Wusstet Ihr, dass Spanien ein Kletter-El-Dorado ist? Nun, wir waren heute nicht klettern, sondern wandern.
Schöner Ausblick auf den Stausee vom El Mirador
Mit Kirchen, Palästen und Moscheen sind wir erst einmal durch. Aus unseren diversen Reise- und Wanderführern hatten wir uns die Gegend ‚Desfiladero de los Gaitanes‘ herausgesucht, die für ihre dramatischen Felsformationen bekannt ist und das Kletterparadies in Europa sein soll. Also machen wir uns wieder vor dem Frühstück auf den Weg.
Der Wanderweg führt durch einen kleinen Tunnel. Auf der anderen Seite sind mehrere Höhlen im Fels
Ausgangspunkt der Wanderung soll das Restaurant ‚El Mirador‘ sein, das bestimmt auch etwas für hungrige Wanderer hat. Als wir gegen 10:00 Uhr dort ankommen, sind wir die ersten Gäste und werden mit einem enormen Bocadillo belohnt und der Name ist Programm. Von dort überschaut man die beiden Stauseen, die die Zuflüsse in die ‚El Chorro‘-Schlucht heutzutage regulieren. Früher soll es hier immer wieder schwere Überflutungen gegeben haben. Daher hat sie auch ihren Namen, was nichts anderes heißt als ‚Die Schnelle‘.
Neu angepflanzte einheimische Bäume
Nun kann es losgehen. Wir gehen den Schotterweg in Richtung der Schlucht. Dort angekommen dürfen wir aber nicht auf den „hängenden Weg“ in die Schlucht. Wir sind genauso enttäuscht wie einige andere Wanderer. Dies hat man wohl geahnt und extra jemanden dort platziert, der aufpasst, dass auch wirklich keiner über den Bauzaun steigt. Wir sprechen ihn an und erfahren, dass der Weg absturzgefährdet ist und bis zum Sommer erneuert wird. So etwas wird eben im Winter gemacht.
Verbliebene Eukalyptusbäume am Stausee
Also machen wir uns auf den Rückweg am Rückhaltebecken vor der Schlucht entlang. Hier ist man gerade dabei, die Eukalyptus Bäume zu fällen und mit heimischen Bäumen wieder aufzuforsten.
Fahrt durch die Berge, die uns an den Yosemite erinnern
Am Auto angekommen stellen wir fest, dass es gut war einigermaßen früh da zu sein, denn nun ist der Parkplatz beim ‚El Mirador‘ übervoll, da es scheinbar eine Sitte ist, an Neujahr essen zu gehen. Wir verlassen den Ort mit dem Ziel, die Schlucht von der anderen Seite anzufahren. Vielleicht sieht man dort mehr.
Reste einer Kirche, die anscheinend aus dem massiven Fels geschlagen wurde
Der Weg führt uns durch eine atemberaubende Landschaft, die uns an den Yosemite-Park in Kalifornien erinnert. Zwischendrin gibt es einen Hinweis auf archäologische Ausgrabungen von Bobastro. Sagt uns gar nichts, also hin. Normalerweise soll man dort 3€ Eintritt zahlen, aber es ist niemand dort, die Tür ist auf und wir bewegen uns alleine auf dem Gelände.
Das Becken des Pumpspeicherwerks auf dem Gipfel des Berges
Hier haben zur Mauren-Zeit bis in die Zeit von Abd al-Rahman III Leute gelebt, deren Anführer Umar Ibn Hafsun man heute wohl einen ‚Warlord‘ nennen würde. Er hat um sich Leute gescharrt, die mit den Herrschenden nicht klar kamen. Die Siedlung war auf einem Berg und gut geschützt und von dort wurden auch immer wieder Beutezüge unternommen. Er hat immer wieder mit Jemandem paktiert und dann die Abmachungen gebrochen. Es gab hier auch eine Kirche. Der Spuk war mit seinem Tode schnell vorbei und sein Sohn hat sich Abd al-Rahman III unterworfen. Wie wir wissen, ist aber auch dieses Reich nach dessen Tode zerfallen.
Vier der fünf Gänsegeier, die über uns kreisten
Oberhalb von Bobastro stehen wir plötzlich am Ufer eines sehr hoch gelegenen Pumpspeicherwerkes – irgendwie bizarr! Am Ende der Straße befindet sich dann ein wunderbarer Aussichtspunkt und, wie praktisch, eine kleine Taverne. Das schreit nach einem Heißgetränk. Über der Taverne kreisen die Gänsegeier und wir sind fast die einzigen Gäste.
Alter und neuer Weg durch die Chorro-Schlucht
Wir fahren zurück und dann wirklich zur Schlucht. Nun kommen wir doch noch auf unsere Kosten. Es ist ein toller Ort. Mit dem Fernglas können wir von hier auch den Zustand des Weges begutachten. Nun, es ist besser, dass wir den Alten nicht benutzt haben und der Neue, der schon teilweise fertig ist sieht viel besser aus. Vielleicht nächstes Mal.
Heute ist Sylvester. Nachdem es uns gestern ziemlich am Kopf gefroren hat, gehen wir erst einmal eine Mütze für Klaus kaufen. Desweiteren wollen wir die nächsten Tage wandern und es fehlen uns noch einige Karten. Ach ja und dann ist da noch der Brauch mit den 12 Weintrauben, die man hier in Spanien zu Mitternacht beim Schlagen der Uhr in sich einwirft. Weintrauben fehlen uns auch noch. Es können gerne ein paar mehr sein.
Das Grab von Annie ist das schönste Grab des Englischen Friedhofs
Als wir alles bekommen und im Hotel verstaut haben, zeigt die Uhr immer noch keine Eins. Na bitte, heute kann es mit dem Englischen Friedhof klappen. Also los geht’s. Wie bereits beschrieben, ist der Englische Friedhof eine Kuriosität, die erst durch Ignoranz der spanischen Katholiken entstanden ist. Seit 1831 können hier Andersgläubige bestattet werden.
Das Grab eines Gymnasiasten aus Wiesbaden, der 1874 hier bestattet wurde
Das jüngste Grab, das wir sehen, ist von Ende 2013. Die Mehrheit der Gräber ist von Engländern, aber es sind auch etliche Deutsche dabei. Auf dem Friedhof ist eine Kapelle, die von der anglikanischen Kirche betrieben wird. In der Beschreibung des Friedhofes steht, dass es die einzige in Spanien sei, wir können das nicht ganz glauben, aber nehmen es erst einmal hin.
Etwas makabre Auflistung der hier bestatteten Schiffsjungen der ‚Gneisenau‘
Auch hier erleben wir eine Überraschung. Auf dem Friedhof befindet sich auch ein Sammelgrab für die ertrunkenen Seeleute der SMS ‚Gneisenau‘, sowie deren Kapitän. Wir wussten nichts über dieses Schiff.
Die frühesten Gräber im inneren Teil des Friedhofs sind mit Muscheln verziert
Es handelte sich um ein Kadettenausbildungsschiff der deutschen kaiserlichen Marine, dass am 16.12.1900 vor Málaga strandete. Ehrlich gesagt haben die ein enormes Pech gehabt. Bei Oststurm wollten sie in den schützenden Hafen von Málaga einlaufen, hatten bereits die Segel geborgen und dann streikte die blöde Maschine. Die ‚Gneisenau‘ trieb auf die Hafenmole und zerschellte dort. Bei dem Unglück kamen 42 von etwa 400 Besatzungsmitgliedern ums Leben, unter ihnen auch der Chief, der Erste Offizier und der Kapitän. Bei den anderen Toten handelte es sich vornehmlich um Schiffsjungen und niedere Ränge.
Eichhörnchen auf dem Englischen Friedhof
Das wirft für uns einige Fragen auf. Haben sich die anderen in Sicherheit gebracht ohne auf die Jungs zu schauen? Bei den drei Führungsoffizieren handelt es sich für uns ganz klar um Selbstmord. Auf jeden Fall hat die Mannschaft der ‚Gorch Fock II‘ im Jahr 2000 dem Grab einen Besuch abgestattet und eine restaurierte Gedenkplakette angebracht.
Strandfunde
Wir werden um 14:00Uhr freundlich gebeten, den Friedhof zu verlassen, da man nun schließen möchte.
Nach dem Friedhofsbesuch begeben wir uns zu einem ausgedehnten Spaziergang an den Strand. Wir gehen immer nach Osten und finden Muscheln, Schnecken und sogar eine große Koralle.
Zwei Mädchen spielen am Strand
Umkehren tun wir an einem Restaurant mit einem Strand. Wir genehmigen uns jeder einen Salat und etwas zu trinken. Leider landen wir im Zuständigkeitsbereich von „José“, einem Kellner, der offensichtlich noch nicht lange in Spanien lebt und chinesische Wurzeln hat.
Schönes Strandlokal
Er hat es sich in den Kopf gesetzt, neue Technologien hier einzuführen. Im Gegensatz zu seine Kollegen hantiert er mit einem Smart-Phone, um die Bestellungen aufzunehmen und er bekommt auch nicht mit, wenn sich Gäste umsetzen bzw. bezahlen und Trinkgeld liegen lassen. Es kommt alles irgendwann und am Ende hilft nur ‚José aqui! la cuenta por favor!‘ Ist eigentlich nicht die richtige Art mit einem spanische Kellner umzugehen, aber auch andere jüngere Gäste beginnen sich einen Spaß daraus zu machen. Der Platz ist dafür um so besser. Eine herrliche Sicht auf die Bucht von Málaga. Danach laufen wir in den Sonnenuntergang zurück zum Hotel.
Abgezählte Weintrauben für Kurzentschlossene
Bereits heute morgen haben wir gesehen, dass auf dem zentralen Platz in der Stadt eine Bühne aufgebaut wurde. Das Programm für den heutigen Abend ist also klar: Essen und dann in die Stadt. Essen im Restaurant wird schwierig, da viele geschlossen haben. Also vertilgen wir unsere Vorräte an Obst, Brot und Käse. Dann packen wir unsere 24 Weintrauben ein und machen uns kurz vor 23:00 Uhr auf den Weg. Wir sind offensichtlich nicht die Einzigen.
Die Standardverkleidung aus der silbernen Tüte
Auf dem Platz ‚De la Constitution‘ spielt nun eine Band und versucht etwas Stimmung zu machen. Allerdings ist Fröhlichkeit auch hier in Spanien ein ernsthaftes Unterfangen! Man konnte heute am Tage bereits die Grundausstattung ‚Sylvester‘ bestehend aus Luftschlange, bunter Pappbrille, Spitzhütchen zum selbst basteln, ein wenig Konfetti, einer kleinen Tröte und natürlich 12 Weintrauben kaufen. Leider alles in einer versilberten Plastikverpackung, die dann natürlich überall herumliegt. Kurz vor Mitternacht werden die Weintrauben bereit gehalten. Als es dann soweit ist muss ich mich an den Weintrauben verschlucken, schaffe es aber beim 12. Schlag alle Trauben intus zu haben.
Klaus sorgt dafür, dass unser dänsicher Freund H.C. Andersen standesgemäß mitfeiern kann
Happy New Year Miss Sophie!!!!
Irgendwie haben wir nicht an Sekt oder ähnliches gedacht – da waren einige andere schlauer. Wir schlagen uns in eine Nebenstraße und just vor uns macht eine geschäftstüchtige Spanierin ihren Laden um 0:15Uhr wieder auf. So kommen wir doch noch zu unserem Sekt. Wir sitzen auf Hockern vor dem Laden und freuen uns daran, Leute zu schauen.
Die Mezquita wirkt von außen eher unscheinbar. Nur die äußeren Abmessungen lassen Größeres erahnen.
Neben der Alhambra in Granada steht auch die Mezquita in Córdoba auf dem Pflichtprogramm eines jeden Andalusien-Reisenden. Von hier gibt es jede Menge Bilder, die das Bild Spaniens prägen. Wir brechen also wieder früh auf und fahren nach Córdoba. Glücklicherweise hält sich der Andrang im Winter in Grenzen. Es gibt keine Probleme, das Auto zu lassen und ohne große Schlangen kommen wir hinein. Zunächst einige Infos zur Mezquita:
Nur an wenigen Stellen lässt sich noch der ursprüngliche Raumeindruck der mit 175m x 134m größten Moschee der Welt erahnen
An dem Ort gab es zur Westgoten-Zeit von Spanien eine Kirche. Als die Mauren nach Spanien kamen, haben sie sich den Bau zunächst mit den Christen geteilt. Geht also auch.
Der Mihrab der Moschee
Dann nahmen die Moslems an Zahl stark zu und sie wollten eine eigene große Moschee bauen. Also kauften sie den Christen die Kirche ab, wie freiwillig das war, ist nicht überliefert. In drei Abschnitten entstand dann die Mezquita unter drei aufeinander folgenden Herrscher, Abd ar-Rahman I & II und al-Mansur. Abd ar-Rahman III ließ sich westlich von Cordoba eine neue Stadt bauen. Aber dazu später.
Wilde Mischung aus christlichen und muslimischen Bestandteilen
Als dann die Christen Córdoba eroberten, hatten sie nichts besseres zu tun, als mitten in die Mezquita eine Kirche zu bauen und jede Nische mit irgendeinem Altar oder einer Kapelle zu nutzen.
Mittendrin dann diese Kathedrale…
Herausgekommen ist ein verwirrender Stil-Mix. Es ist schade, wieviel dabei von dem ursprünglichen Bau verloren gegangen ist. Ein Audio-Guide gibt viele Informationen, aber wir drehen noch eine zweite Runde ohne die Quasselstrippe. Nach einiger Zeit meldet sich in meinem Kopf wieder der Overflow-Warnton und ich muss dringend raus, um nicht schwermütig zu werden. Zudem ist es in dem Gemäuer sehr kalt (gefühlte null Grad).
Rekonstruktion des Wasserrades aus dem 9. Jh., das die Wasserversorgung des Alcazar sicherstellte
Der Gang auf die alte Römer-Brücke – ja die waren auch hier, sie haben Córdoba sogar gegründet – versöhnt mich wieder. Danach setzen wir uns in die Sonne auf den Marktplatz von Córdoba und wollen eigentlich ‚churros con chocolate‘ probieren, aber die sind bereits ausverkauft. Also Schokolade mit einem Sandkuchen – besser als nichts.
Blick auf die Ausgrabungsstätte
Im Reiseführer lesen wir über eine Ausgrabungsstätte, ‚Madinat al-Zahra‚ genannt. Hier wollte sich Abd ar-Rahman III in einer eigens gegründeten Stadt verewigen. Wir entscheiden dort hinzufahren.
Wieder aufgebaute Säule
Zu der Ausgrabungsstätte gehört auch eine gut gemachte Ausstellung, die noch viele Informationen zur damaligen Zeit und der Einordnung dieser Stadtgründung gibt. Abd ar-Rahman hatte für sich selbst den Titel Kalif angenommen. Zum guten Ton eines Kalifen gehört es, eine eigene Stadt zu gründen. Er hatte sich damit direkt in Konkurrenz zum Kalifen in Bagdad gesetzt und insbesondere dem weiteren Gegenkalifat der Fatimiden in Nordafrika. Das erklärt auch die Scharmützel, die er sich in Nordafrika geliefert hat und einiger ‚Piratenüberfälle‘ an der Küste.
Rekonstruierte Halle
Der Bau der Stadt endete nach etwa 70 Jahren als er starb und man sich über seine Thronfolge nicht einigen konnte. Das Reich zerfiel daraufhin in viele kleine Fürstentümer, die sich gegenseitig bekriegten.
Diese nutzten die Anlage abwechseln für die durchziehenden Heere. Na ja und bekanntlich gehen Soldaten dann mit den Unterkünften und der Bevölkerung nicht pfleglich um. Das war das Ende von Madinat al-Zahra. Über die Jahrhunderte wurde der Ort dann reichlich geplündert und verfiel.
Rekonstruierter Portikus
Zum Schluss deckte die Natur dann noch eine konservierende Schicht darüber und das ganze fiel bis 1911 in einen Dornröschenschlaf. Wachgeküsst wurde es von Archäologen, die in dieser Zeit in Europa und der Welt sehr aktiv wurden. Seither hat man vieles ausgegraben und teilweise auch restauriert, so dass man einen Eindruck von der Anlage bekommt.
Wer Córdoba und die Mezquita besucht, sollte unbedingt auch hierherkommen und mindestens 2 Stunden mitbringen. Erst dann wird der Eindruck rund.
Nachdem wir bereits an Weihnachten einmal kurz in der Kathedrale waren, wollen wir sie heute noch einmal genauer unter die Lupe nehmen. Heute müssen wir auch Eintritt bezahlen. Allerdings kostet die Unterhaltung von so einem Gemäuer auch eine Menge Geld.
Blick unter die Decke der Kathedrale
Schon der erste Eindruck war erdrückend gewesen. Was in dieser Kathedrale an Altären und Kunstschätzen steht, reicht für mindestens 4-6 Kirchen, um sie ordentlich auszustatten. In jeder Nische findet sich eine neue Zusammenstellung, die manch eine kleine Kirche vor Neid erblassen lassen würde. In dieser Menge wirkt der Überfluss bereits erschlagend.
Detail aus einem der vielen Altäre (Pedro de Mena, 17.Jh)
Beim Betrachten fällt auf, wie stark die katholische Kirche die Opfer-Rolle und das Martyrium verehrt. Ein unwissender Betrachter muss eigentlich einen sehr merkwürdigen Eindruck von der westlichen Kultur bekommen.
Interessanter Sarkophag
In der Kathedrale gibt es auch etliche Besucher aus China. Es reizt mich, diese anzusprechen und nach deren Eindruck zu befragen. Ich lasse es aber dann doch sein. Nach etwa 1,5 Stunden signalisiert mein Gehirn ‚Kirchen-Kultur-Overflow TüT-TüT-TüT‘. Es wird Zeit, dass wir aus der Kirche kommen.
In der Kathedrale
Zur Ablenkung gehen wir in ein Café in einer Seitenstraße, in dem ein wunderbarer Spruch auf italienisch an der Wand hängt. Frei übersetzt:
‚Man muss kräftig träumen, um sich vom Leben nicht unterkriegen zu lassen‘.
Im Aula del Mar
Das ist jetzt genau der richtige Spruch. Als Ausgleich zur Kathedrale wollen wir nun eine Meereskundliche Ausstellung besuchen, die es hier in Málaga geben soll, nur das Finden ist nicht so einfach. Reiseführer und Internet sind sich über den Ort nicht ganz einig. Am Ende hilft nur die Nachfrage in der Touristen-Info. Sie befindet sich am neuen Kreuzfahrer-Terminal. Keine Angst, hat nichts mit den Kreuzrittern, sondern nur mit einer neuen Mode von schwimmenden Bettenburgen zu tun, die immer häufiger Hafenstädte heimsuchen.
Meeresschildkröte im Aula del Mar
Am Eingang stehen wir zusammen mit einer begeistert lärmenden Kinderschar, die sich nicht nur auf eine Ausstellung sondern auch auf Kuchen freuen. Es sieht nach einem Kindergeburtstag aus. Die Ausstellung ist zwar klein, aber so gut gemacht, dass alle auf ihre Kosten kommen, inclusive zweier Meeresschildkröten, die man 2013 als frisch geschlüpfte Jungtiere in der Bucht von Almeria gefunden hat und die demnächst ausgewildert werden sollen. Hoffentlich werden sie Menschen gegenüber noch etwas scheuer, denn jetzt schwimmen sie sofort auf die lärmenden Kinder zu. Dies kann für sie in freier Wildbahn gefährlich werden.
Schöner Blick vom Meeresmuseum auf die Müelle 1
Da die Essengewohnheiten in Spanien einen Lokalbesuch vor 20:30 Uhr wenig erfolgversprechend aussehen lassen, begeben wir uns noch einmal in ein Einkaufszentrum jenseits der Innenstadt. Vielleicht finden wir ja doch noch einige Musik-CDs. Das Zentrum erweist sich aber genauso langweilig, wie Einkaufszentren in Deutschland und CDs gibt es dort auch nicht. Auf dem Weg zurück in die Stadt stolpern wir dann doch noch über einen FNAC. Wer bereits in Frankreich war, weiß, was das ist. Nun gibt es doch noch einige Scheiben lokaler Musik für uns als Andenken.
Heute morgen sind wir um 8:30 Uhr in der Dämmerung aufgebrochen, um nach Gibraltar zu fahren. Wir nehmen die Autobahn und zahlen unterwegs für dieses Privileg auf 130 km fast 10 € Mautgebühr.
Dicht hinter den Booten beginnt die Start- und Landebahn des Flughafens. Die Häuser im Hintergrund gehören zu La Linea auf der spanischen Seite.
Gibraltar – was erwartet uns dort eigentlich? Der Reiseführer schweigt sich aus. Das Navi weiß auch nicht wo das ist. Unter Spanien ist es nicht zu finden und unter Großbrittanien auch nicht. Also geben wir La Linea Stadtzentrum ein. Das ist die Stadt auf der spanischen Seite. Woanders hatten wir gelesen, man solle sein Auto sowieso lieber auf spanischer Seite lassen, da es immer Stau an der Grenze gäbe. Wir hatten beschlossen auf spanischer Seite zu frühstücken, das Auto dort zu lassen und dann zu Fuß die Grenze zu passieren.
Blick über den Yachthafen auf den Felsen
Die erste Überraschung: La Linea sieht ziemlich ärmlich aus, fast alles hat zu, also folgen wir erst einmal der Ausschilderung nach Gibraltar. Zweite Überraschung: von Stau keine Spur. Wir fahren über die Grenze. Der spanische Grenzposten ist verweist. Die Briten wollen unseren Ausweis sehen. Wir fragen vorsichtshalber, auf welcher Seite man hier fährt. „Wie in Spanien“, ist die Antwort – also rechts und nicht links. Was nun? Wir haben im wahrsten Sinne des Wortes keinen Plan, aber den braucht man auch nicht wirklich. Der Felsen ist von überall zu sehen, ringsum ist Wasser, dazwischen nicht viel Platz. 6,5 Quadratkilometer hat die Halbinsel, 29 km an asphaltierten Straßen, 1,2 km Grenze zu Spanien und 12 km Küstenlinie. Das Auto braucht man hier nicht wirklich. Neben einer Baustelle am Hafen finden wir einen freien Parkplatz. Ocean Village steht auf einem großen Schild. Wir folgen der Ausschilderung und landen im Yachthafen. In einem kleinen schwimmenden Café bekommen wir unser ersehntes Frühstück. Ich frage mich, ob ich die Leute hier auf Spanisch oder Englisch ansprechen soll. Dritte Überraschung: Wir werden auf Spanisch begrüßt. Bezahlen dürfen wir hinterher in Britischen Pfund. Ich nutze die Chance und lese die örtliche Zeitung zum Frühstück. Es muss schon ein sehr eigenes Lebensgefühl hier sein. Neben den üblichen Nachrichten einer Kleinstadt mit 29000 Einwohnern geht es darum, dass die EU Spanien endlich Druck macht, die Situation an der Grenze zu verbessern. Man regt sich über spanische Fischer in den eigenen Gewässern auf und über ein spanisches Marineschiff, dass die heimischen Gewässer häufiger durchfährt: Nutzt es nun das internationale Recht auf friedliche Durchfahrt oder betreibt es Spionage? Es klingt alles ein wenig nach Verfolgungswahn. Ansonsten lieben die Bewohner Gibraltars die EU und haben etwas gegen britische Politiker, die den Austritt aus der EU fordern. Dann würde für Gibraltar nicht mehr das EU Recht gelten, sondern der Vertrag von Utrecht von 1713, in dem Spanien widerstrebend Gibraltar an Großbrittanien abgegeben hat. Dann wäre es vorbei mit der offenen Grenze und es wäre auch vorbei für die vielen Menschen, die auf spanischer Seite leben und in Gibraltar arbeiten.
Affe auf dem Dach der großen Kasematten neben der Markthalle
Nach dem Frühstück schlendern wir weiter durch das Ocean Village und den Yachthafen. Es gibt viele schicke Designerläden, die heute alle geschlossen haben, eine Megayacht, die als Hotelschiff dient und ein Casino. Zwischen den letzten Yachten und der Startbahn des Flughafens sind nur wenige Meter. Die Startbahn überquert man, direkt nach Grenzübertritt. Eine Ampel regelt den Verkehr und in der Zeitung stand, dass es ab März einen Verbindung nach Marokko geben soll. Das wäre dann mit 30 Minuten der kürzeste Interkontinentalflug. Alles fühlt sich hier sehr eng an und darüber ragt der Felsen 426m in die Luft.
Auf der Main Road zwei von vielen Kanonen, am Boden das Wappen Gibraltars mit dem Schlüssel zum Mittelmeer
Wir verlassen das Ocena Village. An der Markthalle finden wir einen Stadtplan. Unser Versuch einen aus dem Automaten zu ziehen, scheitert. Der Weg führt uns durch wuchtige Verteidigungsmauern auf einen kleinen Platz. Vierte Überraschung: hier treffen wir den ersten Affen. Ich dachte, die säßen nur oben auf dem Felsen. Aber dem war es bei dem Wetter wohl zu einsam und zu kalt da oben.
Affen füttern verboten!
Fünfte Überraschung: von hier aus beginnt eine sehr gemütliche Einkaufsstraße, wie sie so auch in jeder anderen wohlhabenden europäischen Kleinstadt angetroffen werden könnte. Das einzig bemerkenswerte sind die vielen Läden für Spirituosen und Zigaretten, die heute aber auch geschlossen haben. Sechste Überraschung: Im Schaufenster des Postamtes sind Sondermarken zum 75. Jahrestag der Evakuierung Gibraltars ausgestellt. Wir haben den Eindruck, wir wissen gar nichts über Gibraltar. Wir kaufen anschließend ein paar DVDs über die Geschichte Gibraltars. Leider können wir die erst zu Hause anschauen.
Wie zu erwarten – eine britische Telefonzelle.
Am Ende der Einkaufsstraße befindet sich wieder eine dicke Stadtmauer. Siebte Überraschung: Auf einem Schild lesen wir, dass Gibraltar mehrfach Opfer von Piraten wurde. Achte Überraschung: Hinter dem Stadttor gibt es einen kleinen Friedhof zu Ehren der Opfer der Schlacht von Trafalgar. Es liegen dort tatsächlich aber nur zwei der Opfer begraben. Auf der anderen Straßenseite steht eine Statue von Nelson. In Richtung entdecken wir einen weiteren Yachthafen. Auch den müssen wir natürlich erkunden. Alles ist wieder sehr schick. Nett gekleidete Menschen sitzen in dick gepolsterten Korbstühlen neben den allgegenwärtigen liebevollrestaurierten historischen Kanonen und schlürfen eisgekühlte Getränke, während sich ihre sorgfältig frisierten Hündchen in rosa Daunenjäckchen auf dem Nachbarstuhl in der Sonne räkeln. Wir könnten auch schon wieder etwas zu trinken vertragen, aber bitte nicht hier!
Noch ein Yachthafen
Wir laufen zurück zur Main Road und finden dort eine Bar neben dem Gerichtsgebäude. Neunte Überraschung: Der Kellner kommt aus Deutschland und erzählt uns, dass auch er in La Linea wohnt und täglich mit dem Bus zur Arbeit fährt. Er zahlt dort drüben 300€ für ein WG-Zimmer, während eine Einzimmerwohnung in Gibraltar 1000 Britische Pfund im Monat kosten würde. Er bestätigt uns, dass es im Sommer lange Staus an der Grenze gibt. 4 Stunden Wartezeit können da schon mal vorkommen. Er hat aber Verständnis für die spanischen Grenzkontrollen, denn viele würden versuchen, Spirituosen und Zigaretten nach Spanien zu schmuggeln. Was lernen wir daraus: Große Steuerunterschiede erzeugen Kriminalität, die erzeugt Kontrollen und die wiederum erzeugen Unmut bei den zu Unrecht verdächtigten und deshalb in ihrer Bewegungsfreiheit behinderten. Da ist die Lösung doch eigentlich ganz einfach: Schafft die Steuerunterschiede ab! Wenn es denn so einfach wäre, denn genau von diesen Steuerunterschieden lebt Gibraltar. Vom Militär, so wie früher, können sie schon lange nicht mehr leben.
Blick in die Werft
Zehnte Überraschung: Die Seilbahn zum Gipfel fährt heute nicht, die Taxifahrer wollen Unsummen und ob es da oben Parkplätze gibt, kann uns keiner sagen. Die Sonne hat sich mittlerweile verkrochen und einem eisigen Nordwestwind das Feld überlassen. Der zerrt schon hier unten an unseren Rucksäcken, wie wird es da erst oben sein? Wir verzichten auf die Tour und bleiben unten.
Der Strand
An den Hafenanlagen und der Werft laufen wir vorbei. Ich hatte gelesen, dass Gibraltar Petroleum importiert und dann wieder exportiert. Davon können wir hier nichts erkennen. Weiter draußen liegen jedoch etliche Frachter vor Anker, einige werden gerade betankt.
Der Weg durch den zweiten Tunnel
Der Weg führt durch einen kleinen engen Tunnel und elfte Überraschung: Wir stehen am Strand! Na ja, was sich so Strand nennt. Grobe runde Kiesel, kräftiger Seegang, der bei noch mehr Wind die Kiesel auch über die Schutzmauer auf die Strandpromenade wirft. Darüber steil aufragende Felsen mit vielen Höhlen, die teils zugemauert und mit Schießscharten versehen sind. An einer Stelle stürzt Wasser aus großer Höhe herab.
Moschee am Europa Punkt
Der Weg führt weiter durch den nächsten etwas großzügigeren, aber dafür noch längeren Tunnel zur zwölften Überraschung: einer Moschee, anscheinend von den Saudis finanziert, direkt am Europa Punkt. Daneben die dreizehnte Überraschung: ein Bauschild für die Gibraltar Universität. Wie gesagt, es gibt hier nur 29000 Einwohner, aber vielleicht suchen sie schon einmal die zukünftigen Einnahmequellen, falls es doch irgendwann mit den Steuervergünstigungen vorbei sein sollte?
Das schmutzige Ende am Leuchtturm
Vorn auf der Spitze zielt eine große Kanone in Richtung Afrika. Der Wind pfeift, unten am Wassersaum viele Möwen auf dem Wasser. Nach einem Blick über das Geländer wissen wir auch warum: Das Abwasser läuft der Farbe nach zu urteilen ungeklärt ins Meer (13. Überraschung). Danach folgt gleich die 14. Überraschung: ein Schild in polnischer Sprache. Was machen die denn hier? Wir lesen genauer nach: 1943 ist hier die polnische Exilregierung mit dem Flugzeug abgestürzt.
Ein großen Geschütz zielt am Europa Punkt auf die afrikanische Küste
Wir würden gerne auf der anderen Seite des Felsens zurück laufen. Das geht jedoch nicht, da es keinen Fußweg gibt und so nehmen wir wieder auf der Westseite eine höher gelegene Straße für den Rückweg. Auch bei der Ausreise gibt es keinerlei Komplikationen. Niemand will unsere Ausweise sehen. Der Weg mit dem Auto führt auf sehr verschlungenen Wegen hinaus. In La Linea halten wir noch einmal an der Strandpromenade für einen Blick zurück.
Blick zurück von La Linea
Für den Rückweg nehmen wir nun die mautfreie Strecken. Sie führt durch unglaublich viele Kreisel dichter an der Küste entlang, die durchgehend zwischen Gibraltar und Málaga bebaut ist.
….oder wo man mit dem Segelboot nicht so schnell hinkommt