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Santiago de Compostela

Um kurz vor halb zwölf hebt der Flieger mit uns in Hannover ab. Es ist kalt, nach einem Regenschauer scheint zwar die Sonne, aber von oben sind auf der Wolkenschicht viele Türmchen zu erkennen. Etwas über zwei Stunden später landen wir in Palma de Mallorca. Von oben sieht das Land bis auf ein paar schroffe Hügel dicht besiedelt aus, dazwischen Felder, Weinberge und historische Windmühlen. Es ist warm, wir ziehen die Pullover hier wieder aus. Nach kurzem Aufenthalt geht es weiter nach Santiago de Compostela. Unterwegs vertiefen wir noch ein wenig unsere dürftigen Spanischkenntnisse.

Von oben sieht Galicien aus, wie deutsche Mittelgebirgslandschaft, nur die Wege über die Berge sehen anders aus. Hier ist es angenehm temperiert und es riecht nach frischer Seeluft. Die Möwen schreien, das Wasser kann nicht weit sein. Mit dem Mietwagen machen wir uns auf den Weg, unser Hotel in der Innenstadt zu finden, was gar nicht so einfach ist, aber irgendwann stehen wir plötzlich davor. Jetzt bleibt nur noch die Frage, wo wir unser Auto lassen? Man macht uns wenig Hoffnung, es in direkter Nachbarschaft des Hotels parken zu können. Wir suchen nicht lange und fahren es in ein Parkhaus. Von dort gehen wir weiter, die Stadt erkunden. Schnell geraten wir auf den Pilgerweg und lassen uns mit Richtung Kathedrale treiben. Wir haben Lust auf ein Eis, aber die Preise verschlagen uns den Appetit und sie nehmen noch zu, je näher wir der Kathedrale kommen.

Eine Polizistin ordnet den Strom der Pilger
Eine Polizistin ordnet den Strom der Pilger

An der Kathedrale schauen wir uns das Treiben an. Eine Gruppe behinderter Pilger trifft ein und ist so glücklich über das Erreichte, dass sie uns mit ihren Erfolgsmeldungen bedenken. Wir freuen uns mit ihnen. Vor dem Eingang stehen die Pilger in langen Schlangen und die Polizei sorgt für Ordnung. Die Kathedrale selbst ist anders als alles, was wir bisher gesehen haben. Die Steine sind bewachsen mit Flechten und sind dadurch teilweise gelblich, es wachsen auch viele Pflanzen in der Fassade. Man merkt, dass die Luft hier feucht ist. Es erinnert uns ein wenig an Irland. Der Baustil ist jedoch ein ganz anderer. Es ist zwar grauer Granit, aber mit vielen Verzierungen.

Anschließend erkunden wir die Stadt, stärken uns bei einer Tasse Schokolade, die ihrem Namen alle Ehre macht (löffeln geht besser als trinken) und etwas Kuchen. Uns faszinieren die Haushaltsgeschäfte und die Schuhgeschäfte in der Stadt. Glücklicherweise ist morgen Sonntag und die Läden haben zu.

Zwei Hunde vor einer Bar
Zwei Hunde vor einer Bar

Wir bekommen Hunger, aber Essen gibt es in den Restaurants erst spät Abends und zur Feier des Tages wollen wir richtig Essen gehen. Wir müssen also durchhalten. Im Hotel ziehen wir uns erst einmal wärmer an, mit der untergehenden Sonne wird es kühler. Wir landen schließlich in einem Meeresfrüchterestaurant mit großen Aquarien im Eingang. Die Kochfischplatte, die wir bestellen wirft uns jedoch nicht um. Gestärkt erkunden wir noch die Stadt bei Nacht. Es ist viel los, die Stimmung ist fröhlich. An der Kathedrale spielt eine Musikgruppe, viele Leute tanzen zur Musik. Insgesamt bereuen wir nicht, hierher gekommen zu sein, aber morgen soll es weiter gehen. Wir wollen nach Süden fahren und etwas von der Landschaft sehen.

Wer vor uns schon in Galicien war

Die letzten Wochen habe ich neben dem Reiseführer auch den Bücherschrank und Wikipedia nach der Geschichte Galiciens befragt. Festzustellen ist, dass wir nicht die ersten Besucher sein werden. Bereits um 25000 v. Chr. gab es die ersten Bewohner und seitdem waren schon da:

Die Kelten

Sie kamen zwischen 1000 und 700 v. Chr. in mehreren Gruppen,  blieben, vermischten sich mit der einheimischen Bevölkerung und brachten auch gleich den Namen mit. Während sich um den Süden Spaniens Hannibal mit den Römern stritt, blieben die Kelten unter sich.

Die Römer

135 v. Chr. kamen jedoch die Römer auch nach Galicien und fanden es so gut, dass sie 60 v. Chr. dort die römische Provinz Gallaecia gründeten. Zuvor müssen sie jedoch noch Streit mit den Kelten gehabt haben, denn es heißt, dass diese kriegstüchtige Gegner waren.

Die Römer ließen der Region wohl im Anschluss viel Eigenständigkeit, brachten jedoch im Laufe der Zeit das Christentum nach Galicien.

Die Sueben

Ende 406 n. Chr. überquerten die Sueben zusammen mit einigen anderen Volksstämmen den Rhein bei Mainz, marschierten zügig nach Südwesten und waren keine drei Jahre später auf der iberischen Halbinsel angekommen. Anscheinend gefiel es auch ihnen ganz gut und sie verlosten zusammen mit den anderen Stämmen die Halbinsel unter sich. Die Sueben zogen das Los für Galicien. Ob sie sich gefreut haben, wissen wir nicht. Die einheimische Bevölkerung muss wohl nicht immer einverstanden gewesen sein, denn es gab auch Gruppen, die nicht von den Sueben beherrscht wurden.

Die Westgoten

Nicht nur die Sueben hatten Spanien als Reiseziel entdeckt, auch die Westgoten zog es dorthin. Sie waren bereits seit 200 Jahren über Griechenland und Italien um das halbe Mittelmeer gelaufen und hatten sich nicht überall beliebt gemacht. Auch untereinander waren sie sich nicht immer grün. Die Sueben dachten: „Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte“ und versuchten einzugreifen. Dies ging jedoch gründlich schief, denn 585 n. Chr. unterwarfen die Westgoten die Sueben und übernahmen Galicien.

Die Mauren

711 fingen die Mauren an, die iberische Halbinsel zu erobern, aber nach Galicien kamen in den folgenden Jahrzehnten nur einzelne mehr oder weniger friedliche Reisende.

Die Pilger

Nachdem man glaubte, in Santiago de Compostela die Gebeine des Apostel Jakobus gefunden zu haben, machten sich in den folgenden Jahrhunderten viele Pilger aus ganz Europa auf den Weg nach Galicien.

Sir Francis Drake & Co.

Ende des 16. Jahrhunderts lagen Spanien und England im Clinch miteinander. Jedes Land versuchte sich wirtschaftlich in der Welt einen möglichst großen Teil zu sichern. Gleichzeitig war Spanien streng katholisch und England hatte sich von der katholischen Kirche losgesagt. Man ging nicht zimperlich miteinander um und versenkte mit Vorliebe die gegnerischen Schiffe.

Sir Francis Drake war Seemann und schon früh in die Konflikte um die Vorherrschaft im Sklavenhandel geraten. Dabei entwickelte er einen persönlichen Hass auf den spanischen König. Er fuhr sowohl auf selbst organisierten Kaperfahrten als auch im Auftrag des englischen Königshauses.

1589 schlug Drake der englischen Königin einen Plan vor, um die spanische Vorherrschaft zu brechen. Er bekam den Auftrag und segelte mit 150 Schiffen samt 18000 Soldaten nach Spanien und Portugal. Das Ganze war anscheinend größenwahnsinnig und ging komplett schief. Trotzdem hinterließen auch Drake und seine Mannen einen bleibenden Eindruck, denn sie fügten der Stadt A Coruña schwere Schäden zu und zerstörten die Stadt Vigo.

In der Folgezeit kamen noch die britischen Truppen im Rahmen der Napoleonischen Kriege in A Coruña vorbei. Sonst kam außer den Pilgern niemand mehr und Galicien geriet in Vergessenheit. Den Einwohnern hat das nicht gefallen. Da nun keiner mehr zu ihnen kam, haben sie sich selbst auf Reisen begeben. Ca. 2,5 Millionen von ihnen sind im 19. und 20. Jahrhundert hauptsächlich nach Lateinamerika ausgewandert. Dies entspricht in etwa der heutigen Einwohnerzahl von Galicien.