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Es klart auf zum Wolkenbruch

Das grandiose Treppenhaus im Grand Hotel. Wie auf einer Rennbahn, sind alle Stufen nach innen geneigt.
Das grandiose Treppenhaus im Grand Hotel. Wie auf einer Rennbahn, sind alle Stufen nach innen geneigt.

Nach einer erholsamen Nacht genießen wir ein eines „Grand Hotel“ würdiges Frühstück. Das Wetter ist heute eher nass angesagt. Da es noch nicht regnet, entscheiden wir uns, der Tynemouth Priory einen Besuch abzustatten. Es ist ein ganz altes Kloster, dass im 7. Jahrhundert auf einem vorgelagerten Felsen gegründet wurde. Davor wurde der Platz, wie Funde auf dem Gelände belegen, auch von der römischen Armee genutzt. Nach der Übernahme der Kirche durch die englische Krone unter Henry VIII wurde das Kloster aufgegeben, aber weiter militärisch genutzt. Es ist einfach ein Ort, an dem man die Tynemündung sehr gut überblicken und kontrollieren kann.

Während dieser Nutzung als Batterie und Beobachtungspunkt verfielen die alten aus Sandstein gebauten Kirchenbauten. Sie waren aber so monumental, dass selbst die heutigen Überbleibsel die gewaltigen Dimensionen erahnen lassen. Auch die Grabsteine des im 17. Jahrhundert angelegten Friedhofes sind kaum noch lesbar. Die militärische Nutzung dauerte bis in die 70er Jahre an. Im zweiten Weltkrieg befand sich hier eine Flug- und Seeabwehrstellung, um die Industrie und den Hafen von Newcastle vor Angriffen zu schützen. Heute wird die Priory vom „English Heritage“ als historische Stätte betrieben. Da wir noch weitere Sehenswürdigkeiten des „English Heritage“ auf unserer Tour besuchen wollen, erstehen wir den „Overseas Visitors Pass“ für 16 Tage. Während wir die Priory besichtigen, wird der Nebel wieder dichter und geht in Regen über. Am Ende retten wir uns in ein Café in Tynemouth.

Aussichtsturm der T.V.L.B. (Freiwillige Seenotretter Tynemouth)
Aussichtsturm der T.V.L.B. (Freiwillige Seenotretter Tynemouth)

Nachdem der Regen wieder so gut wie aufgehört hat, statten wir dem kleinen privaten Museum der „Tynemouth Volunteers Lifeguard Brigade“ einen Besuch ab. Die T.V.L.B. wurde 1865 nach einem Schiffsunglück in der Tyne-Mündung mit vielen Toten gegründet. Vor den Augen der Bevölkerung waren in einem schweren SO-Sturm zwei Schiffe auf den Felsen gestrandet und man musste hilflos mit ansehen, wie diese Schiffe zerschellten und die Besatzungen mit Passagieren ertranken. Es war einfach keine Ausrüstung zur Hilfe vorhanden. Seither gibt es diese regierungsunabhängige Rettungsorganisation ähnlich der DGzRS, die auch 1865 aufgrund schwerer Schiffsunglücke an der Deutschen Nordsee Küste als unabhängige Organisation gegründet wurde.

Wildes Sammelsurium im Museun
Wildes Sammelsurium im Museun

Das Museum der T.V.L.B. wird mit viel Herzblut betrieben, aber stellt museumspädagogisch eine ziemlich bunte Mischung aus Exponaten dar, deren Zusammenhang mit dem Thema „Rettung aus Seenot“ sich nicht immer erschließen lässt. Aus einigen Berichten von Havarien und Seekarten wird uns langsam klar, warum die Mündung der Tyne bei SO-Sturm eine ziemliche Mausefalle darstellt und immer wieder zu Schiffsunglücken an der gleichen Stelle geführt hat.

Wieder draußen gehen wir die Promenade entlang in Richtung Fischereihafen und können bei Niedrigwasser die Felsausläufer „bewundern“, die so vielen Schiffen zum Verhängnis geworden sind.

Auf dem Weg statten wir noch Queen Victoria einen Besuch ab, die wir schon auf so vielen Reisen gesehen haben.
Auf dem Weg statten wir noch Queen Victoria einen Besuch ab, die wir schon auf so vielen Reisen gesehen haben.

Vom Fischereihafen gehen wir über North Shields zurück nach Tynemouth, um etwas Obst und sonstige Verpflegung einzukaufen und dann zurück in unser Grand Hotel. Hier in der Gegend gibt es noch so viel zu entdecken, dass wir unseren Aufenthalt im Hotel noch um weitere zwei Nächte verlängern.

Afternoon Tea im Drawing Room
Afternoon Tea im Drawing Room

Im Hotel genehmigen wir uns dann noch den legendären „Afternoon Tea“ mit Scones, Gebäck und Sandwichen. Danach sind wir so satt, dass wir definitiv kein Abendessen mehr benötigen.

Da es nun aufgehört hat zu regnen und ein steifer Wind weht, machen wir noch einen Strandspaziergang. Kräftiger Seegang bricht sich am alten Meerwasser-Schwimmbecken und am Strand schlägt nun die Stunde der Surfer. Zum Absacker verholen wir uns anschließend in das dem Hotel angeschlossene Pub. Dort kommen wir mit dem Betreiber eines Tonstudios ins Gespräch, der ganz fasziniert von Petras professionellen Hintergrund ist.

Seenebel

Vorsichtig schiebt sich die Fähre durch den Nebel. Solange die Wasseroberfläche noch zu sehen ist, noch ohne Nebelhorn
Vorsichtig schiebt sich die Fähre durch den Nebel. Solange die Wasseroberfläche noch zu sehen ist, noch ohne Nebelhorn

Der Wecker klingelt und wir können durch das Kabinenfenster kaum die Wasseroberfläche sehen und es ist kein Seegang zu spüren. Die Fähre gleitet langsam wie durch dicke Watte ihrem Ziel Newcastle zu. Über der Nordsee herrscht Seenebel. Wir gehen vor dem Frühstück erst einmal an Deck und genießen diese besondere Atmosphäre. Unser Kurs verläuft bereits nahe an der englischen Küste, die wir aber nicht sehen können. Einige Möwen und eine Lumme umkreisen die Brücke. Ansonsten sind wir fast allein an Deck. Nur ein Crew-Mitglied lässt sich zur Pause auf Deck blicken und wir kommen mit ihm ins Gespräch.

Von der Küste ist nichts zu sehen, obwohl sie nicht weit entfernt ist
Von der Küste ist nichts zu sehen, obwohl sie nicht weit entfernt ist

Er kommt von den Philippinen und fährt seit 4 Jahren bei DFDS. Mit dem Job, bei dem er 5 Monate an Bord ist und 2 Monate Urlaub hat, ist er sehr zufrieden. Während des Urlaubs fliegt er dann nach Hause zur Familie. So sieht eben die Arbeit eines Seemannes aus. Auch während der Corona-Zeit konnte er diesen Rhythmus durchhalten. Die Fähren sind in dieser Zeit ausschliesslich als Frachter gefahren. Dieses Jahr ist es wieder ganz anders. Die Passagierzahlen haben stark zugenommen. Wir erzählen ihm, dass wir diese Reise eigentlich in 2020 geplant hatten, aber wegen Corona alles absagen mussten. Es freut ihn sichtlich, dass wir uns an Bord sehr wohl fühlen. Dann muss er wieder an die Arbeit und wir gehen zurück in die Kabine, um die Ankunft vorzubereiten.

Auch 45 Minuten vor Ankunft bekommen wir noch ein Frühstück. Die anderen Passagiere drängen sich bereits auf den Gängen und haben ihre Kabinen bereits geräumt. Wir lassen unser Gepäck so lange wie möglich in der Kabine und fotografieren lieber noch das Anlegen der Fähre. Als sie fest ist, haben wir immer noch genug Zeit die Sachen zu holen, die Gangway zu passieren und uns vor der Passkontrolle anzustellen. Klaus neuer Reisepass wird auch hier akzeptiert und die Busfahrerin, die uns nach Newcastle bringen soll, hat keine Eile.

Kirche
Kirche

In Newcastle am Hauptbahnhof setzen wir uns erst einmal mit einem Tee in das Starbucks und nutzen das freie WLAN, um unsere Texte und Bilder der letzten Tage auf die Homepage zu laden. Um Newcastle einigermaßen unbeschwert erkunden zu können, wollen wir mindestens unsere Koffer irgendwo lassen. Leider gibt es in den Bahnhöfen wegen der Gefahr von Anschlägen keine Schließfächer. Ein Zeitungs- und Tabak-Händler gegenüber vom Bahnhof (in Berlin ein Späti) macht mit diesem Service ein Zusatzgeschäft und nimmt unsere Koffer für die nächsten Stunden in Obhut. Die Rucksäcke mit unserer ganzen Technik behalten wir auf dem Rücken.

Vorne hui ...
Vorne hui …

Zunächst gehen wir bergauf zu einer Kirche, die Newcastle überblickt. Die Straße dorthin ist sehr steil und gesäumt von Motorrad Läden und Werkstätten. Dazwischen gibt es einige Imbisse und Döner Läden. Zurück geht es auf einer ruhigeren Nebenstraße und einem Park. Es fällt auf, dass die Häuser offensichtlich zwei Seiten haben. Eine Hui mit gepflegter Fassade und hübschen Vorgarten und die Rückseite Pfui mit ungepflegter Backsteinfassade und der Zufahrt für die Müllabfuhr.

Newcastle entstand an einer römischen Brücke über den Fluss Tyne. Heute ist es nicht mehr eine sondern viele!
Newcastle entstand an einer römischen Brücke über den Fluss Tyne. Heute ist es nicht mehr eine sondern viele!

Auf Höhe des Bahnhofs gelangen wir zum Fachbereich Biomedizin der hiesigen Universität. Angeschlossen ist ein Science-Center zu diesem Thema für Kinder und Jugendliche. Wir lernen, dass die medizinische Fakultät der Universität Newcastle im Bereich Transplantations- und Reproduktionsmedizin, sowie bei der Stammzellenforschung nicht ganz unbedeutend ist. Wir stärken uns ansonsten aber nur mit einem Eis.

Von dort begeben wir uns hinunter zum River Tyne, der gerade Niedrigwasser hat. 5 Meter Tidenhub sind schon beeindruckend. Der Weg dorthin führt uns durch etwas herunter gekommene Gegenden. Als wir die Uferpromenade erreichen und flussabwärts gehen, ändert sich das Erscheinungsbild der Gegend schlagartig. Allerdings lässt sich der moderige Geruch des Flussschlicks nicht mit schönen Fassaden und edlen Restaurants überdecken. Beeindruckt sind wir von der Architektur der verschiedenen Brücken über die Tyne. Die Promenade am Fluss scheint die Partymeile von Newcastle zu sein. Es gibt hier jede Menge Bistros und Pubs.

Da wollen wir noch hin!
Da wollen wir noch hin!

Nachdem wir unter den hohen Brücken hindurch sind, bewegen wir uns wieder bergauf in Richtung Bahnhof, da wir von dort gegen 15:00 Uhr eine Metro zum Flughafen nehmen wollen. Dort wartet ein Mietauto für die nächsten 14 Tage auf uns. Als wir kurz vor 16:00 Uhr am Mietwagen-Schalter stehen ist alles dunkel. Ein A4-Blatt weisst uns darauf hin, dass die Firma derzeit nur den Schalter auf dem Parkplatz betreibt. Ein Einheimischer, der bereits eine Weile wartet und diesen Hinweis übersehen hatte, kennt den Weg und so begeben wir uns zusammen mit ihm dorthin, aber auch dort ist alles dunkel und verrammelt.

Interessanter Grabstein an der All Saints Church
Interessanter Grabstein an der All Saints Church

Unser Mitstreiter zögert nicht lange und ruft die angeschlagene Rufnummer an. Antwort: Ja, es ist gleich jemand da. Nach einigen Minuten kommen tatsächlich zwei Mitarbeiter und geben uns die Mietwagen heraus. Während wir warten, macht unser Mitstreiter kräftig Werbung für den Lake District, wo er sich gerade ein Wochenendhaus gekauft hat. Der beste Ausgangsort soll Windermere sein. Dort könne man viele gute B&Bs finden und auf dem Ostufer des See viel unternehmen, wie z.B. Kajak fahren.

Auf dem Weg zum Bahnhof machen wir Rast in der St. Nicholas Cathedral, die nicht nur architektonisch interessant ist, sondern auch durch ihre Offenheit besticht
Auf dem Weg zum Bahnhof machen wir Rast in der St. Nicholas Cathedral, die nicht nur architektonisch interessant ist, sondern auch durch ihre Offenheit besticht

Vom Flughafen fahren wir mit vereinter Aufmerksamkeit nach Tynemouth. Um ein wenig zu üben (Linksverkehr!) nutzen wir nicht die Autobahn, sondern die Landstraße (A191) mit vielen Kreiseln. Wir meistern alles und kommen gut nach Tynemouth und parken vor dem Grand Hotel, in dem wir zwei Nächte gebucht haben. Das Hotel hat eine lange Geschichte zurück bis ins 19. Jahrhundert und wurde von vielen bekannten Persönlichkeiten besucht. Darunter auch von Stan Laurel und Oliver Hardy während ihrer Europa-Tourneen nach dem 2. Weltkrieg. Stan Laurel ist in Tynemouth eine Zeit lang zur Schule gegangen. Heute ist das Hotel immer noch sehr gepflegt und der Besuch lohnt sich.

Nach einer kurzen Teepause begeben wir uns in Richtung Tyne-Nordmole vorbei an der monumentalen Ruine des alten Klosters Tynemouth Priory and Castle. Von See her zieht schon wieder Nebel auf. Als wir im „Gibraltar Rock of Tynemouth“ bei Fish & Chips sitzen ist die Sicht wieder wie heute morgen und aus den Nebelschwaden beginnt es zu nieseln. Nach unserer Stärkung gehen wir durch diesen Nebel zurück zu unserem Grand Hotel.

Die Fish & Chips haben wir uns verdient!
Die Fish & Chips haben wir uns verdient!

Entdeckungstour in Amsterdam

Heute Morgen weckt uns die Sonne. Sie scheint durch das Hotelfenster und bringt uns schon vor dem Wecken aus dem Bett. Nach einem reichhaltigen Frühstück haben wir noch 4 Stunden Zeit für Amsterdam. Das Gepäck wollen wir im Hotel lassen. Es gibt Schließfächer, aber alle großen Fächer sind belegt und bei der ersten Anlage ist der Belegdrucker leer. Endlich haben wir alles verstaut und laufen los.

Auch heute werden es wieder über 30°C werden – also immer schön im Schatten bleiben. Wir laufen zunächst die Herrengracht entlang. Wir wollen die Altstadt erkunden. Hier waren wir vor sehr langer Zeit am Ende einer Radtour schon einmal. Wir können uns kaum noch erinnern, aber langsam kommen doch einige Erinnerungsfetzen hoch.

Im Hausbootmuseum
Im Hausbootmuseum

Nach einem Wechsel an die Prinzen Gracht besuchen wir ein Hausbootmuseum und lernen, was der Unterhalt eines Hausbootes kostet. Die Miete der Wasserfläche fällt mit ~1k€/Jahr recht niedrig aus, aber etwa alle 4 Jahre muss das Hausboot ins Dock und unten gereinigt, von der Versicherung inspiziert, gegebenenfalls repariert und neu beschichtet werden. Dabei können schnell 4-6k€ den Besitzer wechseln. Dazu kommen dann noch die Reparaturen oberhalb der Wasserlinie und natürlich die Anschlussgebühren für Wasser, Abwasser und Strom. Wir können uns vorstellen, dass es im Winter auch unangenehm kalt werden kann, wenn man hier nicht vorsorgt.

Auf dem Blumenmarkt
Auf dem Blumenmarkt

Anschließend legen wir eine kleine Pause ein und gönnen uns ein kaltes Bitter Lemon. Dann geht es weiter. Die nächste Pause legen wir am Blumenmarkt ein. Es gibt frische Waffeln mit Eis und einem Tee. Uns ist nun klar, dass wir Amsterdam noch einmal etwas länger besuchen müssen.

Yellow Sub bauf der Ij
Yellow Sub bauf der Ij

Zurück im Hotel müssen wir erst einmal abkühlen, bevor wir unser Gepäck greifen und zum Shuttle Bus schleppen. Wir sind eine halbe Stunde vor Abfahrt dort und geniessen den Blick auf die Ij und dann fährt doch tatsächlich ein gelbes U-Boot vorbei und das liegt nicht an der Hitze. Petra singt vor Freude spontan „Yellow Submarine“. Nun freuen wir uns auf die Nordsee und hoffentlich ein wenig Abkühlung!

Blick von oben auf den Fähranleger
Blick von oben auf den Fähranleger

Am Fähranleger funktioniert alles reibungslos. Wir stehen nur ganz kurz in der Schlange beim Check In. An Bord steht an jeder Ecke Personal und weist uns freundlich den Weg. Wir haben eine Außenkabine, aber dort ist es noch ziemlich warm und das Fenster lässt sich nicht öffnen.

Also stellen wir nur kurz unser Gepäck in der Kabine ab und sind dann schnell wieder an der frischen Luft an Deck. Von Deck am Fähranleger hat man einen guten Blick auf die Ij mit ihren Industrieanlagen, Öltanks, Kohlehalden, dem Fischereihafen, zwei großen Wartungsschiffen für die Windparks und große Fischtrawler.

Eine halbe Stunde vor der offiziellen Abfahrt ist das Boarding offensichtlich abgeschlossen und die Fähre legt ab. Beim Auslaufen sehen wir noch den großen Yachthafen von Ijmunden mit einer Ferienanlage auf einer künstlichen Düne innerhalb der Mole und einem langen Strand. Wir würden hier keinen Urlaub machen wollen. Dann lieber die Ij hoch zu den Innenstadthäfen von Amsterdam.

Wir suchen uns ein windgeschütztes Plätzchen auf der Backbord-Seite und geniessen jetzt tatsächlich die Sonne und den Ausblick auf die Reede, zwei Windparks, einen Oldtimersegler, der uns entgegen kommt und die Möwen. Die Nordsee ist spiegelblank, nicht einmal Dünung ist vorhanden.

Sonnenuntergang
Sonnenuntergang

Beim Dinner können wir verfolgen, wie wir eine Hauptschiffahrtsroute kreuzen und zum Ausweichen mehrere Male den Kurs ändern. Als Segler navigieren wir doch immer ein wenig mit und merken, wenn sich die Schiffsbewegungen oder das Motorgeräusch ändert.

Bohrinsel bei Nacht
Bohrinsel bei Nacht

Nach Einbruch der Dunkelheit fahren wir noch an zwei Bohrinseln vorbei.

To travel !!!

Da der Termin im Bürgerbüro erst um 10:30 Uhr ist, können wir etwas länger  schlafen. Es gibt also noch ein gemütliches Frühstück im Garten.

Danach schwingt sich Klaus auf’s Rad und Petra packt die letzten Reste, so dass es umgehend los gehen kann.

Das Bürgerbüro ist kundenfreundlich wie immer und Klaus ist bereits um 10:45 Uhr als stolzer Besitzer eines vorläufigen Reisepasses wieder zu Hause. Um 12:40 Uhr fährt der nächste Zug nach Amsterdam. Wir machen uns rechtzeitig auf den Weg und ächzen ein wenig unter den ungewohnt schweren Taschen in der Hitze. Am Hauptbahnhof sorgt dann die DB noch für Verwirrung, so dass selbst wir als eigentlich erfahrene Bahnreisende, schon fast im falschen Zug nach Köln gesessen hätten. Als wir die Treppe hoch kamen war als nächstes der Zug nach Amsterdam angeschlagen. Einfahren tat aber der Zug nach Köln. Erst im letzten Moment, als sich alle bereits auf das Einsteigen konzentrierten, änderte sich die Anzeige und die Hinweise an den Wagen waren gegen die Sonne kaum zu lesen.

Petra schafft es noch in letzter Sekunde, als die Türen schon schließen, mit Koffer aus dem falschen Zug zu springen – noch einmal gut gegangen und das schon zum zweiten Mal heute!

Der richtige Zug (ein IC) einige Minuten später ist fast vollständig belegt. Das ist in Zeiten des 9€ Tickets eigentlich ungewöhnlich! Petra ergattert noch einen einzelnen Sitzplatz und Klaus muss zur Strafe auf „Netzkarte“ fahren. Die Gepäckablage lässt sich ganz gut als Stehhilfe brauchen. Nach einer Stunde ergattern wir kurz vor Osnabrück zwei Sitzplätze nebeneinander und werden von dort auch nicht mehr vertrieben!

Fahrräder am Amsterdamer Hauptbahnhof - wie gut, dass die nicht alle mit dem Auto in die Stadt gefahren sind...
Fahrräder am Amsterdamer Hauptbahnhof – wie gut, dass die nicht alle mit dem Auto in die Stadt gefahren sind…

In Bad Bentheim haben wir planmäßig Aufenthalt und die deutsche Lok wird gegen eine niederländische getauscht. Auch das Personal wechselt. Als es wieder losgehen soll, macht der Zug nach wenigen Metern eine Vollbremsung. Das wiederholt sich noch einige Male. Wir kommen gar nicht aus dem Bahnhof. Das war nicht einmal Känguru-Strom…

Fahrradabstellanlage in Amsterdam
Fahrradabstellanlage in Amsterdam

Dann stehen wir erstmal eine Weile. Danach geht es wieder so los. Vermutlich kann man weiter vorne das Fluchen einiger Bahntechniker hören. Nach einer Weile geht es dann doch – uff!

Blick vom Hotel hinab auf den Bahnsteig
Blick vom Hotel hinab auf den Bahnsteig

Die Häuser ändern sich, die Landschaft wird flach und immer nasser. Das Holländisch der Durchsagen verstehen wir sogar noch. Irgendwann tauchen die ersten Klappbrücken und Segelyachten auf. Nach 4 Stunden sind wir in Amsterdam. Auf dem Bahnhof stehen wir vor einem Rätsel: Wie  kommen wir hier wieder raus? Wie und der Pariser oder Hongkonger Metra muss man am Ausgang seine Fahrkarte auf einen Scanner halten um rausgelassen zu werden. Deshalb hat wohl niemand im Zug die Fahrkarten kontrolliert!

Der Blick aus unserem Hotelzimmer!
Der Blick aus unserem Hotelzimmer!

Die nächste Überraschung wartet vor dem Bahnhof: Massen an Fahrrädern; Zigtausende auf mehreren Etagen übereinander. Auf einem schmalen Pfad kommen wir hindurch zu unserem Hotel und hier nun Überraschung Nummer 3: Unser Zimmer liegt im 7. Stock in einem Nachbargebäude , das nur über eine Brücke im 5. Stock erreichbar ist, da es auf Stelzen über Gleis 2 und 3 steht.

Dachschaukel auf dem A'DAM
Dachschaukel auf dem A’DAM

Als wir den Vorhang öffnen, haben wir einen gigantischen Ausblick auf die Gleise, auf den Fluss Ij, der direkt am Hauptbahnhof vorbei fließt und den gegenüber liegenden Stadtteil. Nach einer kurzen Erfrischungspause machen wir uns auf den Weg, diesen Stadtteil zu erkunden, den uns ein Nachbar ans Herz gelegt hatte. Auch das Hotel hatte er uns empfohlen. Wir schicken ihm ein Foto von unserem Blick aus dem Hotelzimmer und er macht uns noch darauf aufmerksam, dass man auf der Dach-Terrasse des Hochhauses schaukeln kann. Stimmt nun sehen wir es auch, aber das ist nicht so unser Ding.

Herman!
Herman!

Mit der kostenlosen Fähre geht es mit vielen anderen Menschen auf das andere Ufer. Auf das Hochhaus wollen wir nicht, Wir bleiben am Boden und gehen die Van den Pekstraat entlang. Das ist ein Wohngebiet mit einem einheitlichen Baustil, nich besonders reich. Einige Künstler sind hier aktiv. Wir sind hungrig und durstig, aber nehmen nicht das erste Lokal, obwohl das hier keine keine Touristengegend ist. Bei einem etwas schräg anmutenden Laden mit netter Musik und einem Hinweis auf einen Hofgarten können wir nicht wiederstehen und so sitzen wir bei Pekkys im Hinterhof nahezu in einer Passionsblume zwischen lauter alten Möbeln und irgendwelcher Schrottkunst. Über uns sitzt ein rosa Plastikflamingo in einem Nest mit noch grünen Passionsfrüchten (Maracuja). Wir stärken uns mit Burger, Makrelen und Sardinen aus der Dose, Käse, Wurst, Oliven, Crackern, Ingwerbier und einem normalen Bier.

An der Schleuse zum Nordhollandkanal
An der Schleuse zum Nordhollandkanal

Es wird dämmerig und wir ziehen weiter. Kreischende grüne Sittiche erregen unsere Aufmerksamkeit. Sie fallen über die Früchte in einigen Bäumen her. Wer hier einen Obstbaum hat, hat es mit ihnen sicher nicht leicht. Sie fressen sogar die noch unreifen Zieräpfel.

Passagiere eines der zahlreichen Flusskreuzfahrtschiffe füttern eine Schwanenfamilie
Passagiere eines der zahlreichen Flusskreuzfahrtschiffe füttern eine Schwanenfamilie

Mit der Fähre fahren wir wieder zurück auf die Seite der Amsterdamer Altstadt. Da es mittlerweile dunkel ist, lassen wir die Kameras im Hotel und machen uns auf die Suche nach einem gemütlichen Pub/Cafe in der Altstadt. Es schieben sich immer noch massenhaft Menschen durch die Stadt und futtern Pommes, Pizza, Eis, Waffeln, Kebab, aber wir wollen doch einfach nur draussen sitzen und ein Bier trinken.

Kostenlose Fähre über die Ij
Kostenlose Fähre über die Ij

Schließlich landen wir im Cafe Van der Beeren, einem kleinen Laden mit Jugendstil Dekor und einem türkisch-holländischem Besitzer. Hier gibt es 12 Biere vom Fass, das sollte reichen! Wir kommen mit zwei Brasilianern aus dem Königreich ins Gepräch, denen wir versprechen nach Brasilien zu reisen sobald sie Bolsonaro abgesetzt haben. Im Gegenzug müssen sie uns versprechen das nächste Mal in Deutschland nicht nach München und Neuschwanstein zu reisen, sondern nach Hamburg!

To travel or not to travel

Klaus hat bereits frei aber Petra muss noch bis frühen Nachmittag arbeiten. Es sind über 30°C, aber packen müssen wir trotzdem – also langsam Stück für Stück.

Reisen müssen wir erst einmal wieder üben!

Reiselektüre!
Reiselektüre!

Spät am Nachmittag hat Klaus seinen Reisepass in der Hand, den man nun für die Einreise nach Großbritannien benötigt. Erschreckt stellt er fest, dass er seit zwei Jahren abgelaufen ist. Was nun? Mit dem Personalausweis allein kommt man nicht mehr ins Königreich. Petra reserviert ihm für Samstag Vormittag einen Termin im Bürgerbüro und Klaus lässt beim Fotografen im Leine-Center noch schnell biometrische Passbilder machen. Es besteht also noch Hoffnung auf den geplanten Urlaub in England, aber den reservierten Zug werden wir nicht mehr bekommen.

Packen tun wir trotzdem weiter. Um 22:30 Uhr sinken wir erschöpft in die Sessel…