Schlagwort-Archive: Essen

Der Arbeitsunfall

Schöne Gitter am Haus gegenüber
Schöne Gitter am Haus gegenüber

Das Frühstück reduziere ich heute etwas. Ich bin noch satt von gestern und außerdem habe ich den Eindruck, dass das kubanische Essen aus Reis, Bohnen, Avocado, Süßkartoffeln und Fisch/Fleisch/Meeresfrüchten Spuren in Form von Bauchspeck hinterläßt. Zum Frühstück gibt es Obst (Melone, Papaya, Banane, Guave), Guaven-Saft, weiche Brötchen, Butter und Eier. Vor ein paar Tagen habe ich im Supermarkt Orangenmarmelade entdeckt und mitgenommen. Eigentlich wollte ich gesalzene Nüsse, aber die gab es nicht. Die Regale sind zwar voll, aber oft steht ein komplettes Regal voll mit den gleichen Dingen, die es gerade gibt. Im Moment z.B. Sojaöl, Sol-Bier und Orangenmarmelade…

Wer die Paletten im Eingangsbereich des Supermarkts aufmerksam beobachtet, weiß was die nächsten Tage in den Regalen stehen wird - für dieses Foto bekam ich eine ernste Ermahnung im Supermarkt!
Wer die Paletten im Eingangsbereich des Supermarkts aufmerksam beobachtet, weiß was die nächsten Tage in den Regalen stehen wird – für dieses Foto bekam ich eine ernste Ermahnung im Supermarkt!

Während unseres heutigen Tanzunterrichts klingelt es plötzlich an der Tür. Zwei Handwerker mit einem dicken Seil kommen herein und hieven dann etwas auf den Balkon. Während unserer Pause gibt es einen Knall, da aber niemand schreit, denken wir uns nichts dabei. Kurze Zeit später sitzt der Ehemann der Hausherrin im Schaukelstuhl und hält sich den Arm. Plötzlich ist Geschrei. Die Tanzlehrer holen Gläser mit Wasser. Uns ist nicht klar, was er hat oder ob wir irgendwie helfen können.

Unterwegs im Coco-Taxi
Unterwegs im Coco-Taxi

Auch den Anderen scheint nicht klar zu sein, was los ist. Seine Frau brüllt ihn an, dass er nicht sterben solle. In Deutschland würde ich jetzt 112 anrufen und einen Rettungswagen bestellen, aber hier? Schließlich klärt sich die Sache. Anscheinend hat er sich die Schulter ausgekugelt. Das zwischenzeitliche Wegsacken war wohl der Schmerz. Einer unser Tanzlehrer legt ihm eine professionellen Dreiecksverband an, um die Schulter ruhig zu stellen und fährt mit ihm im Taxi ins Krankenhaus.

Coco-Taxi von hinten
Coco-Taxi von hinten

Später ruft er an und sagt, dass die Schulter ausgekugelt und der Oberarm angebrochen ist. Er muss voraussichtlich operiert werden. Für seine Frau ist das hart, denn sie ist gehbehindert und bewegt sich mit Rollator in der Wohnung. So wie sie sich bewegt, vermute ich, dass sie ein neues Hüftgelenk bräuchte. Seine Mutter wohnt auch dort. Er ist derjenige, der jeden Tag schwer bepackt mit den Einkaufstaschen nach Hause kommt und alle Besorgungen macht. Wie alt die beiden sind, wissen wir nicht, vermutlich über 60.

Am Gebäude gegenüber von der Zigarrenfabrik fällt mir diese kreative Ventilatorkonstruktion auf
Am Gebäude gegenüber von der Zigarrenfabrik fällt mir diese kreative Ventilatorkonstruktion auf

Morgen sollen wir unseren Unterricht woanders haben. Der Hausherrin sieht man den Schreck noch an. Sie hat jetzt vermutlich andere Sorgen. Nach dem Essen machen wir wieder eine kurze Pause. Um 15 Uhr geht es dann los zu Tabakfabrik. Wir fahren diesmal mit zwei Coco-Taxis dorthin. Coco-Taxis haben die Form einer Kokosnuss, sind vorne offen und aus gelb lackiertem GFK. Hinter dem Fahrer gibt es drei schmale Plätze für Passagiere nebeneinander. Die Fahrt mit den kleinen Zwiebacksägen macht Spaß, auch weil sich unsere beiden Fahrer ein Rennen liefern können.

In der Zigarrenfabrik
In der Zigarrenfabrik

Die Tabakfabrik ist ein Gebäude in einer städtischen Häuserzeile. Wir werden von einer Bekannten unserer Organisatorin empfangen. Sie führt uns herum. Es gibt eine zentrale Halle mit umlaufenden Galerien. Sie wird von einem großen Bild Fidel Castros dominiert. Wir dürfen durch die Türen schauen und sie erklärt auf Spanisch den Produktionsprozess einer Zigarre. Einiges davon wird uns übersetzt, aber durch die Enge bekommen wir nicht alles mit. Die Durchlaufzeit beträgt 8-19 Stunden. Dazu gehören auch die Zeiten für das Pressen der Zigarren. Das Ganze ist hier als Batch-Prozess organisiert, d.h. in jedem Raum finden nur 1-2 Arbeitsgänge statt. Viel Aufwand kostet dann auch die Verpackung, von der Banderole für die einzelne Zigarre bis zur hübsch dekorierten Holzkiste.

Hier werden die fertig gepressten Zigarren mit Deckblättern umwickelt
Hier werden die fertig gepressten Zigarren mit Deckblättern umwickelt

Von der Fabrik fahren wir mit dem Taxi zum Capitolio und schauen in den Artexladen, um einige CDs zu kaufen. Hier könnte man sogar mit Kreditkarte zahlen, aber erst ab 30 CUC. Das ist die erste Stelle, die uns begegnet, wo dies möglich ist. Bei ‚El Dandy‘ stärken wir uns noch mit einem kalten Getränk.

Menschenschlange vor einer Verkaufsstelle für Lebensmittel
Menschenschlange vor einer Verkaufsstelle für Lebensmittel

Vom ‚El Dandy‘ aus laufen wir zum Bahnhof, um uns die vielen Lokomotiven anzusehen, die dort auf dem Platz daneben versammelt sind. Der Bahnhof selbst ist wegen Renovierung geschlossen. Laut Bauschild wurde er 1912 gebaut, wird seit 2015 saniert und soll dieses Jahr fertig werden. Es sieht nicht so aus, als wäre dieser Termin zu halten…

Alte Lokomotive aus dem Jahr 1900 vor dem Hauptbahnhof
Alte Lokomotive aus dem Jahr 1900 vor dem Hauptbahnhof

Wir schlendern noch bis zur Brauerei. Vielleicht gibt es hier eine Kleinigkeit zu Essen, aber bei der Frage nach dem Menü heißt es, dass von der Speisekarte nichts verfügbar ist. Es gäbe nur… und dann zählt er 3-4 Speisen auf. Wir hätten aber gern ein Sandwich. Nein, gibt es nicht, aber wir könnten uns ja ein Hauptgericht teilen. Das wollen wir nicht und gehen wieder – mangelnden Service wollen wir nicht auch noch belohnen! Bei ‚El Dandy‘ bekommen wir dann leckere Sandwiches.

Der Hauptbahnhof
Der Hauptbahnhof

Abends kurz vor 22 Uhr werden wir wieder mit dem Großraumtaxi abgeholt. Es geht in den Club ‚La Gruta‘ – die Grotte und so sieht der Laden auch aus. Über eine Treppe geht es hinab in eine düstere Disco. Im Treppenhaus riecht es muffig. Ich habe einmal wieder nicht daran gedacht, Ohrstöpsel oder wenigstens Papiertaschentücher einzustecken. Die lassen sich wenigstens auch als Klopapier nutzen. Dass in solchen Locations Klofrauen oder -männer Klopapier blattweise verkaufen und einen dann auf Klos ohne Spülung mit Waschbecken ohne Wasserhahn schicken, kann ich nicht begreifen. Hier gibt es nicht einmal draußen einen Gemeinschaftswasserhahn. Wir nutzen die Eiswürfel, die wir in einer großen Schale zu unseren Getränken serviert bekommen, um uns damit auch die Hände zu säubern.

Bei der Rauchfahne brauchen wir uns um die Abgaswerte des Barbie-Biests keine Gedanken mehr machen...
Bei der Rauchfahne brauchen wir uns um die Abgaswerte des Barbie-Biests keine Gedanken mehr machen…

Mit dem Tanzen klappt es jetzt langsam auch zusammen. Zwischendurch gibt es einen Tanzwettbewerb für die Besucher. Den 3. Platz macht ein Paar vom Shanghai Salsa Club. Die Gruppe hatten wir bereits im Rummuseum getroffen. Die Akustik ist wie immer eine Katastrophe und alles viel zu laut. Warum tun wir uns diesen Quatsch noch an. Dafür sind wir doch eigentlich zu alt! Eine nette Bar mit Livemusik wäre doch viel schöner!

Überraschung

Heute haben wir nach 2 Tagen Pause wieder Unterricht. Wir wiederholen die Figuren von letzter Woche und lernen dann 3 neue Figuren: 88, den doppelten Sombrero, Echeveria.
Unser Zimmermädchen dekoriert unser Bett jeden Tag sehr liebevoll und immer wieder anders
Unser Zimmermädchen dekoriert unser Bett jeden Tag sehr liebevoll und immer wieder anders

Der Plan für den restlichen Tag ändert sich im Laufe des Vormittags einmal wieder. Nach dem gemeinsamen Mittagessen soll es um 15 Uhr eine Überraschung geben. Wir laufen gemeinsam zur Plaza del Cristo und betreten eine Tanzschule. Die Überraschung ist dann ein einstündiger Percussionkurs und unser Lehrer dort nimmt die Sache ernst.

Soldat in der Festung El Morro
Soldat in der Festung El Morro

Wir wollen danach das Alexander von Humboldt Museum besuchen. Leider hat es wegen Renovierungsarbeiten geschlossen. Wir bummeln zurück zur Casa und schauen noch in einige Läden. Den Rest des Nachmittags verbummeln wir bei Tee und Keksen auf dem Balkon.

Viele Besucher schauen sich die Kanonenzeremonie an, obwohl sie jeden Tag stattfindet
Viele Besucher schauen sich die Kanonenzeremonie an, obwohl sie jeden Tag stattfindet

Um 20 Uhr werden wir mit dem Großraumtaxi abgeholt. Wir fahren rüber auf die andere Seite vom Hafen zur Festung El Morro, wo jeden Abend um 21 Uhr eine Kanone abgefeuert wird. Früher wurde hier nachts die Hafeneinfahrt mit einer Kette verschlossen. Der Andrang zu dieser Zeremonie ist groß. Die Festung ist schön und gut gepflegt. Überall stehen passend verkleidete Soldaten. Im Hof gibt es einen Souvenirmarkt mit dem üblichen Blechspielzeug, geschnitzten Figuren, Ledertaschen und Sandalen, gehäkelten Kleidern und Musikinstrumenten. Die Soldaten dürfen zur Trommel schon mal ein bisschen marschieren. Dann strömt alles zur Kanone, die mit viel Tamtam und Zeremonie geladen und schließlich gezündet wird.

Im Restaurant Los Nardos
Im Restaurant Los Nardos

Anschließend machen wir eine Kutschfahrt zurück zum Parkplatz. Mit dem Großraumtaxi geht es zum Restaurant ‚Los Nardos‘. Draußen steht eine Schlange. Die Wartezeit beträgt voraussichtlich 30 Minuten. Im gleichen Haus gibt es ein weiteres Restaurant. Wir schwenken um und gehen dort hinein. Die Qualität des Essens soll die gleiche sein. Es ist schön dekoriert und es laufen Unmengen adrett gekleideter Kellner herum, von denen uns oft mehrere gleichzeitig bedienen. Die Preise sind günstig und die Portionen viel zu groß und wir rätseln, ob das Restaurant überhaupt wirtschaftlich arbeiten kann. Als wir das sehr stark herunter gekühlte Restaurant verlassen, regnet es draußen. Wir werfen noch einen Blick in das ‚Los Nardos‘, das uns aber viel zu düster ist.

Mal wieder ein Privatkonzert
Mal wieder ein Privatkonzert

Unsere Mitreisenden möchten noch in die Bar, wo sie gestern schon einmal waren, also gehen wir mit. Es ist 23:30 Uhr und die Musiker haben bereits ihre Instrumente beiseite gestellt. Wir werden freudig mit Handschlag begrüßt und sie fragen, was wir hören wollen. Dann geht die Musik noch einmal los und wir bestellen Cocktails, singen, klatschen mit und tanzen auch dazu. Eine Stunde später verabschieden wir uns, wir müssen schließlich wieder pünktlich aufstehen.

Letzter Tag auf El Hierro

Die Tage auf El Hierro sind tatsächlich fast um. Wir haben aber mittlerweile das Gefühl, schon eine ganze Menge von der Insel gesehen zu haben. Zum Abschluss statten wir der Genossenschaftskäserei in Isora einen Besuch ab. Der Käse ist sehr gut und lässt sich, da eingeschweißt, gut transportieren.

Interessante Opuntie auf dem Weg zur Quelle von Isora
Interessante Opuntie auf dem Weg zur Quelle von Isora

Bei Isora gibt es dann auch noch einmal Ausgucke über die Las Playas Bucht. Einer der Ausgucke ist eine der wenigen Quellen auf El Hierro. Hier müssen wir einen steilen Pfad den Berg hinab, dessen Lavasteine von vielen Menschen über Jahrhunderte blank getreten wurde.  In Isora genießen wir noch einmal ein Heißgetränk vor der örtlichen Bar, die für die männlichen Dorfbewohner zur Mittagszeit offensichtlich der Knoten- und Kontaktpunkt ist.

Das Wasser der Quelle wird in einer Zisterne gesammelt
Das Wasser der Quelle wird in einer Zisterne gesammelt

Nachdem wir den Käse ins Appartement gebracht haben, starten wir noch einmal eine kleinere Wanderung um unser Dorf El Pinar. Es ist wunderbar und am Wegesrand finden wir viel Anis. Danach beginnt für uns das Packen, da unsere Fähre morgen um 4:30 Uhr ablegt.

Abschied nehmen

Heute ist unser letzter Tag in Málaga. Morgen geht es mit dem Flieger wieder in die Heimat. Bereits vor unserem Urlaub haben wir geplant, einige herausragende Lebensmittel mit nach Hannover zu bringen. Aus meiner Zeit mit vielen Reisen nach Galizien weiß ich, dass man nicht an einem guten Schinken, Chorizos und Manchego-Käse vorbeikommt. Auch damals habe ich es gewagt, einen ganzen Ibero-Schinken mitzunehmen, den ich immer liebevoll ‚Die spanische Geige‘ nenne, da er in verpackter Form sehr daran erinnert. In den letzten Tagen sind wir häufiger an einem Spezialitätengeschäft vorbeigeschlichen und haben uns die Nase an der Scheibe mit den vielen leckeren Sachen plattgedrückt, die wir in den letzten zwei Wochen in diversen Bars probiert haben.
Fassadengemälde am Parkhaus gegenüber
Fassadengemälde am Parkhaus gegenüber

Also rein ins Geschäft! Wir wollen uns die Sachen dort gleich reisefertig verpacken lassen. Wir fragen vorsichtig, ob hier jemand Englisch kann, da unsere Spanisch-Kenntnisse  für ein solches Vorhaben nun doch nicht reichen. In Galizien hatte ich den Vorteil, dass ich von unserer Chef-Assistentin begleitet wurde, deren Mann einen solchen Laden betreibt. Es erweist sich aber als problemlos. Am Ende verlassen wir den Laden mit mehreren Tüten gut verpackten Würsten, Käse und einem geruchsdicht verpackten 6kg schweren Ibero-Schinken. Auf dem Weg ins Hotel finden wir vor einem anderen Geschäft sogar noch Pappe um das gute Stück noch besser zu schützen. Klebeband und Schnur bekommen wir im Schreibwarenladen. Man muss eben nur kreativ sein.

Warte, warte nur ein Weilchen - seltsame Begegnung im Comic-Laden
Warte, warte nur ein Weilchen – seltsame Begegnung im Comic-Laden

Nachdem wir die Köstlichkeiten reisefertig haben, steht ein weiterer Einkaufsbummel auf dem Programm. Direkt neben dem Hotel befindet sich ein grosser Comic-Laden. Da zumindest ich den Ehrgeiz habe, mein Spanisch zu verbessern, liegt es nahe, mir einige davon zuzulegen. Des Weiteren bin ich ein Fan von gut gezeichneten Geschichten in Feder-Technik. Wir bringen ziemlich lange in dem Laden zu, der allerdings zu einem großen Teil von den üblichen Comic-Publikationen dominiert wird.  Man muss schon genau suchen, um spanische Zeichner zu finden.

Im Hafen
Im Hafen

Mit unseren Erwerbungen aus dem Comic-Laden schlendern wir dann in Richtung Hafen. In der Nacht haben dort mehrere Kreuzfahrtschiffe und ein polnischer Rahsegler festgemacht. An der ‚Muelle Uno‘ finden wir einen wunderbaren Platz in der Sonne und mit einem Tee und einem Kaffee fangen wir gleich an, in den Comics zu stöbern.

– Einfach nur schööön –
An der Muelle Uno
An der Muelle Uno

Einige Tassen später haben wir den Eindruck, uns bewegen zu müssen. Also gehen wir um die Mole herum zum Hausstrand. Langsam fühlen wir uns hier schon richtig zu Hause. Allerdings machen wir etwas, was hier eigentlich nur die Touristen machen: Wir versuchen gegen 17:30 etwa 30 Minuten vor Sonnenuntergang in einem Strandlokal etwas zu essen. Es klappt, das Essen ist gut, aber wir sind absolut die letzten Gäste und um uns herum wird bereits abgebaut, sauber gemacht …

Als die Sonne hinter dem Horizont verschwunden ist, ergibt sich wieder einmal ein atemberaubendes Bild und als wir kurz vor dem Hafen sind können wir zusehen, wie einer der Kreuzfahrer ablegt, im Hafen dreht und dann ausläuft. Sein Ziel ist Barcelona (Vesseltracker).
Abschiedstrunk
Abschiedstrunk

Den letzten Abend beschließen wir bei einem Glas Manzanilla im Restaurant gegenüber vom Hotel. Er gehört im weitesten Sinne zu der Gruppe der Sherrys, ist aber definitiv trocken. Eine gute Beschreibung findet sich bei Wikipedia. Dieser Wein hat es uns angetan, allerdings macht es keinen Sinn ihn mitzunehmen und Glasbruch im Koffer zu riskieren. Man kann ihn bestimmt auch in Deutschland bekommen.

Zeit diese Reise ein wenig Revue passieren zu lassen. Es war ein sehr schöner Urlaub, auch wenn wir mit mehr Wärme gerechnet hatten. Zu unserer Überraschung sind wir hier in dieser Ecke Europas auf Zusammenhänge der Geschichte gestoßen, von denen wir vorher nicht den Hauch einer Ahnung hatten. Unser Geschichtswissen war sehr lückenhaft. Wir können uns gut vorstellen, hier noch einmal zu reisen.

El Chorro oder unter Geiern

Wusstet Ihr, dass Spanien ein Kletter-El-Dorado ist? Nun, wir waren heute nicht klettern, sondern wandern.

Schöner Ausblick auf den Stausee vom El Mirador
Schöner Ausblick auf den Stausee vom El Mirador

Mit Kirchen, Palästen und Moscheen sind wir erst einmal durch. Aus unseren diversen Reise- und Wanderführern hatten wir uns die Gegend ‚Desfiladero de los Gaitanes‘ herausgesucht, die für ihre dramatischen Felsformationen bekannt ist und das Kletterparadies in Europa sein soll. Also machen wir uns wieder vor dem Frühstück auf den Weg.

Der Wanderweg führt durch einen kleinen Tunnel. Auf der anderen Seite sind mehrere Höhlen im Fels
Der Wanderweg führt durch einen kleinen Tunnel. Auf der anderen Seite sind mehrere Höhlen im Fels

Ausgangspunkt der Wanderung soll das Restaurant ‚El Mirador‘ sein, das bestimmt auch etwas für hungrige Wanderer hat. Als wir gegen 10:00 Uhr dort ankommen, sind wir die ersten Gäste und werden mit einem enormen Bocadillo belohnt und der Name ist Programm. Von dort überschaut man die beiden Stauseen, die die Zuflüsse in die ‚El Chorro‘-Schlucht heutzutage regulieren. Früher soll es hier immer wieder schwere Überflutungen gegeben haben. Daher hat sie auch ihren Namen, was nichts anderes heißt als ‚Die Schnelle‘.

Neu angepflanzte einheimische Bäume
Neu angepflanzte einheimische Bäume

Nun kann es losgehen. Wir gehen den Schotterweg in Richtung der Schlucht. Dort angekommen dürfen wir aber nicht auf den „hängenden Weg“ in die Schlucht. Wir sind genauso enttäuscht wie einige andere Wanderer. Dies hat man wohl geahnt und extra jemanden dort platziert, der aufpasst, dass auch wirklich keiner über den Bauzaun steigt. Wir sprechen ihn an und erfahren, dass der Weg absturzgefährdet ist und bis zum Sommer erneuert wird. So etwas wird eben im Winter gemacht.

Verbliebene Eukalyptusbäume am Stausee
Verbliebene Eukalyptusbäume am Stausee

Also machen wir uns auf den Rückweg am Rückhaltebecken vor der Schlucht entlang. Hier ist man gerade dabei, die Eukalyptus Bäume zu fällen und mit heimischen Bäumen wieder aufzuforsten.

Fahrt durch die Berge, die uns an den Yosemite erinnern
Fahrt durch die Berge, die uns an den Yosemite erinnern

Am Auto angekommen stellen wir fest, dass es gut war einigermaßen früh da zu sein, denn nun ist der Parkplatz beim ‚El Mirador‘ übervoll, da es scheinbar eine Sitte ist, an Neujahr essen zu gehen. Wir verlassen den Ort mit dem Ziel, die Schlucht von der anderen Seite anzufahren. Vielleicht sieht man dort mehr.

Reste einer Kirche, die anscheinend aus dem massiven Fels geschlagen wurde
Reste einer Kirche, die anscheinend aus dem massiven Fels geschlagen wurde

Der Weg führt uns durch eine atemberaubende Landschaft, die uns an den Yosemite-Park in Kalifornien erinnert. Zwischendrin gibt es einen Hinweis auf archäologische Ausgrabungen von Bobastro. Sagt uns gar nichts, also hin. Normalerweise soll man dort 3€ Eintritt zahlen, aber es ist niemand dort, die Tür ist auf und wir bewegen uns alleine auf dem Gelände.

Das Becken des Pumpspeicherwerks auf dem Gipfel des Berges
Das Becken des Pumpspeicherwerks auf dem Gipfel des Berges

Hier haben zur Mauren-Zeit bis in die Zeit von Abd al-Rahman III Leute gelebt, deren Anführer Umar Ibn Hafsun man heute wohl einen ‚Warlord‘ nennen würde. Er hat um sich Leute gescharrt, die mit den Herrschenden nicht klar kamen. Die Siedlung war auf einem Berg und gut geschützt und von dort wurden auch immer wieder Beutezüge unternommen. Er hat immer wieder mit Jemandem paktiert und dann die Abmachungen gebrochen. Es gab hier auch eine Kirche. Der Spuk war mit seinem Tode schnell vorbei und sein Sohn hat sich Abd al-Rahman III unterworfen. Wie wir wissen, ist aber auch dieses Reich nach dessen Tode zerfallen.

Vier der fünf Gänsegeier, die über uns kreisten
Vier der fünf Gänsegeier, die über uns kreisten

Oberhalb von Bobastro stehen wir plötzlich am Ufer eines sehr hoch gelegenen Pumpspeicherwerkes – irgendwie bizarr! Am Ende der Straße befindet sich dann ein wunderbarer Aussichtspunkt und, wie praktisch, eine kleine Taverne. Das schreit nach einem Heißgetränk. Über der Taverne kreisen die Gänsegeier und wir sind fast die einzigen Gäste.

Alter und neuer Weg durch die Chorro-Schlucht
Alter und neuer Weg durch die Chorro-Schlucht

Wir fahren zurück und dann wirklich zur Schlucht. Nun kommen wir doch noch auf unsere Kosten. Es ist ein toller Ort. Mit dem Fernglas können wir von hier auch den Zustand des Weges begutachten. Nun, es ist besser, dass wir den Alten nicht benutzt haben und der Neue, der schon teilweise fertig ist sieht viel besser aus. Vielleicht nächstes Mal.