafalgar durch die englische Flotte versenken zu lassen. So kann es kommen. 

Das Castillo de la Real Fuerza war sicherlich schwer einzunehmen
Das Castillo de la Real Fuerza war sicherlich schwer einzunehmen

In dem Museum finden sich viele Angestellte, die gerne etwas über die Ausstellungsstücke und sonstige historische Geschichten erzählen. Unser Spanisch ist zwar nicht sehr gut, aber es reicht, um den Kern der Erzählungen zu verstehen. In dem Teil der Ausstellung zu den Teilen, die man unter Wasser geborgen hat, können wir unserer Begleitdame sogar noch einiges über Log und Sextant beibringen. Alle freuen sich natürlich über ein kleines Trinkgeld in CUC.

Revolutionsromantik im Museum
Revolutionsromantik im Museum

Zur Mittagszeit treffen wir uns mit unseren Organisatoren, um das Thema Hängestuhl-Transport zu lösen. Er wird den Rückflug als Beipack bei den Beiden antreten. Nach einer ausgedehnten Pause gehen wir in das Revolutionsmuseum. Das Museum ist in dem ehemaligen Präsidentenpalast von Batista untergebracht. Ist es nicht herrlich, wenn man alles in schwarz/weiß darstellen kann? Überall natürlich Fidel, Che, Cienfuegos und andere Revolutionäre. Nachdem man den verhassten Batista verjagt hat, gibt es glücklicherweise einen neuen Feind – die USA/CIA und die Konterrevolutionäre. Wenn man das alles liest, wird man ganz revolutionär high. Bevor wir ganz abheben, besuchen wir noch die höchste revolutionäre Reliquie, die Yacht ‚Granma‘, mit der Fidel, Che und weitere 80 Mitstreiter von Mexico nach Kuba übergesetzt haben.

Fahrzeugreparatur am Malecón
Fahrzeugreparatur am Malecón

Danach benötigen wir erst einmal eine irdische Stärkung im ‚Prado 12’. Das ‚Prado 12‘ ist verkehrsgünstig  am Beginn des Malecón gelegen. Also etwas laut, aber es ist interessant, den Verkehr und die nahe gelegene Baustelle eines neuen Hotels zu beobachten. Gut gestärkt schlendern wir den Malecón am Meer entlang. Die Gischt fliegt übrigens nur bei entsprechender Wetterlage (und in einigen Filmen) auf die Straße. Es ist ziemlich heiß, aber die Bebauung ist interessant. Einige Häuser sind renoviert, andere fallen in sich zusammen. Eigentlich schade, da es eine bessere Lage in Havanna kaum geben kann. Wir setzen uns in das ‚la Abadia‘ und starten das Fotoprojekt, „Wie setzt man die vorbeifahrenden Oldtimer am besten in Szene?“. Dazu gibt es für Petra die schlechteste Limonade Havannas. Ich bin mit meinem Bucanero Bier besser dran. 

Aus alten Ölfässern lässt sich vieles machen...
Aus alten Ölfässern lässt sich vieles machen…

Irgendwann sind genug Fotos geschossen und wir begeben uns in die Straßen von Centro Havanna. Dabei stolpern wir über einen Shop, wo jede Menge Trödel, Schrott und daraus hergestellte Gebrauchskunst zum Verkauf angeboten wird. Wir werden von dem Künstler selbst herumgeführt. Müssten wir nicht mit einem Flugzeug nach Hause zurück, würden wir wahrscheinlich bei einigen Stücken schwach werden. Er freut sich auf jeden Fall riesig, dass uns seine Sachen gefallen.

Das interessante Paladar San Cristóbal
Das interessante Paladar San Cristóbal

In der Straße ‚San Rafael‘ treffen wir zufällig auf das Restaurant, das bereits im Reiseführer empfohlen wurde. Es heißt ‚San Cristóbal‘. Wir entscheiden uns, hier ein total unrevolutionäres Abendessen einzunehmen. Wir erfahren, dass auch Obama bei seinem Besuch hier gespeist hat und auch sonst die Diplomaten das Restaurant sehr gerne nutzen. Das Menü, dass wir bekommen, ist vorzüglich. Am Ende bekommen wir noch eine Führung durch das Erdgeschoss samt Küche. Die Wände sind mit Wanduhrenhren voll gehängt, da der Eigentümer ein leidenschaftlicher Uhrensammler ist. Alles ist bestens gepflegt und weiter zu empfehlen, aber man sollte genug CUC mitbringen. 

Wir schlendern noch durch Havanna Centro und im Gegensatz zu Havanna Vieja empfinden wir diesen Teil als sehr viel entspannter. Nach den vielen alkoholischen Getränken im San Cristóbal brauche wir erst einmal ein Schläfchen. Danach raffen wir uns noch einmal auf, ziehen uns schick an und laufen zum Inglaterra. In der Lobby kaufen wir für 1 CUC einen WLAN-Pass für eine Stunde – ohne Schlange stehen! Oben auf der Terrasse traut sich Petra ins Internet. Es funktioniert, aber sie wird ständig wieder aus dem WLAN geworfen und muss jedes Mal wieder zwei ca. 10stellige Nummern eintippen, um sich wieder einzuloggen. So macht das echt keinen Spaß! Wir tanzen lieber noch einige Salsas und einen Cha-Cha-Cha.

Bebende Erfahrung an Sylvester

Statt des Personals begrüßen uns in Nemea nur die Katzen. Die dafür aber umso herzlicher.
Statt des Personals begrüßen uns in Nemea nur die Katzen. Die dafür aber umso herzlicher.

Kurz vor 6 Uhr morgens wachen wir auf, da die Türen scheppern und es sich anfühlt, als wenn jemand an unserem Bett wackelt. Der erste Gedanke ist, es handelt sich wohl um ein Erdbeben. Nach wenigen Sekunden ist der Spuk vorbei. Alles ist heil geblieben und die Diskussionen im Treppenhaus sind auch schnell vorbei. Alle legen sich wieder hin. Wir schalten noch unseren Warmwasserboiler ein und warten darauf, dass das Wasser heiß wir.

Den Zeus-Tempel können wir nur durch den Zaun bewundern. Er gehörte zum antiken Stadion von Nemea.
Den Zeus-Tempel können wir nur durch den Zaun bewundern. Er gehörte zum antiken Stadion von Nemea.

Beim Frühstück googeln wir dann nach dem Erdbeben und siehe da es war tatsächlich eins mit Stärke 4,9 in etwa 30 km Entfernungen. Für uns war es das erste Mal und ein wenig aufregend.

Vor dem Eingang zum antiken Stadion werden gerade Oliven geerntet
Vor dem Eingang zum antiken Stadion werden gerade Oliven geerntet

Gegen späten Vormittag brechen wir noch einmal in Richtung Nemea auf, um gegebenenfalls die antike Sportstätte zu besichtigen. Da es Sonntag und Sylvester ist, haben wir wenig Hoffnung und so sind wir auch nicht allzu enttäuscht, als wir vor dem verschlossenen Museum stehen. Dafür hat zumindest die örtliche Winzerei-Genossenschaft auf und wir machen eine kleine Weinprobe, um eine Flasche guten Wein aus der Gegend zu erstehen. Dazu kommen noch sehr leckere Korinthen.

Weinprobe in Nemea
Weinprobe in Nemea

Was nun? Die Ausgrabungsstätten von Mykene haben bestimmt auch geschlossen. Also entschließen wir uns nach Nafplion zu fahren. Hier soll es einen schönen Hafen und eine nette Altstadt mit vielen kleinen Geschäften und Cafés geben.

Die Türken haben in Nafplion die kleine BourtziFestung hinterlassen, zu der nun Ausflugsboote fahren. Früher beherbergte es ein Gefängnis.
Die Türken haben in Nafplion die kleine BourtziFestung hinterlassen, zu der nun Ausflugsboote fahren. Früher beherbergte es ein Gefängnis.

Wir werden nicht enttäuscht. Unten am Hafen genießen wir bei herrlichem Sonnenschein Tee, Kaffee, ein Crêpe und eine heiße Waffel.
Nach einigen Einkäufen fahren wir weiter nach Korinth. Die Sonne ist mittlerweile untergegangen und wir schlendern noch einmal durch die Einkaufsstraßen, die langsam von Einkaufen auf Feiern umschalten. Die Geschäfte schließen und aus einigen Bars dringt bereits Musik und es wird schon gefeiert. Übrigens findet das Schenken in Griechenland zum Jahreswechsel um Mitternacht statt.

Hoch über der Altstadt von Nafplion thront die von den Venezianern gebaute Palamidi-Festung.
Hoch über der Altstadt von Nafplion thront die von den Venezianern gebaute Palamidi-Festung.

Wir feiern mit der Verwandtschaft. Deshalb fahren wir zurück nach Loutraki. Die Feier ist einfach. Es wird gegessen und danach werden Karten gespielt. Alle haben das Recht mindestens einmal zu gewinnen, auch wenn Junior ungern verliert. Um Mitternacht stoßen wir mit deutschem Sekt an und der Neujahrskuchen wird angeschnitten. In dem Kuchen befindet sich eine Münze, die dem, der sie bekommt Glück bringen soll.

Nach Mitternacht wird der Neujahrskuchen angeschnitten
Nach Mitternacht wird der Neujahrskuchen angeschnitten

Und wer bekommt sie? Die Oma! Danach werden die Geschenke verteilt.

Um ein Uhr, also Mitternacht deutscher Zeit stoßen wir noch einmal an und wünschen uns allen ein Frohes Neues Jahr.

Schnell noch auf die Akropolis

Heute ist Heiligabend und auch hier in Athen sind die Weihnachtsfeiertage besondere Feiertage. Wir hatten bereits gelesen, dass das neue Akropolis-Museum am 25./26.12. geschlossen hat. Also hatten wir diesen Besuch als festen Bestandteil im heutigen Tagesprogramm.

Das Museum steht über den Ausgrabungen der Siedlungsreste auf Stelzen
Das Museum steht über den Ausgrabungen der Siedlungsreste auf Stelzen

Das Museum ist ein moderner Bau, bei dessen Errichtung man natürlich auf alte Stadtreste gestoßen ist. Diese Ausgrabungen hat man aber gleich in das Gebäude integriert. Die Austellung ist sehr gut gegliedert und mit englischen Texten begleitet, so dass man keinen Museumsführer braucht. Wer durch die Ausstellung geht, bemerkt an vielen Stellen, dass Ausstellungsstücke fehlen, da sie in Berlin, London und Paris in Museen stehen.

Liebe Europäer, es ist an der Zeit diese Stücke dahin zurück zu führen, wo sie hingehören, nämlich hier! Dieses Museum ist in der Lage, die Schätze zu beherbergen.

Im Akropolismuseum stehen die sorgfältig restaurierten Original-Karyatiden vm Erechtheion-Tempel auf der Akropolis. Die fehlenden Figuren sind im Louvre zu finden.
Im Akropolismuseum stehen die sorgfältig restaurierten Original-Karyatiden vom Erechtheion-Tempel auf der Akropolis. Die fehlenden Figuren sind im Louvre zu finden. Die Böden im Museum bestehen an vielen Stellen aus Panzerglass, so dass der Blick in die Etage darunter und ganz unten auf die Ausgrabungen fällt.

Der erste Bereich ist eine Rampe, dem Zugang zur Akropolis nachempfunden, wo man einiges über die frühe Zeit Athens und die Hochzeitsbräuche  der damaligen Zeit, erfährt. Irgendwie erinnerten uns die Bräuche stark an das, was wir aus Indien mitbekommen haben. Die Mädchen wurden sehr früh an einen deutlich älteren, möglichst wohlhabenden Mann verheiratet. Bei dem Ritual geht es darum, das Mädchen aus der Obhut bzw. Abhängigkeit des Vaters in die Obhut des Bräutigams zu übergeben. Das Mädchen wird parallel von ihren Freundinnen in die Ehe verabschiedet und trennt sich von ihren Spielsachen (Opfer). Sie soll sich nun ganz um ihre zukünftige Familie kümmern.

Es gibt nicht nur Statuen von Menschen, auch ein Jagdhund ist dabei
Es gibt nicht nur Statuen von Menschen, auch ein Jagdhund ist dabei

In der ersten Etage befinden sich dann jede Menge Statuen und Reliefs, die sehr gut in Beziehung zueinander und zur Zeit gesetzt sind. Des weiteren kann man auf Bildschirmen Simulationen sehen, wie diese Statuen damals mit der Kolorierung ausgesehen haben mögen. Die lassen sich mittlerweile sehr gut nachvollziehen, da man Reste von Farbpigmenten gefunden hat. Die Statuen und Gebäude waren sehr bunt! Also nix mit polierter Mamor-Oberfläche. Auch die bronzenen Köpfe wirken sehr lebendig.

Alle Ausstellungsstücke sind so wundervoll präsentiert, dass wir ganz in Ruhe alle Details bewundern können
Alle Ausstellungsstücke sind so wundervoll präsentiert, dass wir ganz in Ruhe alle Details bewundern können

Zur Stärkung gehen wir mittags in das Museumsrestaurant. Es ist übrigens sehr zu empfehlen und durchaus preiswert. Als wir nach einer ausgiebigen Fotosession auf der Terrasse in das Obergeschoss gehen, wird uns mitgeteilt, dass das Museum bereits um 15:00 Uhr schließt. Das hatten wir so nicht mitbekommen, da am Eingang ein Schild hängt, dass an Sonntagen das Museum bis 20:00 geöffnet hat. Nun gut, Heiligabend ist eben kein normaler Sonntag.

Der Parthenon spiegelt sich in der Außenfassade des Akropolismuseums
Der Parthenon spiegelt sich in der Außenfassade des Akropolismuseums

Wir lassen uns also aus dem Museum schieben und begeben uns zum Eingang der Akropolis, um zu klären wie es hier mit den Öffnungszeiten aussieht. Dort erfahren wir, dass auch hier am 25./26.12. die Schotten dicht sind, wir aber noch 1,5 Stunden Zeit für einen Besuch hätten. Also nichts wie hinein bzw. hinauf.
Wir werden nicht enttäuscht. Das Licht ist geradezu ideal zum Fotografieren und auch die Menschenmassen halten sich im Rahmen.

3D Puzzle am Parthenon
3D Puzzle am Parthenon

Seit unserem letzten Besuch vor 30 Jahren ist man mit dem 1 Mio. Teile 3D-Puzzle etwas weitergekommen und wie wir den Schildern entnehmen können, hat die EU auch mit etwas Geld nachgeholfen. Wir denken, es ist ganz gut angelegt.

Odeon des Herod Atticus mit Blick über die Stadt
Odeon des Herod Atticus mit Blick über die Stadt

Als wir dann am südlichen Fuß der Akropolis noch die Amphitheater besuchen und einige kleinere Tempelreste inspizieren, merken wir dass 1,5 Stunden doch ganz schön knapp sind. Also werden wir auch hier von dem Aufsichtspersonal mit freundlichem Nachdruck aus der Anlage geschoben. Wir sind wieder einmal die letzten und hinter uns wird das Tor zugeschlossen.

Danach lassen wir uns noch ein wenig durch die Gassen treiben, um letztlich im Hotel zu landen. Morgen müssen wir uns ein Programm einfallen lassen, das von Öffnungszeiten unabhängig ist.

Inselbetrieb

Dies ist unser vorletzter Tag auf der Insel und wir sind immer noch nicht geschwommen, aber das Wetter sieht heute morgen auch nicht danach aus: Es stürmt, es ist bewölkt und kalt – ideales Museumswetter. Nur gibt es hier keine Museen, in denen man ganze Tage verbringen könnte, nur kleine Informationszentren oder Heimatmuseen, die man nach höchstens 30 Minuten komplett gesehen hat. Wenn es sich um neuere Einrichtungen handelt, gibt es die Informationen nicht nur auf Spanisch, sondern auch auf Deutsch und Englisch. Bei der ersten Einrichtung hat man uns einen Touristenpass verkauft für alle Museen auf der Insel. Ein Eintrag ist noch nicht abgestempelt: das ethnografische Museum in Valverde. Dort fahren wir heute hin. Es zeigt die Handwerkskünste auf der Insel: von der Schmiede bis zum Webstuhl. Die Esse ist erstaunlicherweise aus Holz gebaut. Das Holz wird mit Lavasteinen vor der glühenden Kohle geschützt. Ein scheinbar völlig überdimensionierter Blasebalg sorgt für die Luft. Den hätte ich gern mal ausprobiert.

Die Rohrleitung, die die beiden Wasserbecken verbindet
Die Rohrleitung, die die beiden Wasserbecken verbindet

Auf dem Weg zum Museum kommen wir an den 5 Windrädern vorbei, die hier seit 2014 stehen. Zusammen mit einem unteren und einem oberen Wasserbecken als Energiespeicher sollen sie die Energieversorgung der Insel sicherstellen. Bislang wurde hier Strom nahezu ausschließlich mit einem 11,36 MW Dieselkraftwerk erzeugt, welches mit Schweröl betrieben wird. Das Öl wurde per Schiff angeliefert. Das Kraftwerk liegt passenderweise direkt neben dem Hafen. In unseren Fahrten über die Insel haben wir bei entlegenen Orten aber auch bemerkt, dass sie über einen eigenen Generator verfügten und anscheinend nicht an das Netz angeschlossen sind. Heißwasser erzeugen viele mit Sonnenkollektoren, die es gleich fertig mit integriertem Speicher zu kaufen gibt. Geheizt wird mit Holz, mit Elektrogeräten oder mit Gas aus Flaschen, so wird auch unser Herd in der Küche betrieben.

Die Windräder stehen etliche hundert Meter über dem Meeresspiegel und bekommen so deutlich mehr Wind
Die Windräder stehen etliche hundert Meter über dem Meeresspiegel und bekommen so deutlich mehr Wind

El Hierro hat keine Verbindung des elektrischen Netzes nach außen zu anderen Inseln oder an das afrikanische Festland. Sie müssen also auch selbst für die Netzstablilität sorgen. Geht das nur mit Windkraft und einem Wasserkraftwerk? Den Anspruch erheben sie jedenfalls auf ihren Informationstafeln und Webseiten. Über den tatsächlichen Stand erfährt man vor Ort nichts und auch auf den Webseiten des Betreibers ist keine Information erhältlich, nur Fotos von freundlich lächelnden Besuchergruppen. Alles klingt sehr euphorisch. Man will mit gutem Beispiel für andere Inseln voran gehen. Gefühlt kommt mir die Anlage etwas klein vor. Die Nennleistung der 5 Windräder beträgt insgesamt 11,5 MW, also etwas mehr als das bisherige Dieselkraftwerk. Die Nennleistung liefern die Generatoren natürlich nur bei ausreichend Wind. Bislang haben wir viel Wind erlebt, aber ist das immer so? Und reicht die Kapazität der Wasserbecken für windarme Zeiten aus? Auf Wikipedia hatte ich gelesen, dass das Projekt kein Erfolg sei.

Kunstwerk an der Straße zum Flughafen
Kunstwerk von Ruben Armiche an der Straße zum Flughafen. Es wurde 2009 aus Anlass der Bajada  geschaffen (Die Marienfigur wird alle 4 Jahre einmal über die Insel getragen. Es werden Kostüme getragen und Zenhtausende reisen auf die Insel. Am 1.7.2017 ist es wieder soweit)

Im Internet werde ich schließlich fündig: Im ersten Betriebsjahr lag der Anteil erneuerbarer Energien nur bei 34,6% statt der versprochenen 100%. Ein schottischer Geologe betreibt eine Webseite über Energiethemen und hat dort den Beitrag eines deutschen Ingenieurs veröffentlicht, der anhand der öffentlich verfügbaren Daten des Netzbetreibers und eigener Berechnungen und Überlegungen zu dem Schluss kommt, dass die installierte Windleistung ausreichend ist, dass aber die Wasserbecken vollkommen unterdimensioniert sind.

Das Kunstwerk fällt nach 8 Jahren langsam auseinander und lässt erkennen, woraus es gebaut wurde: Metallschrott (Waschmaschinen, Autoteile etc) überzogen mit Maschendraht und Beton
Das Kunstwerk fällt nach 8 Jahren langsam auseinander und lässt erkennen, woraus es gebaut wurde: Metallschrott (Waschmaschinen, Autoteile etc) überzogen mit Maschendraht und Beton

Außerdem fehlt ein Ausgleich für kurzfristige Schwankungen im Netz. Auf anderen Inseln wird so etwas mit Akkus gepuffert. Auf El Hierro fehlt diese Komponente anscheinend. Deshalb müssen die Dieselgeneratoren nach wie vor mitlaufen. Da sie mit Schweröl betrieben werden, brauchen sie mindestens 50% Last.

Schwarzer Krebs auf schwarzem Grund an der Küste in La Caleta
Schwarzer Krebs auf schwarzem Grund an der Küste in La Caleta

Das können wir anhand der aktuellen Daten von heute selbst auch nachvollziehen. Das teuerste an der Anlage war das Wasserkraftwerk, welches aber kaum einen Beitrag liefert. Er schlägt vor, dieses abzuschalten. Eine traurige Entscheidung für eine Anlage, die mit EU-Mitteln gefördert wurde.

Diese Bademeisterin ist immer im Dienst
Diese Bademeisterin ist immer im Dienst
Die Schwimmbecken in La Caleta
Die Schwimmbecken in La Caleta

Wir fahren nun nach La Caleta. Hier waren wir noch nicht. Es hat ein sehr nettes Meerwasserschwimmbecken direkt am Wasser. Wir nutzen die Chance und gehen nun endlich schwimmen. Das Wasser ist recht kühl, aber die Sonne wärmt uns wieder auf.

Der Wanderweg in Tamaduste
Der Wanderweg in Tamaduste

Anschließend fahren wir nach Tamaduste weiter, wo wir uns schon vor Tagen den kleinen Wanderweg durch die schwarze Lava vorgenommen hatten. Es sieht aus, wie eine gewaltige Abraumhalde oder stellenweise auch wie ein frisch gepflügter schwarer Erde, nur das alles aus Stein ist.

"Määääh, kannst Du uns bitte melken!" Diese schwereutrigen Ziegen treffen wir auf unserem Heimweg neben der Käsefabrik in Isora
„Määääh, kannst Du uns bitte melken!“ Diese schwereutrigen Ziegen treffen wir auf unserem Heimweg neben der Käsefabrik in Isora

Von beinahe Ausgestorbenen

Der Weg ins El Golfo Tal führt über den Bergkamm mit deutlich über 1000m Höhe. Hier fangen sich die Wolken und es ist oft neblig.
Der Weg ins El Golfo Tal führt über den Bergkamm mit deutlich über 1000m Höhe. Hier fangen sich die Wolken und es ist oft neblig.

Heute konnten wir einige Spezies bewundern, die man eigentlich für ausgestorben hielt. Aber am besten der Reihe nach:

Blick von der Passstraße in das El Golfo Tal. Hier rutschte vor etwa 130000 Jahren ein Teil des Berges ins Meer. Vermutlich verursachte er eine ca. 10m hohe Tsunamiwelle.
Blick von der Passstraße in das El Golfo Tal. Hier rutschte vor etwa 130000 Jahren ein Teil des Berges ins Meer. Vermutlich verursachte er eine ca. 10m hohe Tsunamiwelle.

Bereits auf der Fähre wurde uns der Sonntagsmarkt in Tigaday empfohlen und überhaupt machte es den Eindruck, dass hier auf der Insel jeder jeden kennt. Nun ja, stimmt wohl auch, wenn man nur die deutsche Enklave der Aussteiger nimmt und die trifft sich am Sonntag in Tigaday auf dem ‚deutschen Märktchen‘. Auf uns machte diese Gruppe den Eindruck einer vom Aussterben bedrohten Art. Wir schauen uns die angebotenen Waren an und kaufen artig ein deutsches Dinkelbrot, das mit echtem Sauerteig gebacken wurde. Dann sehen wir zu, dass wir weg kommen, um nicht depressiv zu werden.

– Nun denn, noch nicht ausgestorben –

In der Höhle müssen wir uns alle Schutzhelme aufsetzen.
In der Höhle müssen wir uns alle Schutzhelme aufsetzen.

Nächste Station ist das ‚Ecomuseo de Guinea‘. Hier gibt es zunächst eine Lava-Höhle zu bewundern. Wie wir bereits vor einigen Jahren auf Hawaii gelernt haben, erkaltet die Lava beim Abfließen an der Oberfläche, aber im Kern ist sie immer noch flüssig und nach Ende des Ausflusses bilden sich lange Röhren. In diesem Fall war später durch die Röhren Wasser mit Sedimenten geflossen und hat sie teilweise verfüllt. Übrig geblieben sind einzelne Höhlen. Eine war, der Legende nach, im 17. Jahrhundert eingestürzt, da ein Mann darüber am heiligen Sonntag arbeitete. Dies wurde natürlich sofort mit Blitz, Donner und Tod durch Einsturz der Höhle – oder war es die Hölle(?) –  bestraft.

– Tja, ausgestorben –

Die großen Echsen sehen aus wie überreife Bananen. Ihre noch größeren Verwandten, die 0,75m lang werden konnten, sind tatsächlich ausgestorben
Die großen Echsen sehen aus wie überreife Bananen. Ihre noch größeren Verwandten, die 0,75m lang werden konnten, sind tatsächlich ausgestorben

Eine zweite Höhle daneben war 1998 gefunden worden, als man oben mit schwerem Gerät arbeitete und einsackte. Darauf wurde die Höhle als Touristenattraktion hergerichtet und mit der Eingestürzten per Tunnel verbunden. Die Lavatunnel auf Hawaii haben uns mehr beeindruckt.

Restauriertes Haus im Museumsdorf
Restauriertes Haus im Museumsdorf

Auf dem Gelände des Ecomuseo befindet sich auch die Aufzuchtstation für die Lagarto Gigante. Diese Echsenart galt bis in die 1970er Jahre als ausgestorben, bis ein Ziegenhirte eine kleine Gruppe am Hang oberhalb von La Frontera entdeckte. Die Tiere wurden eingefangen und einer intensiven Zucht unterzogen, um die Population wieder zu erhöhen. Dabei stellte sich heraus, warum die Ecksen beinahe ausgestorben sind: Die Weibchen legen nur einmal pro Jahr maximal 13 Eier, oft deutlich weniger.

Bananenplantage im El Golfo Tal
Bananenplantage im El Golfo Tal

Diese Eier werden durch die Umgebungstemperatur ausgebrütet, die konstant bei 28°C liegen muss. Ist sie zu niedrig,  sterben alle Eier ab. Es gibt auch eine Infektionskrankheit, die die Eier befallen kann und dann alle Eier abtötet. Die Gelege sind in etwa 1,5m Tiefe. Der Zugang, den das Weibchen gegraben hat, ist meist schon wieder verschwunden. Die Jungen müssen sich also ihren Weg selbst nach oben graben. Liegen dort große Steine im Weg, ist es ebenfalls vorbei. Schafft es nun doch ein Junges nach oben, ist es in Gefahr, von einem Falken gefressen zu werden. Es muss mindestens 5 Jahre durchhalten, bis es selbst geschlechtsreif wird. Die Altkanarier, die Bimbachen, fanden die großen Echsen schmackhaft.

Künstliche Pools von La Maceta
Künstliche Pools von La Maceta

Diese Auslese hat solange gut funktioniert, bis die Spanier mit Ratten und Katzen auf die Insel kam. Die Ratten gingen  auf die Eier los. Die Katzen gingen auf die jungen und heranwachsenden Echsen los. Gegen diese Art der Bejagung konnten die Echsen nicht standhalten. Glücklicherweise hat man den Fehler in den 1970er Jahren erkannt und die Tiere nicht gleich in die Küche gebracht sondern in eine Aufzuchtstation.

– Glück gehabt, beinahe ausgestorben –

Den Ziegen schmeckt das frische Grün. Auch sie sind mit Schuld am Aussterben der Echsen, die selbst gern das Grünzeug gefressen haben
Den Ziegen schmeckt das frische Grün. Auch sie sind mit Schuld am Aussterben der Echsen, die selbst gern das Grünzeug gefressen haben

Als dritte Attraktion gibt es auf dem Gelände des Ecomuseo das teilweise wieder aufgebaute Dorf Guinea. In diesem lebten die Bimbaches, erst unterirdisch in den Höhlen dann oberirdisch in den Hütten. In wie weit die Hütten und deren Einrichtung authentisch sind erscheint uns eher zweifelhaft. Es macht uns den Eindruck einer Disney-Installation, wie sich ‚pequeno Felipe‘ die Behausungen vorstellt.

– Tja, zwar wohl nicht ausgestorben, aber in der übrigen Bevölkerung aufgegangen –

An der Küste bei Las Puntas
An der Küste bei Las Puntas

Nach so viel ‚Aussterben‘ war uns erst einmal wieder nach einer ordentlichen Wanderung, am besten zum Wasser. Auf dem Weg dorthin kommen wir noch einmal an den Fincas der aussterbenden Art mit ihren ökologisch (?) gezogenen Mangos, Papayas und Ananas vorbei. Man kann sich lebhaft vorstellen, warum der Nachwuchs darauf und auf diese Gegend keine Lust hat.

Das Hotel Puntagrande soll mal das kleinste Hotel der Welt gewesen sein. Auf jeden Fall sieht es aus wie ein Schiff, was bald ablegt.
Das Hotel Puntagrande soll mal das kleinste Hotel der Welt gewesen sein. Auf jeden Fall sieht es aus wie ein Schiff, was bald ablegt.

An der Küste von El Golfo wieder das gleiche Bild wie gestern. Sie fällt steil ab und die See tost vor ihr. Die Szene ist atemberaubend und auch der Nieselregen, der zeitweilig auf uns nieder geht, stört uns nicht. An wenigen Stellen gibt es Pools, künstlich und natürlich, die durch den Seegang mit Wasser gefüllt werden und in denen man baden kann. Uns ist es heute zu kalt, aber merken!