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Mit TINA zu den Walen

TINA vor dem Hotel Tecina

Gestern Abend sind wir pünktlich ins Bett gegangen, um heute früh pünktlich aufzustehen. Um 10 Uhr soll unten in Playa de Santiago das Ausflugsboot TINA abfahren zu einer Walbeobachtungstour. Wir haben keine Ahnung, wie das dort abläuft und wollen rechtzeitig dort sein. Also frühstücken wir bei Sonnenuntergang in unsere Jacken gemummelt auf der Terrasse, jeder mit einer heißen Tasse Tee in der Hand und einem Stück Schinkenrolle (leicht süßlicher Weißbrotteig gerollt mit Schinken, Oliven und Rosinen) vom Bäcker.

Klaus hält Ausschau

Unten am Hafen ist von TINA nichts zu sehen, der Mensch am Fahrkartenschalter der Fähre, rät zu warten, weiß aber auch nichts genaueres. Also legen wir uns auf der Hafenmauer in die Sonne, bis um halb zehn der Ausflugsdampfer um die Ecke biegt. Nach und nach trudeln noch mehr Passagiere ein. Dadurch, dass wir rechtzeitig da waren, haben wir schöne Plätze am Bug.

Ein ausgewachsener Grindwal

Wir bekommen jeder ein Faltblatt mit Informationen zu den verschiedenen Walarten, die wir hier sehen könnten. Insgesamt sind schon 21 verschiedene Walarten in den Gewässern um La Gomera gesichtet worden, aber heimisch sind davon hier nur wenige. Alle Inseln der Kanaren haben auf der windgeschützten Südwestseite entsprechende Schutzgebiete ausgewiesen. Bruno, der deutsche Experte ist kaum fertig mit seinen Erklärungen, da ändert unser Kapitän auch schon den Kurs, irgendwas hat er wohl gesehen. Kurz danach sehen wir auch wir die Wale vor uns. Es sind Grindwale oder Pilotwale. Sie gehören zu den Delfinen. Zwei erwachsene Tiere mit einem Jungtier in der Mitte schwimmen eine ganze Weile neben unserem Schiff her, so dass wir genügend Zeit haben sie zu beschauen und zu fotografieren.

Ein junger Grindwal

Nach einer Weile drehen wir ab und fahren weiter die Küste entlang. Wale sehen wir jetzt nicht mehr. In einer Bucht gehen wir vor Anker und haben nun die Gelegenheit zum Schwimmen und zum Mittagessen. Das Wasser hat etwa 20°C und ist angenehm erfrischend. Ich mache die Bekanntschaft mit ein paar Nesseltierchen. Es brennt leicht auf der Haut und hinterlässt ein paar gerötete Stellen, ist aber nicht weiter schlimm. Die Bucht selbst ist wie nahezu alle Buchten das Ende einer Schlucht, durch die auch das Wasser bei Regen abläuft. Allzuviel Wasser scheint das aber nicht zu sein, denn hier stehen noch die alten Gebäude einer Fischkonservenfabrik, die 1940 aufgegeben wurde.

Die alte Fischkonservenfabrik

Nach der Pause geht es zurück entlang der Felsküste. Wir sichten einen Fischadler und bewundern die interessanten Formen, die die Lava gebildet hat.

Ein Fischadler

Das Meer hat in den Jahrmillionen alte Vulkanschlote wie Schliffbilder freigelegt.

Ein alter Vulkanschlot

Gegen 14 Uhr sind wir zurück im Hafen und machen uns auf den Weg zurück in unser Ferienhäuschen.

Interessante Felsformation

 

Das war sicherlich nicht einfach, das Kreuz dort aufzustellen

Wanderung zum großen Drachenbaum

Frühstück auf der Terrasse

Heute beschließen wir einem der Ausflugstipps Iziks, unseres Vermieters zu folgen und eine Wanderung zum großen Drachenbaum zu unternehmen. Der Reiseführer verrät dazu, dass der Baum mehrere Jahrhunderte alt ist. So genau weiß man es nicht, da Drachenbäume wohl keine Jahresringe haben. Das Alter lässt sich nur anhand der Verzweigungen erkennen. Solche Bäume sollen vor einigen Jahrtausenden in Südeuropa zur normalen Flora gehört haben.

Izik rät uns, über sein Grundstück bergan zu klettern bis zur nächsten Straße. Dieser sollen wir bis zum Ende folgen und dann auf schmalen Pfaden bis zum Drachenbaum laufen. Dies sei die erheblich schönere Strecke, als den Empfehlungen der Reiseführer zu folgen. Wir rüsten uns mit Wanderhosen, Wanderschuhen, Rucksäcken und Wasserflasche aus und gehen los. Den Pfad über sein Grundstück finden wir schnell. Wie überall hier, war es einmal eine Plantage. Nun sind nur noch die terrassierten Felder zu sehen und die kleinen Mauern. Alles ist überwuchert mit Opuntien und Agaven. Die ganze Gegend sieht so aus. Nur selten werden die Felder noch bestellt, meistens wird Wein angebaut. Das Sträßchen schlängelt sich malerisch durch die Landschaft.

Agaven an der Straße

Außer uns ist noch eine dänische Familie unterwegs. Am Ende der Straße geht es steil den Berg hinunter. Wir zücken noch einmal die Karte, um von hier oben auszumachen, in welches Tal wir laufen müssen. Dann machen wir uns an den Abstieg. Unten angekommen finden wir ein kleines Wasserrevoir mit mindestens einem Goldfisch darin, einen Graureiher, der sich gestört fühlt (vermutlich wollte er gerade den einen Goldfisch fangen) und die Ruine eines kleinen Hauses. An den Berghängen sind vereinzelt Schafe unterwegs. Ziegen würden hier besser hinpassen. Ich hätte hier auch Eidechsen erwartet, aber von der Sorte habe ich hier noch keine einzige gesichtet. Das ganze Tal ist unten wieder terrrassiert, aber nichts davon wird noch bewirtschaftet.

Die Ruine

Wir passieren die kleine Staumauer des Wasserreservoirs und machen uns im ausgetrockneten Flussbett des nächsten Tals wieder an den Aufstieg. Es geht über riesengroße rundgewaschene Felsen. Dazwischen wachsen vereinzelt Mandelbäume. Die Mandeln sind gerade reif und so klettern wir auf die Felsen, um sie zu pflücken und uns die Taschen voll zu stopfen. Wir haben außer ein paar Pfefferminzbonbons keinen Proviant dabei und so kommen uns die Mandeln gerade recht. Nach einer Weile wird die Schlucht immer enger und steiler. Rechts über uns am Hang haben wir schon den Drachenbaum gesehen. Hier kann es wohl nicht mehr weitergehen.

 

Das Flussbett wird zur engen Schlucht

Wir müssen den Hang hoch, aber wo haben wir die Abzweigung verpasst? Mittlerweile hat uns die dänische Familie eingeholt. Gemeinsam suchen wir nach einem Ausweg. Der offizielle Weg kann das nicht sein, trotz der kleinen Steinhäufchen, die uns Mut machen sollen. Wir klettern durch Opuntien, Agaven und ein paar freundlicheren stachellosen Pflanzen den Steilhang hinauf. Den umgekehrten Weg möchten wir hier nicht mehr nehmen müssen. Dann bräuchten wir Kletterausrüstung. Oben angekommen, sehen wir, dass ein Pfad oberhalb des Flussbetts verläuft. Wir hätten wohl schon früher eine Abzweigung nehmen müssen.

Fast geschafft, der Drachenbaum ist schon hinter uns zu sehen

Ab hier verläuft der Aufstieg wieder mit normalen Steigungen. Wir fotografieren die dänische Familie und sie uns und bedanken uns gegenseitig artig in der jeweils anderen Landessprache.

Der Drachenbaum

Oben am Drachenbaum legen wir erst einmal eine Pause ein und knacken einen Teil unserer Mandeln. Die haben wir uns jetzt verdient. Von hier aus führt ein gemauerter Weg weiter bergauf. Wir laufen nicht bis oben zu Straße, sondern biegen vorher ab und folgen einer Wasserleitung, die parallel unterhalb der Straße bis Alajero verläuft. Hier geht es sich nun ganz entspannt, aber längst nicht so aufregend, wie auf unserer Tour durch die Schlucht.

Auf unserer Terrasse entspannen wir erst einmal bei Tee und Lebkuchen in der Sonne, bis wieder Wolken aufziehen. Zum Abschluss des Tages blinkt die Sonne noch einmal zwischen den Wolken hervor.

Sonnenuntergang von unserer Terrasse aus gesehen

Kombiniertes internationales Weihnachts- und Chanukkafest

Heute haben wir erst einmal ausgeschlafen. Es war wunderbar ruhig und wir haben tief und fest geschlafen. Gefrühstückt haben wir auf der Terrasse. Ganz mutig haben wir die kurzen Hosen angezogen, auch wenn gelegentlich die Wolken die Sonne verdeckten und es dadurch etwas kühl war.

Der Hafen von Playa de Santiago

Anschließend haben wir unsere Sachen gepackt und uns auf den Weg „ins Dorf“ nach Playa de Santiago gemacht. Wir sind uns nicht sicher, wie lange die Läden aufhaben und wollen uns noch mit den passenden Zutaten für ein angemessenes Weihnachtsessen versorgen. Da es in Playa de Santiago etliche Fischer gibt, spekulieren wir auf frischen Fisch. Deshalb führt uns unser Weg auch erst einmal in den Hafen. Von geschäftigem Treiben ist hier keine Spur, sieht wohl schlecht aus mit frischem Fisch. Die Fähre aus San Sebastian legt an. Ein paar Leute steigen aus, ein paar Leute ein. Wir gehen derweil auf der gewaltigen Hafenmauer in der Sonne spazieren.

Die etwas futuristisch anmutende Fähre

Von draußen kommt ein kleines offenes Fischerboot herein. Den behalten wir im Auge, vielleicht hat er ja doch etwas Fisch zu verkaufen. Aber eigentlich sieht es nur so aus, als habe er für sich und seine Familie das Weihnachtsessen geangelt. Wir schauen zu, als er anlegt. In einer großen Tasche hat er einen sehr großen etwas unglücklich dreinschauenden Fisch dabei. Das war also nichts.

Das Fischerboot auf dem Weg in den Hafen

Na gut, dann probieren wir mal im Supermarkt unser Glück. Dann muss es eben tiefgefrorener Fisch sein. Unsere vollgepackten Taschen verfrachten wir ins Auto und gehen noch einen Kaffee trinken. Anschließend machen wir noch einen Spaziergang durch den Ort, finden noch einen Bäcker und kaufen Kuchen für die nächsten Tage. Nun sind wir versorgt und machen uns auf den Rückweg, um den Fisch in den Kühlschrank zu verfrachten.

Das Festessen für den Fischer und seine Familie

Am Ferienhaus treffen wir auch endlich unsere Vermieter an. Bislang hatten wir nur deren Kinder und deren Freunde angetroffen. Die hatten uns zwar mit dem Notwendigsten versorgt, aber so ein paar Fragen haben wir doch noch. Unser Vermieter sprudelt förmlich über vor Ausflugs- und Restauranttipps. Ich hole schnell einen Zettel.

Anschließend lassen wir uns bei Kaffee und Kuchen auf der Terrasse nieder. Ein Falke lässt sich in unserer Nähe auf der Freileitung nieder. Ich greife zum Teleobjektiv und gehe auf die Pirsch. Er scheint sichtlich genervt, aber kehrt doch immer wieder zurück und so gelingen mir schließlich ein paar Fotos.

Falke bei der Landung auf der Freileitung

Auf der Terrasse wird es mit der untergehenden Sonne kalt. Wir verkriechen uns ins Haus und feuern den Ofen an. Da klopft es an der Tür. Unsere Vermieterin fragt an, sie hätten Freunde zum Essen da, ob wir nachher zu ihnen zum Essen kommen möchten. Wir überlegen nicht lange, den Fisch können wir auch noch einen Tag einfrieren und sagen zu. Sie will wieder kommen, wenn das Essen fertig ist.

Blick von unserer Terrasse auf den Calvario

Als es endlich an der Tür klopft, haben wir schon sehr großen Hunger. Nebenan sind fast 20 Leute versammelt: Der Bruder aus Israel, ein französischer Konditor aus einem großen Hotel in Playa de Santiago samt Familie und Eltern aus Bordeaux, eine Wienerin, ein Italiener und noch einige mehr. Es wird abwechselnd Englisch, Spanisch, Französisch, Deutsch und Hebräisch gesprochen. Jeder hat einen Gang gekocht, wir haben leider nur eine Flasche Rotwein beizusteuern. Wir beginnen mit dem Anzünden der Chanukka-Kerzen, dann beginnt das Essen. Anschließend gibt es eine Polonaise um die Tafel. Dann sinken alle erschöpft in die Ecke. Wir bekommen von unserem Vermieter eine Führung. Er ist Maler und hat nicht nur in unserem Ferienhaus vielen seiner Werke hängen, sondern auch bei sich im Haus. Das Haus selbst ist erst vor kurzem fertig geworden. Es ist aus den Überresten eines alten Hauses nach seinen Vorstellungen entstanden. Ein deutscher Wandergeselle hat den Dachstuhl gebaut.

Gegen Mitternacht spielen wir noch zwei Runden Bingo, bevor wir uns verabschieden. Es war ein sehr schönes Weihnachten.

Angekommen auf der Isla de la Gomera

Im Landeanflug auf Teneriffa Sur

Heute Morgen klingelte unverschämt um kurz vor 4 Uhr der Wecker. Widerstrebend sind wir aufgestanden und um kurz vor 5 Uhr ins Taxi zum Flughafen gestiegen. Als wir das geschafft hatten, war mal wieder der gefährlichste Teil einer Flugreise überstanden: die Fahrt zum Flughafen. Ob das Taxi noch für den Straßenverkehr zugelassen werden sollte, war uns nicht so recht klar. Wir waren jedenfalls fast seekrank…

Der Hafen von Los Christianos auf Teneriffa

Der Flug nach Teneriffa Sur verläuft ohne besondere Vorkommnisse. Wir können sogar noch ein wenig Schlaf nachholen. Um 13 Uhr landet der Flieger und wir ziehen ganz schnell unsere warmen Pullover aus. Schön fand ich zuvor den Flug über Lanzarote mit den vielen Vulkankratern. Am Flughafen nehmen wir uns ein Taxi zum Hafen. An dieser Fahrt gibt es nichts zu beanstanden. Die Fähre liegt schon im Hafen und wir kaufen zwei Tickets für je 25 Euro, schleppen unsere Taschen die steilen Treppen zur Fähre hinauf und lassen uns draußen am Heck an einem Tischchen im Schatten nieder. Mit der Kamera erkunde ich erst einmal die Fähre, lasse mir oben den warmen Wind um die Nase wehen und genieße die Aussicht auf die Insel. Sie ist karg, ähnlich wie die Baja California in Mexico oder der Süden Kaliforniens und vom Flugzeug waren die Hotelanlagen zu sehen: scheinbar in sich abgeschlossene Welten.

 

Wir verlassen Teneriffa mit Kurs auf La Gomera

Nach einer halben Stunde geht es los. Die Überfahrt nach La Gomera dauert eine Stunde. Am Hafen von San Sebastian werden wir schon erwartet. Der Mitarbeiter der Mietwagenfirma steht dort mit einem Schild in der Hand. Schnell bekommen wir einen kleinen weißen VW Fox übergeben. Unser Hinweis auf den Kratzer an der Beifahrertür wird mit dem Hinweis auf die Versicherung beiseite gewischt. Der Wagen ist nur halb voll getankt. So sollen wir ihn auch wieder abgeben, d.h. einfach am Fähranleger stehen lassen und die Tür nicht verschließen. Eine andere Welt!

Die Häuser am Hafen sind ganz anders als in Los Christianos auf der anderen Seite. Es scheinen keine Bettenburgen zu sein, mehr einzelne Häuser in vielen verschiedenen Farben. Wir tanken erst einmal voll und kurven dann die Serpentinen bergauf. Die Straße ist schmal. Es ist die Hauptstraße, größere Straßen gibt es hier nicht. Die Berge sind schroff. Neben der Straße wachsen Opuntien und Wolfsmilchgewächse. Es geht so hoch hinauf, dass wir schließlich in den Wolken landen. Plötzlich ist auch alles grün und dicht bewachsen. Wir sehen Farne, Moose und Flechten. Was für ein Gegensatz zu der Vegetation ein Stückchen weiter unten!

San Sebastian de La Gomera

In Alajero verpassen wir erst einmal die Ortseinfahrt und fahren schließlich von der falschen Seite ins Dorf. So kurven wir eine Weile herum, um unser Ferienhaus zu suchen. Auf einer Bank sitzt ein alter Mann. Was er wohl denkt, als wir zum dritten Mal an ihm vorbei fahren? Kurz entschlossen halten wir an einem Haus. Eine Frau kommt heraus und fragt uns auf Deutsch mit leicht bayerischem Akzent, ob sie uns weiterhelfen kann. Den Namen unseres Ferienhauses kennt sie nicht, aber den Namen der Vermieter kennt sie und verrät uns auch gleich noch, wie der Hund heißt.  Wir waren schon dran vorbei gefahren. Nun fahren wir wieder dort hin, werden von Max dem Hund schwanzwedelnd begrüßt und treffen nur die Kinder der Vermieter an. Immerhin lässt uns der Sohn ins Haus. Wann die Eltern wiederkommen weiß er nicht so genau. Wir lassen uns erst einmal erklären, wo der Supermarkt ist und gehen eine Grundausstattung kaufen. Nachdem wir uns eingerichtet haben, fällt uns auf, was noch alles fehlt, also starten wir einen zweiten Ausflug zu dem kleinen Tante Emma Laden, der hier als Supermarkt fungiert. Alles bekommen wir dort nicht, aber es reicht für ein Abendbrot auf der Terrasse.

Die Sonne ist in der Zwischenzeit untergegangen. Die Sterne stehen hell am Himmel und das Meer schimmert wahrscheinlich im Licht des Mondes, der sich aber selbst irgendwo hinter den Wolken bedeckt hält. In den Palmen über uns knistert es, irgend ein Lebewesen trappelt über unser Dach. Es wird langsam kalt. Wir haben schon Pullover und Jacke an, aber auf 800m Höhe ist selbst das nicht warm genug und so gehen wir schließlich hinein in unser kleines Ferienhaus, das sehr würzig nach dem Kaminholz riecht.

 

Weston Super Mare Grand Pier

Heute morgen steht der vorletzte Programmpunkt an: Nach Weston Super Mare zum Grand Pier. In Weston Super Mare war ich schon einmal 1982 als Schülerin. An ein Pier, geschweige denn einen Strand, kann ich mich nicht erinnern.  Was ist an einer Seebrücke nun so besonderes? Bei uns in Deutschland halten dort tagsüber die Ausflugsdampfer und nachts sitzen dort die Angler. Ansonsten kann man das Meer anschauen ohne gleich Sand in den Schuhen zu haben. Jugendliche springen bei entsprechendem Wetter gern von dort ins Wasser und man kann von oben die Quallen besser sehen. Und sonst? Ach ja, in Grömitz gibt es eine Tauchgondel und Heiligenhafen baut gerade eine neue Seebrücke. Die in Niendorf ist im letzten Winter davon geschwommen und da sie wohl keiner braucht, ist sie nur noch halb so lang wie vorher. Also, was soll an einer Seebrücke schon besonderes sein?

Im Eingang zur Grand Pier

Aus den USA kennen wir auch Seebrücken mit Fischrestaurants, Fischgeschäften und Serviceeinrichtungen für Angler.

Hier in Weston Super Mare beginnt die Überraschung schon am Eingang. Die Seebrücke öffnet erst um 10 Uhr. Wir sind früher da, denn wir bekommen eine Führung. Immerhin ist der Eintritt frei, aber auf den ersten Metern ist das Meer und der Strand nicht zu sehen: rechts und links Imbissbuden und Andenkenläden. Darüber wehen bunte Wimpel. Über die lange Brücke geht es zu einem großen Gebäude am Ende der Brücke. In der Mitte ist ein geschützter Gang, so dass sich hier niemand Wind und Wetter aussetzen muss.

Japanischer Servicetechniker bei der Arbeit

Im Gebäude dann die nächste Überraschung: Wir stehen in einem Vergnügungspark. Wozu man den auf eine Seebrücke baut, hat sich mir nicht erschlossen, an Land wäre das sicher billiger, aber vielleicht ist bei uns das Wetter einfach besser, zumindest an der Ostsee. An der Nordsee fallen mir keine Seebrücken ein.

Rings um uns herum stehen Automaten, in die man Geld wirft, in der Hoffnung durch viel Geschicklichkeit eine billige Plüschfigur oder ähnliches Made in China zu erhaschen. Besucher sind noch keine unterwegs, aber japanische Servicetechniker warten eine neue Maschine und britische Servicetechniker schleppen Münzen in großen Eimern davon.

Münzen in Eimern

Aber das ist längst nicht alles: Wir werden von einer jungen Frau begrüßt, die uns das komplette Gebäude zeigt. Sie ist hier die Chefin. Zusammen mit ihrem Bruder hat sie dies alles aufgebaut. Als sie die Pier vor ein paar Jahren kauften, stand auf ihr ein denkmalgeschütztes Gebäude, das bereits einen Vergnügungspark beinhaltete.  2008 brannte das Gebäude nieder und so konnten sie unbeschwert von Denkmalschutzauflagen ein Gebäude bauen, das all ihre Wünsche erfüllte. Auch für die Besucher bleiben nicht nur Daddelautomaten, sondern Bars, Cafés, verschiedene Veranstaltungsräume, ein 4D-Kino, Auto-Scooter, und und und.  Wer will, kann auch den großen Saal mieten.  Dann werden alle Automaten mal eben rausgeschoben. Sie erzählt ganz locker von den Millionen, die hier investiert wurden und wie sie ihre Vorstellungen gegenüber Architekten und Baufirmen durchgesetzt haben.

Ein Industrieroboter im Vergnügungspark

Wir sehen einen Film in 4D (Wasserspritzer, Rütteln, Nebel und Seifenblasen inklusive), besuchen die Überwachungszentrale, das Münzlager, die großen Säle, probieren das Café  und zwei von uns haben das zweifelhafte Vergnügen, sich von einem Industrieroboter durch die Luft katapultieren zu lassen. Wir sind schwer beeindruckt, insbesondere von dem Mut, solche Summen zu investieren und so sicher zu sein, dass das Spiel aufgeht, dass die Leute ohne Eintritt in ausreichender Zahl auf die Pier strömen, um dann ihr Kleingeld bei all den Vergnügungen zu lassen. Als wir die Pier verlassen, ist 10 Uhr längst vorbei und dass die Besucher nun in Strömen auf die Pier drängen, ist nicht zu übersehen.

Der Eingang zur Grand Pier nach 10 Uhr

Anschließend endet dieser kurzweilige Besuch in Bristol für uns mit einem gemeinsamen Mittagessen in einem Restaurant auf dem Weg zum Flughafen.