Pilani Highway und das Nachtleben von Kihei

Um von Hana aus zurück nach Kihei zu kommen, gibt es zwei Möglichkeiten: einfach den gleichen Weg zurück fahren oder weiter um den Haleakala auf dem Pilani Highway. Über diese Straße kursieren die wildesten Gerüchte: angeblich ist die Benutzung für Mietwagen untersagt, nach kräftigen Regenfällen soll sie oft weggeschwemmt werden und außerdem soll sie einfach furchtbar holprig sein. Wir haben unser Spielmobil, geregnet hat es nicht viel, also was soll uns hindern, dort liegen zu bleiben, wo auch die Abschleppwagen nicht mehr hinkommen?

Die Straße verläuft weiter kurvig und eigentlich noch spektakulärer als zuvor. Ich hatte vorher in den Fahrzeugpapieren das Gewicht unseres Jeeps erkundet: etwas über 4 Tonnen. Die Brücken sind oft winzig, einmal können wir das Baujahr erkennen: 1916. Vor einer Brücke, die ein Höchtgewicht von 4 Tonnen erlaubt, halten wir an. Nicht weil wir uns nicht trauen, sondern weil wir den hinter uns fahrenden Autokorso vorbei lassen wollen. Wir möchten auch mal spontan anhalten können, um uns etwas näher anzuschauen, ohne gleich einen Auffahrunfall zu riskieren. Da wir nun schon stehen, schauen wir uns das kleine Flüßchen unter der Brücke an. Ein uralter Pickup hält neben uns und  ein fast zahnloses altes, sehr hawaiianisch aussehendes, Paar begrüßt uns begeistert. Sie wollen wissen, wo wir herkommen. Sie sind vollends begeistert, als sie hören, dass wir aus Deutschland kommen – so weit weg! Sie raten uns, zu den Seven Pools zu fahren, die seien viel schöner als ihr kleiner Fluss. Aber wir sollen dort unsere Wertsachen alle mitnehmen! Dort wollen wir sowieso hin, beruhigen wir die beiden. Zum Abschied winken sie euphorisch.

Banyanbaum am Pipiwai Trail

Die Seven Pools gehören wieder zum Haleakala Nationalpark. Unser Ticket ist abgelaufen, aber heute am Samstag ist der Eintritt frei. Der große Parkplatz ist bereits gut gefüllt. In der Rangerstation lernen wir noch etwas über die Lebensbedingungen und das Kapu-System der alten Hawaiianer. Das Land war strikt aufgeteilt auf die einzelnen Großfamilien (Ohana). Jede Ohana musste sich selbst versorgen und durfte mit den anderen Ohanas Handel treiben. In sehr fruchtbaren Gebieten waren die Parzellen klein. In den kargeren Gebieten auf der Westhälfte der Insel waren die Parzellen entsprechend größer. Wertvolle Ressourcen der Insel waren mit einem Tabu belegt (Kapu). Sie durften nur von den Priestern betreten werden. So viel anders ist das System unserer Naturschutzgebiete eigentlich auch nicht, nur dass es heute nur Biologen sind, die die entsprechenden Gebiete betreten dürfen…

Wanderweg durch den Bambuswald

Der Wanderweg führt über 2 Meilen entlang der Schlucht kontinuierlich bergauf. Unter uns geht es zu Beginn steil bergab. Gelegentlich gibt es einen Aussichtspunkt mit Blick auf die tief unter uns liegenden Pools, die sich in der Lava gebildet haben. Der Weg führt durch Regenwald mit vielen Farnen, aber auch vielen Obstbäumen. Die herabgefallenen Guaven erzeugen einen intensiven Geruch, mal fruchtig, mal vergoren. Wir finden Mangobäume, aber ohne Mangos, außerdem ein paar sehr schöne Banyanbäume und Kaffeesträucher mit Früchten. Eine Frucht pflücken wir ab und untersuchen sie genauer: die beiden Kaffeebohnen sind als weißliche Kerne deutlich zu erkennen, riechen aber nach nichts. Der Weg führt auch durch einen ausgedehnten Bambuswald, der teilweise so dicht ist, dass er kaum Tageslicht hindurchlässt. Die einzelnen Stämme sind ca. 10 m hoch. Wenn der Wind hindurchgeht, rauschen oben die Blätter und unten klappern die Stämme aneinander.

Waimoku Wasserfall

Der Weg endet am 130 m hohen Waimoku Wasserfall. Viele nutzen die Gelegenheit zum Baden und duschen im Wasserfall. Schilder warnen vor Steinschlag und Leptospirose. Wir sparen uns das erfrischende Bad für später auf, auch wenn der Wasserfall sehr verlockend ist, aber die 130m senkrechte Wand und die vielen darunter liegenden Felsbrocken sind uns doch nicht recht geheuer und ein Fall für das Robert-Koch-Institut wollen wir auch nicht werden…

Zurück am Parkplatz erkundigen wir uns nach dem Zustand des Pilani Highway und bekommen die erwartete Entwarnung die Straße ist passierbar aber etwas holprig. Wir fahren also weiter. Unser größtes Problem ist ein sehr langsamer Bus von Polynesian Adventure Tours, der sehr viel Staub aufwirbelt und den wir bei dieser Straße auch nicht überholen können. Stehenbleiben geht mangels Haltemöglichkeit auch nicht. Glücklicherweise hält irgendwann der Bus und lässt uns vorbei. Nun können wir endlich wieder die Fenster herunter kurbeln.

Regenbogen am Pilani Highway

Die Landschaft wird sehr schnell sehr viel trockener. Es eröffnen sich grandiose Blicke auf den Haleakala und auf die raue Küste. Hinter uns zieht eine Regenwolke her, so dass wir hinter uns ständig einen Regenbogen haben. Wann die Straße nun so schlecht wird, dass sie von normalen Fahrzeugen nicht mehr befahren werden kann, fragen wir usn allerdings bis heute. Die westliche Hälfte der Straße war frisch geteert. Die östliche Hälfte war teilweise geteert, aber ohne tiefe Schlaglöcher. Da war der Weg hinauf in den Nebelwald, den wir vor ein paar Tagen gefahren sind, viel schlimmer. Wir finden, dass sich der Weg auf jeden Fall lohnt.

Die Küste am Pilani Highway

Auf dem Hinweg meinte unser Navi, dass wir nach Hana rechtsherum um den Vulkan fahren sollten, statt wie vorgesehen links herum. Deshalb schalten wir es nun ein, um herauszufinden, wo denn nun der angebliche Weg nach Kihei sein soll, der auf keiner Karte eingezeichnet ist. An einem Bauernhof will uns das Navi zum Abbiegen nötigen, obwohl ein deutlich sichtbares Schild darauf hinweist, dass dies keine Durchgangsstraße ist. Wieviele Leute werden hier wohl täglich versuchen, die ca. 20 Meilen Umweg über Kahului zu sparen?

Nachdem wir uns ‚zu Hause‘ mit einem großen Salat gestärkt haben und Staub udn Schweiß abgespühlt haben, machen wir uns noch einmal auf den Weg. Es ist Samstag abend und der Reiseführer meint, Kihei habe durchaus ein Nachtleben, also wollen wir mal schauen. Zentral auf einer Art Parkplatz stehen ein gutes Dutzend niedrige Bauten beieinander, die wohl das hiesige Nachtleben darstellen sollen. Aus einem Schuppen dringt lautstarke Live-Musik. Wir beschließen uns im gegenüberliegenden Irish-Pub ein Gestränk zu besorgen und nach draußen zu setzen, wo die Lautstärke ganz annehmbar ist. An den Außenplätzen riecht es jedoch ganz abscheulich, so dass wir wieder reingehen. Die Stimmung ist gut, eine Band baut gerade auf. Jemand hat Geburtstag und wir bekommen an unserem Platz schnell Gesellschaft. Es ist jedoch bei der Lautstärke nur schwer möglich sich zu unterhalten. Es sind mal wieder alle begeistert, dass wir aus Deuschland kommen. Die zwei Freundinnen neben uns sind zur Hochzeit des Bruders der einen aus Santa Cruz in Kalifornien angereist. Überhaupt kommen hier viele zum Heiraten oder zur Hochzeitsreise her. Heute morgen am Wasserfall sprachen wir mit einem jungen Mann, der mit seiner Frau auf Hochzeitsreise war. Sie kamen aus New Ulm in Minnesota. Die Band spielt schließlich das, was fast alle Radiosender hier auch spielen: Reggae. Er verkörpert auch für uns das Lebensgefühl dieser Insel. Viele fangen an zu tanzen.

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